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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Graham. Sie besaß ungefähr die gleiche Figur wie Patricia . . .
    Patricia Dwoning, seine Verlobte! Außer der schlanken Gestalt und dem Alter gab es wohl kaum eine Ähnlichkeit zwischen den beiden. Außer der natürlich, daß beide tot waren. Patricia war blond gewesen. Sie hatte eine helle, vergnügte Stimme und ein frisches, natürliches Wesen gehabt. Wer sie sah, konnte nicht annehmen, daß das hübsche Mädchen häufig zu hysterischen Anfällen neigte. Sie war hochgradig eifersüchtig gewesen, und nach der Verlobung mit Ray hatte sich das nur noch verschlimmert.
    Es hatte Streit gegeben . . . sinnlosen Streit, der oft so laut geworden war, daß die Linklaters, die einzige Familie, die außer Ray Crane in dem hochmodernen Appartementhaus in Kensington lebte, nicht selten die unerfreulichen Auseinandersetzungen anhören mußten. Die Linklaters, die sich aus irgendeinem Grunde einredeten, Ray hätte sie beim Mieten der Wohnung übervorteilt, ergriffen von Anbeginn die Partei des jungen Mädchens, das sie zutiefst bedauerten. Dann kam es zu dem wohl lautesten Streit zwischen den beiden.
    In ihrer Erregung kratzte Patricia Ray im Gesicht und er schüttelte sie, um sie wieder zur Vernunft zu bringen. Sie warf sich daraufhin zu Boden und weigerte sich, aufzustehen. Einige Male schrie sie laut: .Mörder, Mörder!' und dann, weniger laut: ,Du bist der Mörder meiner Liebe!'
    Einige Passanten, die nur die ersten Worte durch das halboffene Fenster gehört hatten, sagten später vor dem Untersuchungsrichter aus.
    Das war Indiz Nr. 1.
    Ray stürzte damals wütend auf die Straße, weil er keine Lust verspürte, die unwürdige Szene zu verlängern. Als er aus dem Haus lief, begegnete er dem alten Linklater, der gerade mit einem Freund aus der Stadt zurückkehrte. Die beiden sagten später vor Gericht aus, Ray habe einen hochgradig erregten Eindruck gemacht. Er habe sie kaum beachtet und sei grußlos an ihnen vorüber gestolpert.
    Das stimmte. Falsch war hingegen die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß es die Erregung nach einem verübten Mord gewesen sein müsse. Denn in der halben Stunde, die Ray außerhalb seiner Wohnung verbrachte, war Patricia ermordet worden . . . und zwar mit seinem Brieföffner, an dem sich keine Fingerabdrücke, mit Ausnahme seiner eigenen, fanden.
    Das war Indiz Nr. 2.
    Als Ray in die Wohnung zurückkehrte, sah er die tote Patricia auf dem grünen Wollmoosteppich seines Arbeitszimmers liegen. Er alarmierte sofort die Polizei. Man schickte ihm Kommissar Morry ins Haus, einen freundlich bestimmt auftretenden Beamten, unter dessen Leitung binnen einer halben Stunde die wesentlichen Ermittlungen gemacht wurden. Dann brachte man die Tote weg. Bei einer späteren Untersuchung fand man unter ihren Fingernägeln winzige Hautreste. Es waren Hautspuren von Ray. Man schloß daraus, daß es vor dem Mord einen Kampf gegeben hatte . . .
    Das war Indiz Nr. 3.
    Als sie dann kamen, um ihn abzuholen, entwich er durch den Hintergarten.
    Ihm war klar gewesen, daß er einfach keine Chance hatte, und er wollte nicht gegen Windmühlenflügel ankämpfen. Erst später hatte er erkannt, daß ihn nun auch die Flucht aufs schwerste belastete, und daß er in seiner Panik eines völlig übersehen hatte: Es gab kein eigentliches Motiv.
    Warum hätte er Patricia umbringen sollen? Es sei eine Affekthandlung gewesen, schrieben die Zeitungen. Wohlüberlegter Mord, schrieben die anderen, die unbedingt eine Gruselgeschichte daraus machen wollten. Sie unterstellten ihm, er habe die Absicht gehabt, die Tote wegzubringen, aber dann hätten einfach seine Nerven versagt. Er hätte die Polizei alarmiert, um ein volles Geständnis abzulegen, aber in der kurzen Zeitspanne, die bis zum Eintreffen der Polizei verging, seine Meinung wieder geändert. Als Beweis für die Annahme, daß es zu seinem Plan gehört habe, die Ermordete aus dem Haus zu schaffen, wertete man den Umstand, daß nicht nur die Garagentore offengestanden hatten, sondern daß auch die Kofferklappe des Wagens hochgeklappt gewesen war . . .
    Das stimmte. Ray hatte kurz vor Patricias Eintreffen einen Blumentopf aus der Gärtnerei geholt. Da er den großen, mit Erde gefüllten Topf mit beiden Händen tragen mußte, war es ihm nicht möglich gewesen, Tür und Kofferklappe zu schließen. Er hatte es schließlich einfach vergessen. Wer hatte Patricia ermordet? Die Linklaters schieden aus.
    Sie mochten Patricia sehr gern, und abgesehen von der Abneigung, die sie gegen ihn empfanden,

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