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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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sich mit einem Seufzer nieder. Sie hielt dabei ihre kleine Plastikhandtasche im Schoß umklammert, als bestünde Gefahr, daß die Tasche gestohlen werde.
    Ihre flinken, dunklen Augen nahmen jede Einzelheit des Zimmers in sich auf. In der Vorstellungswelt von Mrs. Catwyck hatte sich der Begriff ,,Scotland Yard' bislang mit geheimen und mysteriösen Dingen verbunden, und sie war enttäuscht, in einem Raum zu sitzen, der so kahl und nüchtern wirkte wie irgendein Büro. Es gab ein paar Aktenschränke darin, einen Schreibmaschinentisch und den üblichen Wandkalender. Auf dem Fenstersims wartete eine Teetasse auf ihre Säuberung. Kommissar Morry nahm wieder am Schreibtisch Platz. Er nahm einen der Bleistifte in die Hand und betrachtete kurze Zeit interessiert den daran befestigten Radiergummi. Dann legte er den Stift beiseite und blickte der Besucherin lächelnd in die Augen.
    „Also, liebe Mrs. Catwyck", sagte er verbindlich, „nun erzählen Sie mir bitte die ganze Geschichte noch einmal von vorn."
    Mrs. Catwyck holte tief Luft. Sie hatte alles schon auf dem Revier zu Protokoll gegeben und auch den Beamten der Mordkommission Rede und Antwort gestanden. Trotzdem war sie nur allzu gern bereit, die Ereignisse ein drittes Mal zum besten zu geben. Zum ersten Male in ihrem Leben fühlte Mrs. Catwyck, daß man sie brauchte. Sie war eine wichtige Person. Sie hatte Scotland Yard, das dem flüchtigen Ray Crane so lange und erfolglos nachgesetzt war, bis auf die Knochen blamiert. Jawohl, sie, die einfache, simple Mrs. Catwyck war es gewesen, die Crane erkannt hatte.
    „Viel gibt es da nicht zu erzählen", begann sie bescheiden. „Ich war unterwegs, um Milch zu besorgen, als ich den Kerl an der Hauswand stehen sah. Er starrte in die Luft, als rechne er mit der Landung einer Fliegenden Untertasse. Das fiel mir auf, wissen Sie? In unserer Straße gibt es weder Fliegende Untertassen noch sonst etwas Sehenswertes . . . wenn Sie davon absehen wollen, daß sich Mary Netwood einmal in der Woche betrinkt und vom Balkon herab die Passanten beschimpft. Wie gesagt, ich ging also zum Milchhändler, obwohl ich ihn gar nicht mag, weil er so miserablen Käse verkauft und auch sonst nicht gerade freundlich ist. Nachdem ich meine Milch gekauft und bezahlt hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Aber irgend etwas quälte mich. Sie kennen das vielleicht, Herr Inspektor . . .? Man merkt eben, daß etwas nicht stimmt. Das Gesicht des Fremden ging mir nicht aus dem Sinn. Während ich mir noch den Kopf zermartere, wer es sein könne, fiel mir ein, daß er vielleicht zu Craig gegangen sein könnte. Ich blickte also durch die Schaufensterscheibe des Friseurladens, konnte aber keinen Menschen in den Sesseln entdecken. Ich wollte schon weiter gehen, als ich plötzlich jemand auf dem Boden liegen sah . . . es war Craig."  
    „Sie gingen sofort in den Laden?"
    „Das können Sir mir glauben ... ich raste hinein, als wäre ich bei der Feuerwehr. Nun, ich sah natürlich sofort, daß er nicht mehr lebte."
    „Sie haben ihn nicht berührt, hoffe ich?"
    „Verzeihen Sie, Herr Inspektor, aber ich bin doch nicht so naiv. Ich lese ab und zu mal einen Krimi und weiß genau, daß man so etwas nicht tut. Keine Spuren verwischen! Also: ich sprang ans Telefon, um die Polizei zu alarmieren. Aber wie ich den Hörer, der komischerweise auf dem Boden lag, in die Hand nehme und die Scheibe des Apparates drehe, merke ich schon, daß mit dem Ding etwas nicht stimmt. Ich also schnell hinüber zu Patterson, dem Milchhändler. Der hat aber kein Telefon, und ich mußte bis zum Ende der Straße, wo eine Telefonzelle steht."  
    „Haben Sie auf dem Weg dahin Crane noch einmal gesehen?"
    „Nee, er war wie vom Erdboden verschwunden."
    „Wann kam Ihnen überhaupt der Gedanke, es müsse sich bei dem Fremden um Crane handeln?"
    „Ganz urplötzlich, wissen Sie? Schlagartig! Craig hat nämlich einen kleinen Tisch in seinem Laden. Dort liegen immer ein paar alte Magazine und Zeitungen für die wartende Kundschaft. Ganz oben lag nun eine Ausgabe der ,Daily Mail', die schon gut eine Woche alt war. Mitten darauf prangte ein Bild . . . das Bild des Mannes, den ich vor Craigs Laden gesehen hatte. Da wußte ich sofort, daß Crane den Friseur ermordet hatte."
    „Es ist nicht ganz klar, ob es sich hier um einen Mord handelt", belehrte sie der Kommissar freundlich. „Craig war schwer herzleidend und Aufregung konnte bei ihm sehr wohl einen tödlichen Schlaganfall herbeiführen. Das

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