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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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erhaschen, doch er folgte dem Kapitän die schmale Treppe hinunter in den Bauch des Schiffs.
    Der Kapitän öffnete die Tür zu seiner Kabine. Eine kleine Schlafkoje nahm einen Großteil des Raumes ein. Ein Fenster ging auf das Heck hinaus. Allmählich wurde es heller, und das Kielwasser gischtete weiß – ein rasch breiter werdendes V im stillen, grauen Wasser des Morgens. Der Kapitän bedeutete Nailer mit einem Nicken, er solle eine Bank herunterklappen. Er selbst ließ sich auf einem Stuhl nieder.
    » Platz ist hier Luxus«, sagte er. » Wir sind ein Frachtschiff. Da gibt es nicht viel Komfort.«
    Nailer nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, was der Kapitän da redete. Das Schiff war ein Traum. Alles war sauber und aufgeräumt. Niemand schien mit mehr als drei anderen in einer Kabine zu schlafen. Die Hängematten waren alle ordentlich aufgehängt. Alles war an seinem Platz. Es war nicht ganz so prächtig wie Nitas Schiff, kam ihm jedoch verdammt nahe.
    » Erzähl mal, Nailer, wo kommst du eigentlich her?«
    » Bright Sands Beach.«
    » Noch nie gehört.«
    » Das ist ein Stück die Küste hinauf«, erwiderte Nailer. » Zweihundert Kilometer vielleicht.«
    » Da oben gibt es doch keine …« Der Kapitän runzelte die Stirn. » Gehörst du zu den Schiffsbrechern?« Als Nailer nickte, verzog der Kapitän das Gesicht. » Das hätte ich an deinen Narben und Tattoos erkennen können.« Er betrachtete Nailer eingehend. » Harte Arbeit, was?«
    » Aber gut bezahlt.«
    » Wie alt bist du? Vierzehn? Fünfzehn? Du siehst so verhungert aus, dass es schwer zu sagen ist.«
    Nailer zuckte mit den Achseln. » Pima war sechzehn, glaube ich. Und sie war älter als ich …«
    » Du weißt es nicht?«
    Nailer hob erneut die Schultern. » Ist doch egal. Entweder ist man klein genug für die Leichte Kolonne oder groß genug für die Schwere Kolonne. So oder so, wenn du zu dumm oder zu faul oder nicht vertrauenswürdig bist, dann kannst du schauen, wo du bleibst, denn dann verbürgt sich niemand für dich. Nein. Ich weiß nicht, wie alt ich bin. Aber ich habe bei der Leichten Kolonne gearbeitet, und ich hab jeden Tag meine Quote erfüllt. Wo ich herkomme, zählt nur das. Nicht wie alt man ist.«
    » Sei nicht so gereizt. Ich bin nur neugierig.« Der Kapitän schien noch etwas zu diesem Thema sagen zu wollen, überlegte es sich dann jedoch anders.
    » Der Halbmensch hat gesagt, dass dein Vater hinter dir her ist?«
    » Yeah.« Nailer beschrieb den Strand und wie es auf den Wracks eben zuging. Wie sein Vater mit Leuten umsprang, die nicht nach seiner Pfeife tanzten.
    » Warum hast du nicht einfach getan, was er wollte?«, fragte der Kapitän. » Das wäre für dich doch viel einfacher gewesen. Und ganz bestimmt profitabler. Pyce findet nichts daran, Loyalität zu kaufen. Du wärst reich gewesen, wenn du Miss Nita ihm überlassen hättest.«
    Nailer zuckte mit den Achseln.
    Das Gesicht des Kapitäns wurde zu Stein. » Darauf möchte ich eine Antwort«, sagte er. » Du hast dich mit deinem eigenen Vater angelegt. Vielleicht überlegst du dir es ja noch anders. Vielleicht kannst du mit deinem Vater einen Waffenstillstand aushandeln.«
    Nailer lachte. » Mein Vater gibt niemand die Chance, es sich anders zu überlegen. Vorher schlitzt er einem den Bauch auf. Er redet immer davon, dass Familien zusammenhalten müssen, dabei will er nur mein Geld, um sich Slide zu kaufen und sich zuzudröhnen. Und wenn ihm danach ist, verprügelt er mich.« Nailer zog eine Grimasse. » Nita ist mehr Familie als der.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, wurde ihm klar, dass es der Wahrheit entsprach. Obwohl er sie erst seit Kurzem kannte, vertraute er dem Mädchen. Die Leute, die wie sie waren, konnte er an einer Hand abzählen. Pima und Sadna standen ganz oben auf dieser Liste, und Nita erstaunlicherweise auch. Sie war wie eine Schwester für ihn geworden. Bei dem Gedanken, sie nie wiederzusehen, wurde ihm ganz elend.
    » Und jetzt willst du dich rächen?«, fragte der Kapitän.
    » Nein. Ich will …« Nailer schüttelte den Kopf. » Das hat nichts mit meinem Vater zu tun. Ich bin wegen Nita hierhergekommen. Sie ist wirklich in Ordnung. Sie ist hundertmal mehr wert als die Leute aus meiner alten Kolonne. Und tausendmal mehr als mein Vater.«
    Seine Stimme wurde ganz rau. Nailer holte tief Luft, versuchte sich zusammenreißen und sah den Kapitän an. » Ich würde meinem Vater keinen toten Hund überlassen, und schon gar nicht Nita. Ich muss sie

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