Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
war froh, dass der Soldat auf die medizinische Untersuchung verzichtete, auf die er hätte bestehen können, und überlegte, welche Qualifikation der Mann dafür mitbrachte. Er war noch sehr jung, höchstens achtzehn Jahre alt, und ich sah ihn zum ersten Mal hier, doch das war nicht verwunderlich. Die Soldaten wurden regelmäßig ausgewechselt, damit sie nicht anfällig für Bestechungen wurden. Der Junge hatte mich lüstern angeblickt und sich wohl schon auf die Untersuchung gefreut, doch beim Anblick des Gesichtsausdrucks und der beeindruckenden Körpergröße meines Begleiters entschloss er sich kurzfristig, uns passieren zu lassen.
*
Jack war für den Abend mit Johannes verabredet. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gefunden, eine Kuppelei anzubahnen. Die Geschäfte liefen gut, und Johannes war ebenfalls sehr beschäftigt gewesen. Karin und er waren inzwischen noch keinen wesentlichen Schritt weitergekommen, und Jack fragte sich langsam, welche Absichten der Mann hatte. Falls er Karin wollte, worauf wartete er dann noch?
Jack beschloss, heute das Thema anzuschneiden, falls Johannes nicht von allein darauf kommen würde, was er inständig hoffte.
Er küsste Isabel zum Abschied, und sie ermahnte ihn, keinen Apfelwein zu trinken, was er widerwillig versprach. Dann machte er sich zu Fuß auf den Weg in die Lieblingsgaststätte von Johannes. Hier verkehrte zwar die bessere Gesellschaft Frankfurts, doch angetrunkene Männer verhielten sich immer gleich, egal welchem Stand sie angehörten. In der Gastwirtschaft war es neblig vom Qualm der dicken Zigarren und den Ausdünstungen der ungewaschenen Männer.
Johannes saß allein an einem kleinen Tisch in der hintersten Ecke. Jack schlängelte sich durch die Tische und setzte sich auf den freien Stuhl Johannes gegenüber.
„Da bist du ja, mein Freund“, rief Johannes ausgelassen und schlug ihm auf die Schulter.
„Warum so fröhlich?“, fragte Jack.
„Ich habe etwas beschlossen“, sagte Johannes feierlich. „Aber zuerst musst du mir noch einige Fragen beantworten. Wirst du das tun?“
„Warum nicht?“
Der Wirt brachte wie gewöhnlich zwei Krüge Apfelwein, doch Jack machte eine abwehrende Handbewegung.
„Für mich Bier. Das andere Zeug zerreißt mich.“ Der Wirt nahm den Krug lachend wieder mit.
Die beiden Männer schauten ihm einen Moment grinsend nach, und Johannes wandte sich Jack zu.
„Es geht um deine Kusine Karin.“
Jack war verblüfft und erleichtert zugleich. Gut, dass das Thema bereits auf dem Tisch war. Johannes machte plötzlich ein ernstes Gesicht.
„Sprich, Freund. Was bedrückt dich?“
Johannes kratzte sich verlegen hinterm Ohr und starrte in sein Bier, als beobachte er fasziniert einen winzigen Brustschwimmer. Dann begann er vorsichtig zu sprechen und Jack versuchte sich im Lippenlesen, denn er konnte ihn kaum verstehen.
„Sie ist so anders. Sie sind alle so unbefangen und lachen viel. Sie sprechen eine seltsame Mundart mit Worten, die ich manchmal nicht verstehe, und sagen sich gegenseitig Dinge, über die jede andere Frau tödlich beleidigt wäre, aber es macht ihnen nichts aus. Ich erlebte noch nie solche Frauen. Halten sie mich zum Narren? Wie kommst du mit Isabel zurecht, ich meine, sie scheint sich oft nicht um deine Meinung zu scheren, und doch ist sie dir treu ergeben. Ich verstehe das nicht.“
Er verstummte irritiert, und Jack war erleichtert. Im ersten Moment dachte er, es sei etwas passiert, doch Johannes bedrückte nur das merkwürdige Betragen der Besucher aus der Zukunft. Gott sei Dank. Damit würde er fertig werden.
„Es sind eben kluge Frauen, die sich gerne amüsieren. Sie kennen sich seit der Kindheit, so dass sie sehr vertraut miteinander umgehen. Das ist doch ganz normal. Außerdem sind sie tatsächlich sehr selbstständig und kommen gut allein zurecht. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad“, schränkte er ein und erzählte von den Ratten und Wanzen im Haus, von denen nur ein einziges Exemplar die Frauen in einen hysterischen Ausnahmezustand versetzen konnte.
Johannes lachte mit ihm darüber, wurde jedoch schnell wieder ernst. Jack entschloss sich daher, mit seinen Ausführungen fortzufahren.
„Und Isabel, na ja, sie könnte mich in Grund und Boden reden, aber sie ist auch sanft wie ein Kätzchen. Ich kann ihr voll vertrauen, und das ist mir wichtig. Sie ist meine Geliebte, aber auch mein Freund.“
Er hoffte, die richtigen Worte gefunden zu haben, und sah Johannes abwartend an. Doch
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