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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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werdens war zu groß. Er durfte sich jetzt nicht ertappen lassen. Er mußte erst Zeit gewinnen, um das Land zu verlassen. Seiner Freiheit hatte er ja schon Adieu gesagt. Er war nur noch ein gehetztes Wild, das mit widrigen Umständen kämpfen mußte.
    Erneut stellte er sich die Frage: warum will ich überhaupt fliehen? Ich muß Patricias Mörder finden, nichts anderes hat Bedeutung. Erst, wenn ich den großen Unbekannten entdeckt habe, kann ich wieder in Ruhe und Freiheit atmen.
    Ruhe . . .
    Er seufzte und bog in eine breitere Straße ein. Eine Stunde später hatte er London verlassen. Er durchfuhr die provinziell anmutenden Städtchen, die das Weichbild der Stadt bilden und spähte nach Möglichkeiten, um sich seiner unheimlichen Last zu entledigen. Ein alter Bunker würde geeignet sein, dachte er, oder ein leeres Lagerhaus . . . irgendein Platz, der nicht von spielenden Kindern besucht wird.
    Hinter Healey bog er nach Gutdünken in eine ziemlich schäbig aussehende Landstraße ein. Nachdem er ein Dorf passiert hatte, gelangte er in eine triste und hügelige Heidegegend. Dann, hinter einer Straßenbiegung, entdeckte er ein Schild.
    Es gehörte zum Grundstück eines Bauernhofes, der etwa fünfzig Meter abseits der Straße stand. Ray hielt an. Der Hof war verfallen und unbewohnt. Auf dem Schild, von dem die Farbe blätterte, empfahl sich ein Makler als Verkäufer des Grundstücks. Ray stieg aus und blickte sich um. Weit und breit war keine menschliche Behausung zu entdecken. Der Zaun, der das Grundstück umgab, war an einigen Stellen zusammengebrochen. Ray sprang über einen Graben und ging auf den verlassenen Hof zu. Er konnte bald sehen, warum sich für das Grundstück noch kein Käufer gefunden hatte. Das Wohnhaus und die Stallungen befanden sich in einem jammervollen Zustand. Die Türen des Wohngebäudes standen offen. Ray warf einen Blick ins Innere des Hauses. Es roch muffig. An den feuchten Wänden hatte sich der Schwamm eingenistet.
    Ray lief zurück zum Wagen und fuhr dann über einen holprigen Weg auf den quadratischen Innenhof des kleinen Gutes. Er stellte den Wagen so, daß man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte.
    Dies war ein idealer Platz für seine Absichten. Ray setzte sich auf das Trittbrett und genoß einen Moment die Sonne, die gerade durch die Wolken brach. Mit Widerwillen dachte er daran, daß er jetzt die Tote aus dem Wagen nehmen mußte, um sie entweder ins Wohnhaus oder in eines der anderen Gebäude zu bringen. Plötzlich vernahm er ein metallisches Geräusch, das ihn zusammenfahren ließ. Kurz darauf bog ein älterer Mann, der ein Fahrrad neben sich her schob, um das Wohnhaus. Er grinste, und Ray sah, daß dem Mann sämtliche Vorderzähne fehlten.
    „Tag, Mister", sagte der Mann. „Mein Name ist Hank . . . Don Hank. Ich kam gerade mit dem Rad vorbei, als ich Sie hier hineinfahren sah. Wollen Sie den Hof kaufen?"
    „Sind Sie der Besitzer?"
    „Nein, aber das Grundstück gehört meinem Bruder. Ein hübscher Besitz, was?"
    Ray, der innerlich sein Pech verfluchte, zuckte mit den Schultern.
    „Es geht", sagte er. „Von der Straße her sah es sehr viel eindrucksvoller aus."
    „Naja, dies und das muß natürlich in Ordnung gebracht werden. Aber schließlich kostet der Hof ja auch nicht die Welt. Sind Sie Bauer? Sie sehen nicht so aus, Mister."
    „Ich bin kein Bauer."
    „Ach so . . . Makler, was?"
    „Nein. Ich suche ein ruhiges Fleckchen Erde, wo ich mich niederlassen und ungestört arbeiten kann."
    „Dann sind Sie hier goldrichtig. Hier kommt tagelang kein Mensch vorbei", berichtete Don Hank.
    Ja, schoß es Ray durch den Sinn, und ausgerechnet jetzt mußt du hier auftauchen!
    „Ich radle jetzt ins Dorf", sagte Don Hank. „Wenn Sie es wünschen, schicke ich Ihnen meinen Bruder her."
    „Nicht nötig, vielen Dank. Ich möchte mich erst in Ruhe umsehen. Das ist doch erlaubt?"
    „Immerzu!" sagte der alte Mann und zeigte grinsend sein fast zahnloses Gebiß. „Tun Sie sich keinen Zwang an!"
    Er schwang sich auf das Rad, hob grüßend eine Hand und fuhr dann davon. Ray zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Was war jetzt zu tun? Wenn sie die Leiche auf dem Hof vorzeitig fanden, würde dieser verdammte Hank eine genaue Beschreibung von ihm geben können, und die ganze Welt würde sofort erfahren, daß Ray Crane wieder einmal unterwegs gewesen war, um sein grausiges Unwesen zu treiben. Da Graham bis dahin das Verschwinden seiner Frau gemeldet haben dürfte, würden sie ihm auch den Mord

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