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Schiffbruch und Glücksfall

Schiffbruch und Glücksfall

Titel: Schiffbruch und Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Am Rande eines Naturparks. Porteval. Okay, das verstehe ich jetzt sogar«, meinte Marie-Claude nachdenklich. »Er war wohl noch immer besessen davon, diesen Ort zu finden.«
    »Vermutlich, aber was hat Yves in Portugal zu suchen?«
    »Yves ist ein ewiger Wanderer. Er verbringt nur die Sommermonate hier mit seinem Flohmarkt. Damit verdient er sich genug zusammen, um ab Herbst wieder auf Reisen zu gehen.« Paulette lachte. »Yves war schon immer ein Ausbrecher. Sein Vater, musst du wissen, Kelda, war beim Militär. Ein pflichtbesessener Offizier, der seinen Sohn mit soldatischer Härte erzogen hatte und unbedingt wollte, dass Yves in seine Fußstapfen tritt.«
    »Solche Wünsche gehen selten in Erfüllung.«
    »Wohl wahr. Kaum dass er achtzehn war, packte Yves sein Bündel und verschwand lange Zeit. Er kam erst in den Neunzigern wieder zurück, als sein Vater im Ruhestand war und mit seiner Frau nach Südfrankreich gezogen ist. Er hat schon die ganze Welt gesehen, und wenn Simon in Vietnam, Kathmandu oder auf den Faröerinseln sein Ponte Valle gesucht hätte, wäre er ihm vielleicht auch dort begegnet. Möglicherweise war es Schicksal, dass die beiden sich gerade dort über den Weg gelaufen sind. Was im Einzelnen zwischen den beiden vorgefallen ist, weiß ich nicht, aber Yves hat deinen Simon wohl dazu gebracht, wieder aufs Trockene zu kommen, und hat ihn hergeschleift. Zunächst als seinen Helfer bei seinen Beschaffungsaktionen. Du musst wissen, wer immer hier im Umkreis einen Haushalt aufzulösen hat, wendet sich an Yves.«
    »Und wer immer einen gründen will, offensichtlich auch«, stellte Kelda trocken fest.
    »Sicher. Es ist praktisch. Und er hat einen guten Ruf. Jedenfalls hat er Simons Fähigkeiten bald entdeckt. Bei diesen Entrümpelungsaktionen kommt ja oft auch die Frage nach Umbau, Renovierung oder Sanierung auf, und flugs hatte er seine ersten kleinen Aufträge. Man muss es Simon lassen, er hat sich schnell wieder in den Griff bekommen. Aber dass er gerade dir diesen unrühmlichen Abrutscher nicht gleich auf die Nase binden wollte, musst du auch verstehen.«
    »Klar, mit so etwas brüstet man sich nicht unbedingt.«
    Aber von Bernice hätte er mir erzählen können, dachte Kelda plötzlich.
    Oder?
    Oder schämte er sich wegen dieser missglückten Ehe auch?
    »Sprich ihn nicht drauf an, Kelda. Vielleicht erzählt er es dir irgendwann von sich aus.«
    »Nein, natürlich spreche ich nicht mit ihm darüber. Meine Güte, wir haben uns zehn Jahre lang nicht gesehen, und vorher waren wir lediglich Nachbarn.«
    »Er war für dich lediglich ein Nachbar. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass du für ihn mehr warst.«
    »Ja, meine Güte, vielleicht war er mal eine Zeitlang etwas in mich verschossen, aber das ist Jahre her.«
    Die Dämmerung war der Nacht gewichen, einer warmen Sommernacht, deren dunkelblauer Himmel von mehr Sternen besetzt war, als Kelda je zuvor gesehen hatte. Hier am Ende der Welt gab es kaum Restlicht, das ihr Funkeln verblassen ließ, und zu ihrem Entzücken zog sich das breite Band der Milchstraße weit über das Firmament.
    Paulette und Marie-Claude schwiegen, und Keldas Gedanken hüpften von einem Sternbild zum nächsten. Der Große Wagen glitzerte am Horizont, darunter das Haar der Berenike. Autsch – Bernice. Schöner war der mächtigeSchwan, der seine Schwingen weit ausbreitete. Genau wie der Adler in seiner Nähe.
    Sollte Simon etwa noch immer ein mehr als nur freundschaftliches Interesse an ihr haben?, fragte Kelda sich.
    War er deswegen heute Nachmittag rot geworden?
    »Wenn du auf der Suche nach Schiffbrüchigen bist, Kelda, solltest du die Chapelle Pol aufsuchen«, meinte Paulette leise. Und Marie-Claude fügte hinzu: »Und nimm Simon dazu mit.«
    Mhm – warum nicht?

Messen für die Schiffbrüchigen
    Simon hatte eine unruhige Nacht verbracht. Dass er Kelda die Geschichte seines Großvaters erzählt hatte, mochte der Grund für seine wirren Träume gewesen sein. Vielleicht aber auch die Begegnung mit ihr. Gähnend stand er auf und trottete in die Dusche.
    Eigentlich hätte er seine jugendliche Schwärmerei schon lange überwunden haben sollen, aber irgendwie schlich sie sich jetzt wieder auf hinterhältige Weise in seine Gedanken.
    Als er sie kennengelernt hatte, war sie eines der Giggelhühner gewesen, vor denen er immer Angst gehabt hatte. Er war kein ansehnlicher Junge gewesen, viel zu groß, viel zu dürr, und Pickel hatte er auch gehabt. Sie lachten über ihn, dessen war er sich

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