Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
mit Logik näher zu kommen, obwohl das nicht gerade meine Stärke war.
„Mein Ring ist ja ziemlich klein. Es könnte noch ein Exemplar geben. Oder noch einen Anhänger“, sagte ich und schaute Jack an.
Er trug seit seiner Vergiftung den Anhänger an einem Lederband unter seinem Hemd. Er vermutete etwas anderes.
„Oder noch einen Kristall.“
Seine Worte hallten in meinen Ohren merkwürdig wider, als wären sie eine Art Offenbarung. Die Anspannung knisterte im Zimmer. Dass dies die Wahrheit sein musste, konnte ich tief in mir spüren. Anette sprang aufgeregt vom Bett herunter.
„Mensch, das ist es! Es muss noch einen Kristall geben! Der hat uns schließlich auch hierher gebracht und nicht der Schmuck.“
Ich ließ mich von ihrer Aufregung anstecken.
„Und der Kristall war nur ein bisschen größer als ein Tennisball. Das heißt, er passt in eine Kiste, die nicht größer als zwei Hände sein müsste. Das ist doch ein Anhaltspunkt. Immerhin müssen wir nicht nach einem zweiten riesigen Tor, irgendwo im Wald versteckt, suchen.“
Wir Frauen sprachen wild durcheinander, während Jack weiterhin in Gedanken versunken an der Tür lehnte. „Wartet! Wartet einen Moment, Ladys“, rief er plötzlich. Wir hielten inne. „Wenn wir ihn tatsächlich finden, wie gehen wir dann weiter vor?“
Anette antwortete sofort, felsenfest von ihrer Meinung überzeugt.
„Wir treffen uns alle hier, stellen uns drum herum, warten, bis er leuchtet, und dann fassen wir ihn gemeinsam an und – nichts wie ab nach Hause!“
Er betrachtete sie aufmerksam mit nachdenklich gerunzelter Stirn.
„Und was wird aus Anna?“
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Anna hatten wir in unserer Euphorie völlig vergessen, wofür ich mich schämte. Den Kristall finden und ab nach Hause – ich wollte nichts anderes. Aber ich wollte Anna nicht allein lassen und wusste nicht, wie sich beides vereinbaren ließe.
„Lasst uns das verdammte Ding erst einmal finden. Dann sehen wir weiter“, schlug Barbara vor.
Karin wandte sich an Jack und bat ihn um einen Gefallen.
„Bitte, sprich du mit Johannes, von Mann zu Mann. Ich habe wirklich keine Chance, wenn er nicht mit dem Thema anfängt. Es wäre ungebührlich von einer Frau, und so möchte ich nicht vor ihm dastehen. Bitte, Jack!“
Sie sah ihn flehend an und klimperte theatralisch mit den Wimpern, bis Jack schließlich lachen musste.
„Schon gut, ich tue, was ich kann. Jetzt werde ich auch noch zum Kuppler. Weiber!“
Sie küsste ihn auf die Wange, bedankte sich und verließ das Zimmer. Jack grinste und machte den Eindruck, als fände er das Kupplerdasein doch nicht allzu belastend.
„Da wäre noch etwas, Anette“, sagte ich. Sie wollte eben das Zimmer verlassen. „Wir möchten noch einmal so eine, na ja, Beschwörung machen. Vielleicht sagt mir der Indio, wo wir suchen müssen. Hilfst du uns dabei?“
Sie schaute zwischen Jack und mir hin und her.
„Natürlich helfe ich euch.“
Wir einigten uns noch schnell darauf, im Lager auf jede Kiste, die wir überprüft hatten, ein großes „X“ zu malen, und hoben die Versammlung auf.
Es war verdammt kalt im Lager. Das starke Heimweh gab mir jedoch die Kraft, wenigstens eine Stunde am Tag ein paar Kisten zu überprüfen. Wir arbeiteten jeweils zu zweit. Jack und ich hatten uns gut eingespielt. Er öffnete und schloss die Kisten, ich untersuchte den Inhalt. Oft handelte es sich um Kurzwaren. Ich behielt mir einige Rollen mit rosa Nähgarn, das mir im Nähkorb ausgegangen war.
In manchen Kisten befanden sich Artefakte. Wir bewunderten Götterstatuen aus Jade und poliertem Stein sowie einige grausig dreinblickende Masken. Sie konnten aus Zentralamerika stammen. Dort wurden wahrscheinlich in diesem Moment zahllose Morde begangen und sämtliche Heiligtümer geraubt. Jack verzog wütend das Gesicht. Es war seltsam, sich der Geschichte so nah zu fühlen.
Leider befand sich kein auch nur im Geringsten magisch anmutender Gegenstand unter all den Dingen. Deprimiert kehrten wir ins Haus zurück.
„Falls wir es nicht finden, kann ich aber nicht für den Rest meines Lebens hier bleiben.“
Jacks Worte sickerten nur langsam in mein Bewusstsein, denn ich war noch gefangen von den wunderschönen Altertümern. Wir setzten uns auf das Bett und betrachteten eine besonders schöne Statue eines hockenden Gottes. Das Artefakt war aus einem schwarz glänzenden Stein meisterhaft gearbeitet. Ungefähr dreißig Zentimeter hoch, konnte ich es mir gut
Weitere Kostenlose Bücher