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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
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Zögern nur weitere Nahrung bekommen. »Wie alt ist er? Er sieht so winzig aus, nicht alt genug, um …«, sie verbesserte sich, »er ist wohl noch nicht lange auf der Welt?«
    »Einen Monat«, antwortete Hamnet und verstummte.
    Die junge Frau kaute auf ihrer Unterlippe herum, unsicher, ob sie weiter in der Angelegenheit herumstochern sollte, aber offensichtlich glaubte sie ihm nicht und machte sich Sorgen um das Baby. Hamnet beugte sich über sein Glas und sah weg. Schließlich kehrte sie mit einem »Nett, Sie kennen gelernt zu haben« widerwillig an ihren Tisch zurück, nachdem sie Benjamin noch einmal gekitzelt hatte, was diesem offensichtlich gefiel.
    Hamnet dachte über den Namen nach. Ein Mädchen würde er natürlich Anna nennen, aber Ben hätte auf jeden Fall Annas Zustimmung gefunden, und damit fühlte er sich ihr so nahe wie möglich. Er schaute sein schlafendes Baby an und verstand plötzlich, welch schweres Schicksal auf diesen kleinen Schultern lag. Das Leben hatte ihm alles genommen außer Ben. Was bedeutete das für sie beide? Er beschloss, auch diesen Gedanken zunächst zu verdrängen und erst einmal nach Hause zurückzukehren. Mit dem falschen Pass kam er sicherlich ohne Probleme bis Singapur, aber was war mit Ben? Vermutlich war der Landweg der einfachste – erst mal mit dem Zug und dann mit dem Überlandbus. An der Grenze überreichte normalerweise nur der Fahrer den Zöllnern den Stapel Pässe, und die würden sich kaum die Mühe einer Gesichtskontrolle machen. Natürlich musste er den Fahrer mit ein paar Dollars schmieren, damit der Mann so tat, als würde er Ben nicht sehen, aber der Rest war vermutlich kein Problem mehr.
    Aber die Heimreise war nur die erste von vielen Schwierigkeiten, die er zu überwinden hatte. Dann musste er sich bei den Behörden melden, einen Job finden und sich um Dubre kümmern – die Abrechnung mit dem Bastard stand ganz oben auf seiner Liste, und sein Herz klopfte wie wild, während er die Hände zu Fäusten ballte und die Fingernägel in die Handflächen krallte.
    Der Bus war eine willkommene Ablenkung, als er endlich die Straße heraufkroch und vor dem Restaurant hielt. Die Hitze über dem Asphalt flimmerte bis hinauf zum orangefarbenen Dach, auf dem keinerlei Gepäck zu sehen war. Hamnet, das amerikanische Pärchen und zwei oder drei Einheimische stiegen in den Bus und kauften beim Fahrer die Tickets. Hamnet setzte sich so weit wie möglich von der jungen Frau weg, um mit Ben auf den Knien die Reise hinter sich zu bringen. Das war allerdings mehr, als er von Ben erwarten konnte. Erschöpft war er in dem stillen Dorf in einen tiefen Schlummer gesunken, aber damit war es in dem rumpelnden, ächzenden Bus vorbei. Hamnet fühlte die nervöse Anspannung der anderen Passagiere fast körperlich, als Ben zu schreien begann. Er gab sein Bestes, konnte das Kind aber nicht beruhigen. Und so wuchs der Widerwille gegen Vater und Sohn, je länger die Fahrt dauerte.
    Plötzlich schien sich die allgemeine Stimmung zu verändern, und als er aufschaute, blickte er direkt in das besorgte Gesicht der jungen Amerikanerin.
    »Geben Sie mir das Kind«, sagte sie nur und streckte die Arme aus.
    Hamnet rutschte einen Platz weiter ans Fenster, und sie setzte sich neben ihn. Dann reichte er ihr Ben mit besorgtem Blick – sie schien nichts anders zu machen als er; vielleicht liebkoste sie den Kleinen etwas zärtlicher und sprach in etwas beruhigenderem Tonfall auf ihn ein. Jedenfalls hatte sie Erfolg, und Ben hörte auf zu brüllen und schlief ein, woraufhin sich Hamnet erst einmal mit den Fingerknöcheln die übermüdeten Augen rieb. Er fühlte sich so verdammt nutzlos, während die junge Frau ihn forschend beobachtete und nicht sicher war, wie sie sich weiter verhalten sollte.
    »Ich heiße Jasmine«, stellte sie sich schließlich vor.
    Zum ersten Mal nahm Hamnet ihr Gesicht richtig wahr – registrierte die Besorgnis und die uneigennützige Freundlichkeit. »Toliver, Michael Toliver. Vielen Dank für Ihre Hilfe, Jasmine, ich glaube, ich muss noch viel lernen.«
    »Sie sehen erschöpft aus«, sagte sie.
    »Bin ich auch«, antwortete er. »Wir beide wollen nur noch nach Hause.«
    »Es wäre einfacher, wenn Sie nicht beide so übermüdet wären«, sie lächelte ihn an und zögerte einen Augenblick, ehe sie fortfuhr: »Wo sind Sie zu Hause?«
    »In Singapur.«
    Während sie nickte, wandte sie sich schon wieder dem Baby zu. »Ein langer Weg.«
    »Ja«, bestätigte er. Da hatte sie den Nagel

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