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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
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rechten Arm hielt. Sein Rucksack landete hinter ihm im Dreck. Er drehte sich um, hob ihn auf, hängte ihn über die rechte Schulter und machte sich auf den Weg.
    »He!«
    Er drehte sich gerade rechtzeitig um, um das Stück Holz zu fangen, das Tosh ihm zuwarf. Die plumpe Schnitzerei hatte die Form eines Babys.
    »Nimm – als Ersatz für dein zweites Kind, bis du es wiedersiehst«, feixte Tosh.
    Der Fahrer gab Gas und drehte am Lenkrad. Hamnet sah dem Jeep nach und schwor sich, Tosh eines Tages dieses Grinsen heimzuzahlen. Dann breitete sich Stille im Dschungel aus. Hamnet hatte sich in die Höhle des Löwen gewagt, und der Löwe hatte ihm die Seele aus dem Leib gerissen. Jetzt war er wieder frei und saß dennoch in der Falle. Erschöpft ließ er sich zu Boden sinken. Vor ihm lag noch ein gewaltiger Berg, den es zu überwinden galt.
    Ein leises Wimmern brachte ihn wieder in die Gegenwart zurück. Er bettete das kleine Wesen auf Laub, das er zusammengekratzt hatte, und durchwühlte den Rucksack. Er schien unberührt – Geld, Pass, Lebensmittel und Wasser waren noch da. Also griff er nach der Wasserflasche und riss von einem T-Shirt einen Streifen ab, um damit das Baby zu säubern und es behutsam abzutupfen. Still folgte das Kind mit den Augen jeder seiner Bewegungen. Dann wickelte er es in das, was vom T-Shirt übrig geblieben war, öffnete eine Büchse mit Mischobst und träufelte ihm den Saft mithilfe eines Löffelrückens in den Mund. Die kleinen Augen glänzten, schnell war sein Appetit befriedigt, und noch schneller schlief es ein. Das war nicht viel, aber es war ein Anfang.
    Hamnet versuchte, aus dem Rucksack ein Bettchen zu formen, legte das Baby hin, und mit dem Rest des Wassers wusch er den Staub vom Gesicht und zog sein letztes sauberes T-Shirt und die Shorts an. Dann setzte er sich, zog den Umschlag, den er in die Hosentasche gestopft hatte, hervor und begann zu lesen: Koordinaten der Reviere, für die sich die Hijacker der Schiffe interessierten, eine Liste hochpreisiger Wirtschaftsgüter und eine E-Mail-Adresse, an die er die Informationen weiterzuleiten hatte. Außerdem hatte man ein paar Disketten mit einem Chiffrierungsprogramm beigelegt.
    Da er sich die Breitenund Längengrade nicht würde merken können, steckte er die Liste und die Disketten wieder ein; den Rest riss er in kleine Papierschnitzel, die er unter einer Baumwurzel vergrub. Vorsichtig nahm er das schlafende Baby, stopfte alle Unterlagen wieder in den Rucksack, schnallte ihn sich auf den Rücken und kämpfte sich durch den Dschungel, bis er zu der geteerten Straße kam. Von dort wandte er sich nach rechts, und das Dorf war tatsächlich nicht mehr weit. Niemand achtete auf ihn, als er das kleine Restaurant betrat und sich etwas zu essen bestellte. Auf seine Frage sagte ihm der Kellner, dass er in ein paar Stunden direkt vor der Tür in einen Bus nach Chiang Mai steigen könne. Nachdem er seine Mahlzeit gierig verschlungen hatte, kehrte er wieder in die brütende Hitze zurück und suchte auf beiden Seiten der Straße nach einem Laden, um Babysachen, Milch und etwas zu essen für das Kind zu kaufen. Fehlanzeige. Also setzte er sich wieder ins Restaurant, um während der Wartezeit der Hitze zu entkommen.
    Am Nebentisch saß ein amerikanisches Pärchen, das laut in die beklemmende Stille einbrach. Die Frau, deren langes schwarzes Haar über die nackten, gebräunten Schultern fiel, lächelte Hamnet und dem Baby zu. Aber weder ihr Lächeln noch ihr frisches, gutes Aussehen drangen durch seine Sorgen bis zu ihm vor, sonst wäre er besser auf das vorbereitet gewesen, was einfach kommen musste. Denn kaum hatte die junge Frau ihr Glas leer getrunken, stand sie auf und kam die paar Schritte zu Vater und Sohn herüber. Sie runzelte die Stirn, als sie sah, dass das Baby nur in ein zerrissenes T-Shirt eingewickelt war. »Wie heißt es?«, fragte sie mit einem zweifelnden Unterton und wollte das nackte Bäuchlein kitzeln.
    Hamnet hatte sie nicht kommen sehen, sodass ihn die Frage kalt erwischte. Der Name? Anna und er hatten immer wieder darüber geredet, waren aber zu keinem Ergebnis gekommen und hatten beschlossen, bis nach der Geburt zu warten und dann gefühlsmäßig zu entscheiden. Die Frau starrte ihn irritiert an, was verständlich war, wenn er den Namen nicht kannte. Also nannte er den ersten, der ihm einfiel: »Ben, ich meine Benjamin – Ben werden wir ihn nennen, wenn er größer ist.«
    Ihre Zweifel waren unübersehbar und hatten durch sein

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