Schiffe versenken
einem dumpfen Schlag unten auf der Persenning des Rettungsboots landete.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße«, zischte Hamnet vor sich hin und wischte sich verzweifelt mit dem Hemdärmel das Gesicht ab. Seine Hände, seine Arme und sein ganzer Körper zitterten, aber instinktiv verdrängte er die ganze Schweinerei aus seinem Bewusstsein, konzentrierte sich auf den nächsten Schritt und schob alles andere zur Seite.
Ohne überhaupt die Schmerzen in seinem Knie wahrzunehmen, zog er sich wieder nach oben und orientierte sich aufs Neue. Keine Schüsse, kein Geschrei, kein Licht waren zu hören oder zu sehen. Er schob die Waffe unter den Gürtel zurück und griff nach dem Relingdraht, an dem Blut klebte, sodass er erst einmal fester nachfassen musste, es dann aber schaffte, sich hochzuziehen und über die Reling zu klettern. Schnell rannte er über das freie Deck zu einer Leiter und kletterte nach oben. Im letzten Moment! Denn kaum hatte er sich aufs Dach des Unterkunftsblocks gerollt, krachten unter ihm die Schotts auf.
Tosh und Edi ließen ihre MP5s übers Deck schweifen, und im Schein der Hochleistungslampen vor den Laderäumen leuchtete das Blut an der Reling auf. Die beiden schauten sich kurz an, und das Weiß ihrer Augäpfel schimmerte in den geschwärzten Gesichtern, als sie sich mit professioneller Konzentration vorwärts bewegten. Immer noch war kein Ton zu hören und nichts zu sehen. Hamnet hatte sich nochmals fünf Meter von der Leiter zurückgezogen und die SIG auf der obersten Sprosse abgestützt, weshalb er nicht sehen konnte, wie Edi vorsichtig über die Reling plierte. Aber er hörte sehr genau, wie der Indonesier scharf den Atem einzog, als er Soeys Leiche entdeckte. Tosh war gerade zu dem Schluss gekommen, dass es keine unmittelbare Bedrohung an Deck gab, und folgte seinem Kumpel deshalb zur Reling.
»Verdammt, dem fehlt der halbe Kopf, wir müssen das untere Deck inspizieren«, mit diesen Worten griff Edi bereits nach seinem Funkgerät, um Janac den Vorfall zu melden.
Hamnet lauschte den Schritten, als die beiden Männer durch eines der Schotte unter ihm verschwanden, und kam auf die Füße. Adrenalin, Angst und Hass trieben ihn weiter. Er war so dicht dran!
Sein rechtes Auge begann, heftig zu tränen, irgendetwas hatte sich unter das Lid geschoben. Er konnte nur noch verschwommen sehen, dass sich das Deck bis zur Brücke hinzog, durch den Schornstein in zwei Bereiche unterteilt war und dass dort eine Leiter auf das Brückendach führte. Er versteckte sich im Schatten des Schornsteins und kroch auf die Leiter zu, während die Motoren auch durch den Stahl der Schornsteinwand hindurch einen Heidenlärm machten. Immer wieder tupfte er sein Auge mit einer sauberen Stelle seines Hemdes ab, blinzelte und ließ die Tränenflüssigkeit heraustropfen. Allmählich konnte er so den Fremdkörper loswerden und wieder besser sehen. Dann wischte er die Handfläche trocken und die Griffschale seiner Waffe, kletterte vorsichtig die Leiter hinauf und schob sich auf das Brückendach. Zu seiner Linken sah er die Derricks der Rettungsboote, zur Rechten die Außenantennen, die das Schiff mit der Welt verbanden. Er war fast am Ziel.
Sorgfältig auf seine Tarnung achtend, legte er die fünfzehn Meter bis zum vordersten Ende des Daches zurück, die letzten fünf Meter kroch er auf dem Bauch und schob sich dann zentimeterweise vor, bis er auf das Containerdeck hinunterschauen konnte. Dort war alles dunkel, denn der Mond warf mit der Brücke und den Aufbauten Schatten. Die Kämpfe schienen beendet, Hamnet konnte nichts hören und sah auch nirgendwo eine verdächtige Bewegung. Hatte Janac bereits die Kontrolle übernommen? Er beobachtete die Szene noch ein paar Augenblicke lang, als, sozusagen als Antwort auf seine unausgesprochene Frage, hinter dem nächsten Containerstapel eine Reihe Menschen aus dem Schatten trat. Als sie mehr als zwanzig Meter unter ihm am Fuß des Blocks mit den Unterkünften angekommen waren, stieß einer das Schott auf und tauchte das Deck damit teilweise in helles Licht. Hamnet zählte zwölf Männer, die mit hinter dem Kopf verschränkten Händen dastanden. In Richtung Heck hatten zwei Wachposten, einer auf jeder Seite, Aufstellung genommen. Und Janac führte die Prozession an.
Hamnet schaute nach rechts, schaute nach links. An Backbord war eine schwere, grüne Polyäthylenfolie über dem Seitendeck aufgespannt und im rechten Winkel an der Wand der Unterkünfte festgehakt worden. Er bewegte sich
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