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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
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man sich in einer solchen Lage? Und doch sah er ihr Gesicht vor sich. In dem Augenblick, als sie sich getrennt hatten. Es gab ihm Stärke. Und half ihm über den Tag.
     
     
    Kapitel 28
     
    Plötzlich klirrte ganz in der Nähe Metall auf Metall. Auf der gegenüberliegenden Seite des Decks. Hamnet fühlte, wie ihm ein Schauder über den Rücken rann. Das Spiel begann. Bewegungslos versuchte er, das Adrenalin, das durch seinen ganzen Körper schoss, zu ignorieren, kämpfte darum, ruhig und gleichmäßig zu atmen und seine verspannten Muskeln zu lockern. Es klirrte wieder. Es raschelte. Die Geräusche kamen jetzt vom Heck, Backbordseite. Jemand schlurfte heran – und blieb direkt neben dem Rettungsboot stehen. Hamnet durfte sich nicht bewegen, sein Herz klopfte wie wild, und sein Verstand dachte nur noch an eines – nur noch an eines.
    Er hörte noch etwas anderes: leise Geräusche, die in Richtung Bug liefen und denen er nachlauschte, während er auf die Uhr starrte, um genau drei Minuten abzupassen. Dann war es wieder still bis auf das Dröhnen der Maschinen und des Windes, der sich an den Aufbauten fing. Nichts deutete darauf hin, dass sie einen Aufpasser zurückgelassen hatten. Wann war der richtige Zeitpunkt? Er beschloss aufzubrechen.
    Genau in diesem Moment hörte er einen Schuss – tief und dumpf, weit entfernt. Er zögerte. Und das war sein Glück. Denn direkt neben sich hörte er plötzlich atmosphärische Störungen. Sein Puls schnellte auf über 200, dann erkannte er die Stimme, die über Funk nach Unterstützung auf dem Containerdeck brüllte. Janac war an Bord. Hamnet hörte in einiger Entfernung gedämpfte Schritte, die allmählich leiser wurden. Ein Schott schlug auf und wieder zu. Hamnet wagte nicht, daran zu denken, wie nah er dran gewesen war, alles zu vermasseln.
    Dann riss er seine SIG aus der Reisetasche. Das warme Plastik rutschte in seinen schweißigen Händen, und ohne großen Erfolg wischte er sich die Hand an seinem durchschwitzten Hemd ab, ehe er den Kolben fester packte, sich auf die Seite rollte, und während er sich auf den Arm stützte, dessen Hand die Waffe hielt, mit der anderen Hand die Persenning öffnete und leicht anhob. Silbernes Mondlicht schimmerte über dem dunklen Meer, und er konnte durch den engen Schlitz das Achterdeck überblicken. Alles war ruhig. Dann hörte er den zweiten Schuss – wieder kam er von weit vorne. Die Zeit zum Handeln war gekommen; also schlug er in einer einzigen Bewegung die Abdeckung zurück und ließ sich gleichzeitig aus dem Boot auf das dunkle Deck fallen. Im Bereich der Ankerwinden blieb alles still, er drehte sich um und schaute nach achtern, ob dort das Schnellboot schaukelte. Aber er entdeckte nichts als die kalte, mondbeschienene, blauweiße Gischt auf der finsteren See.
    Dann hörte er Schreie und Schüsse, kurz das Bellen eines Maschinengewehrs. Wie eine Feder schnellte Hamnet auf, im vorderen Teil des Schiffes brach ein Krieg aus. Die Regeln hatten sich geändert, und er fragte sich, was nach der Ermordung von Fairbrother und Mendez geschehen war. Hatte man etwa Waffen an die Schiffsbesatzungen ausgeteilt und sie angewiesen, Widerstand zu leisten? Oder hatten sich die Männer auf eigene Faust auf einen Kampf vorbereitet? Letzteres schien ihm wahrscheinlicher. Praktisch und auch juristisch endete es meist in einem Albtraum, wenn man eine unausgebildete Crew bewaffnete – egal ob mit oder ohne Anweisung, gewisse Grenzen einzuhalten –, und er fühlte sich, als würde ein eiskaltes Schuldgefühl seinen Magen durchfluten. Aber es war einfach nicht möglich gewesen, die Mannschaft vorher zu warnen, denn entweder wären die Männer sofort abgehauen oder hätten Kurs auf den Heimathafen oder einen ganz anderen Kurs genommen. Es gab keine Alternative zu seinem Plan.
    Der Posten, der über Funk nach vorne gerufen worden war, verschwand in der Tür zu den Unterkünften, und Hamnet beschloss, ihm zu folgen, denn er hatte sich alles genau ausgemalt – Zeit dazu hatte er genug gehabt. Er schob die SIG unter seinen Gürtel und schwang sich auf die Heckreling, griff nach der Leine, an der das Rettungsboot in den Derricks hing und zog sich immer weiter hinauf, bis er auf das nächste Deck plieren konnte. Es war leer, aber es erstreckte sich nur ein paar Meter bis zu einer Wand, von der drei einzelne Schotts abgingen. Er griff nach dem unteren Relingsdraht, der sich nur einen halben Meter über seinem Kopf spannte, und zog sich so weit hoch, dass er

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