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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
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auf, in dem er selig schlief. Am Horizont blieb das Einkaufsviertel im Hafen von Singapur zurück, während sie und Hamnet auf der Fähre nach Hause fuhren. Immer wieder strahlte sie ihn mit ihren blauen Augen an und betrachtete seinen äußerst düsteren Gesichtsausdruck, den er schon im Containerterminal von Tanjong Pagar aufgesetzt hatte.
    »Wenn er doch nur ein einziges Mal lächeln würde«, dachte sie, »er kann doch so wunderbar lächeln.«
    Die vergangenen Tage waren die bisher schlimmsten gewesen, denn kaum hatte er für kurze Zeit seine gute Laune wiedergefunden, war er erneut hoffnungslos ins Grübeln verfallen, und so hatte sie einen Ausflug nach Kusu Island vorgeschlagen, um ihn in bessere Stimmung zu versetzen. Aber auch das wurde ein Fehlschlag – und nicht nur wegen des trüben kühlen Wetters. Er hatte immer nur stocksteif dagesessen und missmutig die paar Familien angestarrt, die dort ihr Essen selbst zubereiteten. Dazu hatte er ununterbrochen über Kopfhörer Radio gehört und Ben ganz allein ihr überlassen, sodass sie schließlich darüber nachdachte, ob es nicht besser wäre, endlich abzureisen und diesen schwierigen, komplizierten Mann dazu zu zwingen, sich selbst um seinen Sohn zu kümmern. Aber schon im nächsten Moment wusste sie, dass sie das nicht fertig brachte. Als Hamnet ihren Blick spürte, drehte er sich zu ihr um.
    »Es ist schön hier draußen, oder?«, fragte sie und lächelte ihn an.
    Er versuchte, eine möglichst enthusiastische Antwort zustande zu bringen, schaute dann aber auf seine Uhr und suchte in dem kleinen Rucksack zu seinen Füßen schon wieder nach dem Radio, worüber sich Jasmine so ärgerte, dass sie eine ungehaltene Bemerkung auf der Zunge hatte, dann aber den Mund wieder zuklappte. Worum ging es nur? Sie war sicher, dass alles irgendwie mit dem nächtlichen Anruf zusammenhing und vermutete auch, dass seine düstere Stimmung nicht nur auf Annas Tod zurückzuführen war. Da gab es bestimmt noch ein anderes Problem. Mehrmals hatte sie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, war aber an seinem erbitterten Schweigen gescheitert und hatte dann schnell das Gespräch in andere Bahnen gelenkt. Sie schloss die Augen, lehnte sich auf der harten Holzbank zurück und versuchte, eine so bequeme Sitzposition wie möglich zu finden. Vielleicht würde er ihr eines Tages mehr vertrauen.
    Hamnet hatte wieder die Kopfhörer aufgesetzt und genau in dem Moment das Radio eingeschaltet, als die Musik von der ernsten Stimme des Nachrichtensprechers unterbrochen wurde. Bedrückt hörte er den nicht gerade rosigen Wirtschaftsprognosen zu, schloss die Augen, schluckte mehrmals trocken und konzentrierte sich darauf, einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu zeigen. Er versuchte, sich auf das Kommende vorzubereiten, und lauschte dann den wenigen Details: Wieder war im Norden der Philippinen ein Frachter angegriffen worden, diesmal gab es zwei Tote. Die Piratenattacke war am Morgen rein zufällig entdeckt worden; als das unbemannte Schiff fast einen Öltanker gerammt hätte. Hamnet war mit der Position der Kyushu Sun während der vergangenen Nacht vertraut und brauchte gar nicht erst den Namen des Schiffes zu hören. Er hatte einen Fehler gemacht. Einen grausamen, wahrscheinlich tödlichen, mörderischen Fehler. Er versuchte, seine Gedanken in den Griff zu bekommen, denn er wusste genau, was er jetzt zu tun hatte. Er hatte sich auf diesen Fall vorbereitet, war ein kalkuliertes Risiko eingegangen. Und er war auf Jasmines Hilfe angewiesen.
    Er nahm die Kopfhörer ab und ließ sie in dem kleinen Rucksack verschwinden. Dann schaute er die junge Frau an – sie sah so heiter aus, so schön. Mit der Rechten rieb er sich langsam am Kinn, denn was er ihr zu sagen hatte, würde ihre heile Welt erschüttern. Das hatte sie als Lohn für ihre Güte und Liebenswürdigkeit nicht verdient, und vielleicht würde sie sich sogar weigern. Dann müsste er sich an die Bullens wenden, obwohl sie für so eine Reise eigentlich zu alt waren. Jasmine war einfach perfekt für den Job.
    Als die Fähre Marina Park passierte, starrte er wieder aufs Wasser hinaus – die nächste Anlegestelle lag hinter der Landspitze in der Bucht und hieß Clifford Quay, das hieß, er musste sich beeilen. Obwohl er auf alles vorbereitet gewesen war, war es ein Glücksfall, dass er die Nachrichten gerade jetzt abgehört hatte. Er wusste, dass er beschattet wurde, und ging nach den Verdächtigungen am Telefon davon aus, dass Dubre

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