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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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die Stirn, als ich ihm meine Gedankengänge mitteilte.
    „Merkwürdig, deine Augen sind blau.“
    „Mein Vater hatte blaue Augen“, erklärte ich.
    Jack schwieg eine Weile, und ich streichelte gedankenverloren über seine Brust. Das Kaminfeuer warf tanzende Schatten durchs Zimmer und hüllte uns in ein unwirkliches orangefarbenes Licht, das Jacks von Natur aus dunklen Teint noch vorteilhafter aussehen ließ.
    „Wenn ich so darüber nachdenke, bedeutet das alles wohl, dass Anna höchstwahrscheinlich eine Tochter bekommen wird.“
    „Wieso?“, fragte ich, und er amüsierte sich über mein verblüfftes Gesicht.
    „Du hast mir doch erzählt, du hast den Ring von weiblicher Seite geerbt. Und deine Großmutter sagte, er wurde ihr von ihrer Großmutter vererbt. Wahrscheinlich gab es keine Söhne in dieser Ahnenreihe, die den Ring erbten. Keine Männer in diesem Spiel“, schloss er daraus, schlau wie er nun mal war.
    Ich zeigte mich beeindruckt.
    „Das stimmt, du bist unglaublich. Habe ich in Anna nicht eine tolle Großmutter? Sie ist mir eine Freundin geworden. Ich bekam die Chance, meine Vorfahrin direkt in ihrer eigenen Epoche kennen zu lernen. Ist das nicht fantastisch und absolut verrückt?“
    Jack nickte, machte jedoch einen grübelnden Eindruck. „Nun komme ich wohl doch nicht mehr in die Neue Welt.“ Es lag keine Bitterkeit in seiner Stimme.
    „Nein. Ich glaube, uns wurde anderes zugedacht.“
    Fragend zog er die Brauen nach oben.
    „Nur so eine Ahnung. Ich finde, wir fahren am besten damit, wenn wir dem Leben einfach seinen Lauf lassen.“
    „Sehr philosophisch“, sagte er salbungsvoll und zog mich mit einem einzigen Ruck unter die Bettdecken.
     
    Später versteckte ich den kostbaren Kasten in unserer Wäschetruhe. Einen besseren Platz konnte ich im ganzen Haus nicht finden, und es wurde mir zur Routine, täglich nachzusehen, ob er noch dort war.
    Karin überraschte uns mit einer Einladung von Johannes’ Eltern. Ich wollte sie nicht annehmen, aber Jack hielt es für eine nette Abwechslung, und ich ergab mich seinem sanften Druck. Doch er selbst wollte nicht mitkommen. Er hasse Kaffeekränzchen, außerdem habe er Angst, sich daneben zu benehmen. Er wollte sich in der Zwischenzeit um ein defektes Wagenrad kümmern. Der Kutscher Georg war ihm dabei behilflich. Um zwei Uhr nachmittags machten wir uns zu Fuß auf den Weg zu den Meiers.
    Vorher ging ich in den Hof, um mich zu verabschieden. Jack hämmerte auf ein Rad ein, als habe er sich entschieden, lieber Kleinholz daraus zu machen, anstatt es zu reparieren.
    „Ich gehe jetzt“, rief ich laut, um das Hämmern zu übertönen.
    Er hielt inne und erkundigte sich, ob wir Anna mitnehmen würden. Ich schüttelte den Kopf.
    „Nein, sie möchte lieber nachher einen Spaziergang machen, anstatt den ganzen Nachmittag auf einem harten Stuhl zu verbringen.“
    „Stimmt, langsam benötigt sie auch zwei Stühle. Sie sieht aus, als würde sie jeden Moment wie ein Luftballon zerplatzen.“
    Er lächelte, und Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn, Wagenschmiere klebte an seiner Wange, und ich hätte ihn am liebsten angeknabbert.
    „Dann viel Spaß“, sagte er.
    Ich trat näher und berührte seinen Mund flüchtig mit meinen Lippen, damit ich mein frisch gestyltes Make-up nicht ruinierte, das ich hier selten genug benutzte. Schnell drückte er mir einen Kuss auf, schmuste genüsslich mit mir, so dass sich die Schmutzstreifen aus seinem Gesicht als originalgetreue Kopie in meinem wieder fanden.
    „Oh nein, Jack, jetzt muss ich wieder rein und mich waschen.“ Jack amüsierte sich köstlich.
    Ich wischte mir mit der Hand über den Mund. Es schmeckte nach einem Ekel erregenden Schmierfett, wahrscheinlich ranziges Gänseschmalz. Mit Worten, die nicht zur Wiedergabe geeignet sind, verließ ich den Hof und hörte Jack hinter mir lachen.
     
    *
     
    Jack war mit seiner Geduld am Ende. Das verdammte Rad war hinüber, und er hatte sich mit dem Hammer kräftig auf den Daumen gehauen. Missmutig lutschte er auf ihm herum, aber der Schmerz ließ nicht nach. Der Nagel wird bestimmt abfallen, und Isabel wird sich über meine Tollpatschigkeit totlachen, dachte er. Eigentlich war er in praktischen Dingen nicht ungeschickt, doch die wachsende Ungeduld hatte ihn unachtsam werden lassen.
    Als er aufblickte, sah er Anna langsam und watschelnd auf ihn zukommen. Hinter seinem unverbindlichen Lächeln dachte er darüber nach, warum schwangere Frauen diesen seltsamen Entengang

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