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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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desto stärker veränderte sich das Landschaftsbild. Es gab nun auch größere Häuser, prächtige Gutshöfe. Aber viele von ihnen waren zerstört. Schwarze Balken ragten in den Himmel auf und erzählten ihre eigene Geschichte von Brandschatzung und Tod. Erik erinnerte sich daran, was Brida ihm berichtet hatte. Auch die Schwester des Pfarrers und ihre Familie waren bei dem Überfall der Dänen vor acht Jahren ums Leben gekommen.
    Die Menschen schienen den Ruinen mittlerweile keine besondere Bedeutung mehr beizumessen. Mehrfach beobachtete Erik junge Leute, die sich im Schatten verkohlter Balken eine kleine Rast von der Feldarbeit gönnten.
    »So, und nu nicht erschrecken!«, rief Kalle und warf Brida einen scharfen Blick zu. »Das, was da hinter dem kleinen Wäldchen kommt, ist nix, was man gern sieht.«
    »Was meinst du damit?«, fragte sie zurück.
    »Da wohnt die Zaubersche, von der ich schon erzählt hab. Und sie hat … nun ja, ihren eigenen Geschmack.«
    »Vermutlich meint er, dass dort Krötenaugen und Salamander gekocht werden.« Erik lachte. Doch das Lachen blieb ihm im Hals stecken, als Kalle den Wagen um die nächste Wegbiegung lenkte. Es war ein kleines Haus, ähnlich dem, in dem Kalle lebte, aber doch ganz anders. Die schwarzen Balken verrieten, dass es auch abgebrannt, aber wiederaufgebaut worden war. Nur dass die Zaubersche, wie Kalle sie nannte, sich dabei besonderer Baustoffe bedient hatte. Der Türsturz bestand aus menschlichen Oberschenkelknochen, und darüber waren zwei Schädel eingemauert, die mit ihren leeren Augenhöhlen in die Unendlichkeit blickten.
    »Sie hat die Toten geschändet!« Brida schlug die Hand vor den Mund.
    »Das waren die Dänen, die ihr Haus abgebrannt haben. Jedenfalls sagt sie das«, erklärte Kalle. »Sie hat sie verflucht, damit sie auf alle Ewigkeiten wachen müssen.«
    »Und niemand sagt etwas dazu?«, fragte Erik. »Mordbrenner hin oder her, aber menschliche Gebeine für so etwas zu verwenden, das ist … das ist …« Ihm fiel kein Wort ein, das seinen Abscheu richtig wiedergab.
    »Gegen jede göttliche Ordnung«, sprang Brida ihm bei.
    »Genau, gegen jede göttliche Ordnung. Wie kann die Kirche das zulassen?«
    Kalle lachte. »Ich glaub, die finden’s sogar gut, dass die Zaubersche die Dänen verflucht hat. Ist doch eigentlich nicht viel anders als die aufgespießten Piratenköpfe in den hanseatischen Häfen, oder?«
    Erik schwieg. Er hatte eher den Eindruck, dass die Priester auf Fehmarn nicht viel anders waren als Clemens. Zu feige, sich mit denen anzulegen, die ihnen vielleicht gefährlich werden konnten, dafür aber schnell bei der Hand, wenn es um die Verdammung von Schwächeren ging.
    Er betrachtete den schaurigen Türsturz, bis der Wagen um die nächste Biegung fuhr und die Hütte der Zauberschen außer Sicht geriet.
    Eine gute Stunde später hatten sie Burg Glambeck erreicht. Erik hatte keine besondere Vorstellung von der Burg gehabt, war nun aber doch erstaunt, wie gut sie befestigt war. Sie bestand aus rotem Backstein, genau wie die Häuser in Lübeck, an die er sich dunkel erinnerte. Zwei mächtige Türme sicherten das Haupttor, doch zeigten auch sie Spuren der letzten Schlachten, denn die hölzernen Balken waren noch immer schwarz vom Feuersturm. Rings um die Burg zogen sich ein Erdwall und ein breiter Graben, der Belagerer abhalten sollte. Am meisten beeindruckten Erik indes die roten Mauern, hoch und fest, bereit, jedem Feind zu trotzen.
    Kalle lenkte den Wagen geradewegs auf die Zugbrücke zu, die um diese Zeit heruntergelassen war.
    Zwei Wächter standen davor. Keine Türhüter in edlen Wappenröcken, die sofort anzeigten, wer der Burgherr war, sondern einfach gekleidete Männer in dunklen Hemden und Hosen, die zum Teil geflickt waren. Nur einer von ihnen trug abgelaufene Schuhe, der andere war barfüßig. Ihre Gefährlichkeit ergab sich einzig aus ihrer Bewaffnung. Lange Messer, die fast die Größe von Kurzschwertern hatten, hingen an ihren Gürteln. Dazu trug jeder von ihnen zwei Dolche, und an der Wand lehnte eine Armbrust, die allerdings nicht gespannt war.
    Kalle hielt den Wagen vor der Zugbrücke an.
    »Was wollt ihr?« Der mit den Schuhen trat einen Schritt vor. Erik sah, dass die Sohle sich schon löste. Wer so abgerissen herumlief, unternahm bestimmt keine erfolgreichen Kaperfahrten.
    »Wir müssen mit Helmar sprechen«, sagte Kalle.
    »Der Käpt’n hat keine Zeit für dahergelaufene Bauern.«
    »Erstens bin ich kein dahergelaufener

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