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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Bauer, und zweitens hat Helmar immer Zeit für mich. Sag ihm, Kalle will ihn sprechen. Und zwar ’n bisschen plötzlich.«
    »Kalle, der Schmuggler?« Aus irgendeinem Grund wurde die Miene des Mannes ehrfürchtig, und Erik fragte sich, welcher Art die Beziehung des Schmugglers zu den Vitalienbrüdern wohl sein mochte.
    »Genau. Nu mach schon!« Kalle grinste.
    Die beiden Männer ließen das Fuhrwerk passieren. Kalle lenkte es auf den Burghof. Erik sah sich erstaunt um. Eine Seeräuberfestung hatte er sich anders vorgestellt. Vor allem fielen ihm die vielen Frauen auf, die den Hof als ihr Besitztum zu betrachten schienen. Eine Wäscheleine hing quer über dem Hof, voller Laken und Hemden. Darunter spielten kleine Kinder. Männer waren kaum zu sehen, und die wenigen, die Erik sah, waren alt oder verkrüppelt.
    »Das sind Vitalienbrüder?«, fragte er Kalle.
    »Ne, das sind Flüchtlinge, die hier Obdach gefunden haben«, antwortete der Schmuggler. Er hielt den Wagen an. »Kommt, ich zeig Euch, wo die eigentlichen Herren der Burg sind.«
    Erik wollte Brida beim Absteigen helfen, aber sie war längst heruntergesprungen. Was hatte er auch erwartet? Sie war schließlich auf Schiffen groß geworden.
    Kalle führte sie zielstrebig in den Palas. Niemand stellte sich ihnen in den Weg. Erst als sie vor einer schweren, reich beschnitzten Holztür ankamen, entdeckten sie wieder einen Wächter. Immerhin trug der anständige Stiefel, und seine Kleidung wirkte nicht so abgerissen wie die der beiden Männer an der Zugbrücke.
    »Na, da schau an, der Kalle!« Der Wächter grinste breit, aber er blickte nicht sonderlich freundlich drein.
    »Schau an, der Wentzel«, entgegnete Kalle. »Hat man dich mal wieder nicht reingelassen? Na, wird schon sein’ Grund haben, ne?«
    Kalle hatte seinen Satz noch nicht vollendet, da hatte Wentzel schon sein Messer gezogen. Ebenso lang wie das, das Kalle stets trug.
    »Noch ein Wort, und ich schneid dir die …« Wentzel brach ab, denn schneller, als er gedacht hatte, saß ihm Kalles Messer an der Kehle.
    »Ja, was schneidste mir ab? Nur das Wort oder gar die Ohren?«
    Wentzel schluckte und steckte seine Klinge weg.
    »Schon gut, ich meld dich Helmar.«
    »So ist’s brav.« Auch Kalle schob sein Messer zurück in den Gürtel.
    »Er probiert’s doch jedes Mal«, raunte er Brida und Erik zu, als Wentzel die Tür öffnete.
    »Ihr seid schnell«, sagte Erik.
    »Will ich doch meinen.« Kalle grinste. »Ich hoff, Ihr habt gut zugeschaut. Das ist die Sprache, die die hier verstehn.«
    Hinter der Tür tat sich eine breite Treppe auf. Wentzel war vorausgeeilt, um sie zu melden. Bis hierher hörten die Besucher das Geklapper von Schüsseln und Bechern sowie dröhnendes Gelächter.
    »Scheint ja mal wieder hoch herzugehen«, meinte Kalle. »Vermutlich sind schon wieder alle betrunken. Na, das ist dann gut für die Geschäfte.«
    »Ah, ich verstehe«, lachte Erik. »Ihr schmuggelt auch Wein?«
    »Ja, ich hab da eine gute Quelle. Natürlich nur den guten italienischen. Und wer sich’s mit mir verscherzt, der muss eben den sauren Fusel trinken.«
    Erik sah das feine Lächeln auf Bridas Lippen. Sie hatte es gewusst, da war er sich ganz sicher. Vermutlich wurde der edle Wein im Haus ihres Vaters auch von Kalle geliefert.
    »Ist das der Grund, warum Ihr hier so geachtet seid?«
    »Na ja, nicht ganz.« Kalle kratzte sich am Hinterkopf. »Da gibt’s noch ’ne Kleinigkeit. Aber die verrate ich Euch später.«
    Sie erreichten eine weitere Tür, die diesmal sogar zweiflügelig und mit reichen Schnitzereien versehen war. Sie hätte einem königlichen Thronsaal zur Ehre gereicht. Als sie sich öffnete, hatte Erik den Eindruck, in eine andere Welt zu schreiten. Brida schien es genauso zu ergehen, denn er hörte sie hinter ihm leise keuchen.
    Eine lange Tafel voller Köstlichkeiten. Ein ganzes Schwein, kein Spanferkel, nein, ein erwachsenes Tier, lag auf einer Platte. Daneben gefüllte Gänse, Hühner, duftende Brote, eingelegtes Obst, Pasteten, Süßspeisen aller Art. Krüge voller Wein, Bier und Met.
    Hinrich hatte recht. Diese Männer gingen noch auf Kaperfahrt, sonst hätten sie sich einen derartigen Überfluss nicht leisten können.
    Im Gegensatz zu den zerlumpten Gestalten im Hof und am Tor waren die Gäste in diesem Raum gut gekleidet. Hemden aus feinen Stoffen oder weichem Leder. Mehr als einer trug ein reich besticktes Wams. Und in der Mitte, auf einem hohen Lehnstuhl, der fast schon einem Thron glich, saß ein

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