Schiffe versenken
um sich zu treten und zu schreien. Aber blind und gefesselt, konnte Soey ihn ohne weitere Schwierigkeiten die paar Meter über die Gangway schleifen, während Mendez taumelte und torkelte und das Brett unter seinem Gewicht leicht zu schaukeln begann. Am Ende blieb er wie angewurzelt stehen, und da er immer noch seine Kochschürze trug, schlug der Wind sie ihm um die Knie. Unter ihm gähnte das Meer wie ein offener Höllenschlund.
»Los jetzt!«, befahl Janac.
Mendez stand stocksteif da, fand aber seine Sprache wieder. »Bitte! Hab Frau und Kind. Bitte!«
»Verdammt, spring endlich!«, bellte Janac los.
Unsicher fiel der Mexikaner auf die Knie, hob die Hände und betete, während die Gangway zu wippen begann, als sich das Schiff wegen einer größeren Welle hob, und er schwankte noch mehr.
Grinsend drehte sich Janac zu seinen Männern um. »Jetzt verstehe ich, warum die alten Seebären immer Entermesser dabei hatten. Damit konnten sie so einen Bastard fliegen lassen.« Er schaute wieder Mendez an und hob seinen Revolver. Die Kugel schlug ein paar Zentimeter neben dem linken Knie seines Opfers in die Stahlwand ein, und Splitter und Funken flogen herum. Mendez warf sich zur Seite, rutschte auf die Knie, verlor im nächsten Moment das Gleichgewicht, und ein leiser Schreckensschrei ertönte, als er mit der Schulter voraus ins Leere stürzte und, begleitet von einem kaum wahrnehmbaren Klatschen, vor dem Bug verschwand. Sein Leben war zu Ende, und das Schiff fuhr weiter, als wäre nichts geschehen. Ein Seemann mehr war im Meer verschwunden.
Sofort quakte es im Funkgerät. »Schlauchboot hier. Was zum Teufel war das? Sollen wir es auffischen?«
Janac fummelte das Funkgerät von seinem Gürtel. »Hätte ich es über Bord befördert, wenn ich es noch brauche?«, schnappte er. »Wenn ihr etwas auffischen sollt, bekommt ihr vorher einen Befehl von mir.« Er befestigte es wieder an der Taille. »Und nun wollen wir in die zweite Runde gehen.«
»Nein!«
Janac schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. »Was?«
»Ich habe nein gesagt. Wenn schon jemand sterben muss, dann werde ich das sein.« Die Stimme klang resigniert und zitterte etwas.
Als Janac den Kapitän erkannt hatte, nickte er und war offensichtlich außerordentlich zufrieden. »Es gibt eben doch noch Ritterlichkeit. Ein tapferer Mann!« Seine Stimme klang jetzt nicht mehr ganz so höhnisch, und niemand widersprach.
Fairbrother hielt Edi die Hände hin, ließ sich mit den Kabelbindern fesseln, verweigerte aber die Augenbinde. Sein roter Bart, der an manchen Stellen bereits ergraute, zitterte, als sich Janac mit einem Nicken einverstanden zeigte. Dann trat er aus dem Schatten der Aufbauten, fühlte den warmen Sonnenschein auf seinem Gesicht, blieb einen Moment lang stehen und lauschte. Die Stille, die aus dem schrecklichen Vorgefühl der Männer, die sich jetzt in Sicherheit wähnten, erwachsen war, brüllte in seinen Ohren. Aber auch das aufgewühlte Wasser und das Dröhnen der Motoren, die er über viele tausende von Seemeilen beherrscht hatte. Ein ganzes Leben lang hatte er sein Geld auf dem Ozean verdient, und nun war es vorbei – sieben Monate ehe er in Rente ging. Und obwohl er sich immer der Risiken bewusst gewesen war, hatte er dieses Ende nicht erwartet.
»Bringen wir es hinter uns«, befahl Janac.
Fairbrother drehte sich um und sah seinem Peiniger voll ins Gesicht. »Was wollen Sie denn machen?«, fragte er ihn. »Los, komm her, komm hier raus und gib mir selbst den Stoß. Meine Hände sind gefesselt, es kann also so schwierig nicht werden.«
»Mein Gott, ein Held«, knurrte Janac. »Jesus, deine Zeit ist abgelaufen.« In einer einzigen Bewegung zog er den großen Revolver und schoss, und die Kugel traf Fairbrother bei der kurzen Distanz voll ins linke Knie, sodass er gleichzeitig herumwirbelte und stürzte – fast wie in Zeitlupe, und ohne zu schreien. Kein einziger Ton entrang sich ihm. Man hörte nur das Flattern des Nachthemds, als er in die Tiefe stürzte, und nach einem hohen Aufspritzen des Wassers war er verschwunden. Neugierig lehnten sich Janacs Männer über die Reling, aber Fairbrother tauchte nicht mehr auf, und das Spritzwasser vermischte sich mit der Kielwelle des Schiffs.
Janac hängte sich den Gurt seiner Waffe über die Schulter und brummte: »Das nächste Mal nehme ich ein Entermesser.«
Kapitel 26
Fürsorglich wickelte Jasmine Ben etwas fester in das leichte Leintuch und schaute dann vom Buggy
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