Schillerhoehe
an.
»Was soll das heißen?«, fluchte der Beschuldigte. »Ich habe nichts gestohlen, ich möchte sofort meinen Anwalt sprechen.«
»Dürfen Sie – aber alles zu seiner Zeit«, antwortete der Polizist und legte ihm Handschellen an. »Nehmen Sie jetzt erst einmal in unserem Transporter Platz.«
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Peter Struve und Melanie Förster saßen in ihrem Dienstwagen und fuhren auf Affalterbach zu. Struve war froh, dass seine junge Kollegin nicht mehr so her umzickte. Sie lachte sogar öfter mal über den einen oder anderen Witz. Dass er auf jüngere Frauen durch aus unterhaltsam wirken konnte, wusste er, doch hätte er es bei Melanie Förster nach dem misslungenen Start nicht mehr für möglich gehalten. Er selbst nahm sol che Momente des vertieften Kennenlernens mit der Gelassenheit auf, die er als 20 oder 30Jähriger noch nicht hatte. Er wusste, er hatte die besten Jahre hinter sich, doch zum alten Eisen zählen wollte er sich noch lange nicht. Die Vorzüge der sich ankündigenden letz ten Berufsdekade lagen aber auf der Hand: Ein niedri ger Testosteronspiegel half ihm, ein unaufdringlicher Gesprächspartner zu bleiben – und Kriminalfälle mit der nötigen Präzision zu Ende zu führen.
»Frau Förster, ich muss Ihnen ein Kompliment machen«, sagte Struve schmunzelnd. »Sie fahren einen flotten Reifen.«
Das war freilich untertrieben. Der Polizeiwagen, ein Audi, rauschte mit 100 Sachen über die kleine Kreis straße, vorbei am malerischen Weiler Siegelhausen, am Apfelbach entlang. Das lange, dunkelblonde Haar von Melanie Förster wehte zum Fenster hinaus, sie quit tierte die leichtfertige Bemerkung des älteren Kollegen mit einem wissenden Lächeln. »Auch Frauen können Auto fahren und einparken.«
»Oh ja. Suchen Sie uns eine nette, kleine Lücke aus, dann schließe ich die Augen – und werde …«, Struve schloss nun die Augen und hob die Hand wie ein Diri gent, »… einfach der Sinfonie des unbescholtenen Ble ches lauschen.«
Melanie Förster schaute ihn irritiert an, schüttelte ihren Kopf und sagte: »Viel Zeit für musikalische Strei cheleinheiten haben wir nicht mehr. Da vorne ist das Schützenheim.«
»Na, prima!«, rief Struve, der die Augen wieder öff nete und sich auf eine Tasse Kaffee freute. »Auf sol chen Festen gibt es ja meistens auch ein schönes Stück Erdbeerkuchen.«
»Worauf Sie wetten können, Herr Kollege.« Wie der schüttelte die junge Kommissarin amüsiert den Kopf. Sie gingen gemeinsam zum Buffet, es waren bei herrlichem Sonnenschein viele Besucher da, auf den Bänken gab es kaum einen freien Platz. Struve schaute auf den Erdbeerkuchen, er schwenkte aber im letzten Moment um und wählte ein großes Stück Zwetschgen kuchen. Lächelnd begrub eine, wie Marie sagen würde, ›gut bestückte‹ Helferin des Landfrauenvereins seinen Kuchen unter einem Berg von Schlagsahne. Es ist ja Sonntag, tröstete sich Struve im Stillen, während Mela nie Förster mit dem Strohhalm aus der Apfelschorle nippte und dabei unauffällig ihren Blick schweifen ließ. Ach, sie kann so entzückend sein, dachte der Kommis sar. Im selben Moment kam erneut die Landfrau und schenkte ihrem ihrerseits zum Lieblingsgast erkorenen Struve mit einem breiten Lächeln Kaffee nach. »Den brauchen Sie nicht zu bezahlen«, sagte die Mittsechzi gerin mit ausholender Gestik, während Melanie Förster schmunzelnd die Augenbrauen hob und ihm zuzwinkerte. Struve war das dann doch ein bisschen zu viel der Herzlichkeit, deshalb ging er zum beruflichen Teil über: »Sagen Sie mal, Gnädigste, wer ist den eigentlich der Boss im Schützenverein?«
Die Landfrau zeigte auf einen Mann mit schütte rem Haar und akkurat sitzendem dunkelgrünen Sakko. Er hielt sich mit einigen ebenfalls vornehm gekleide ten Männern am Eingang der Schützenhalle auf. »Herr Conradi ist der Vereinsvorsitzende«, informierte die Frau. »Darfs noch ein Stückle Kuchen sein?«
»Nein, danke«, antwortete Struve und bemühte sich, ein Lächeln aufzusetzen, »Meine Frau sagt, ich soll mehr Naturreis und weniger Süßes essen.«
Die Helferin lachte herzlich. »Na, dass Ihnen außer dem Reis auch ein Stückle Kuchen guttut, habe ich gleich gesehen, soll ich Ihnen noch etwas einpa cken?«
Der Kommissar schüttelte den Kopf und stand fast fluchtartig auf. »Nein, vielen Dank, ist wirklich nicht nötig.« Gemeinsam mit Melanie Förster ging er auf Conradi, den
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