Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
du bist plötzlich verschwunden. Dann stehst du völlig allein und unvorbereitet mitten im Dschungel Mexikos“, sagte er trocken.
Anette erschrak, und selbst in diesem fahlen Licht konnte ich sehen, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich.
„Wir nehmen erst mal alles mit ins Haus“, beschloss Jack.
Ich legte den Ring hinein, und Jack schloss das Kästchen behutsam. Wir gingen wieder zurück, und ich berichtete Jack währenddessen von dem Ring im Steintor, der scheinbar mit dem Ring im Kasten identisch war. Diesmal versuchte ich mich nicht wieder überall zu stoßen.
Im Zimmer angekommen, legte Jack den geöffneten Kasten in die Mitte des Bettes, wir umrundeten ihn ihm Schneidersitz und starrten den Inhalt an. Wir hatten ihn tatsächlich gefunden, und mein Herz pochte aufgeregt.
„Und was jetzt?“, wollte ich wissen.
Jack nahm den Ring heraus.
„Ist das wirklich deiner?“
Ich nahm ihn und studierte ihn.
„Kein Zweifel. Es ist der Ring, aber er müsste doch in Mexiko sein.“ Ich verstand überhaupt nichts mehr.
„Da ist er ja auch, Engelchen“, sagte Jack nachsichtig.
„Aber wie kann es ihn denn zweimal geben?“ Ich war völlig verwirrt.
„Nein, es gibt ihn nur einmal“, sagte Anette. „Dieser hier muss erst hundertneunzig Jahre warten, bis du ihn in das Tor steckst“, erklärte sie, und ich kam mir irgendwie dumm vor. „Dann ist das also der Originalring, den ich in hundertneunzig Jahren von meiner Großmutter erben werde“, begriff ich langsam, fasziniert von dem Gedanken.
Ich hörte Jack tief durchatmen. „Fällt dir dabei gar nichts auf, Isabel?“ Er sah mich durchdringend an.
Was ist denn jetzt schon wieder, dachte ich völlig überfordert.
„Sie war noch nie gut im Kombinieren, Jack“, bemerkte Anette lachend.
„Verdammt, ich bin vielleicht ein bisschen langsam, aber würdet ihr bitte endlich dieses Quiz beenden?“
„Nun, ich finde es nahe liegend, dass Anna deine Ur-Ur-Ur-, was weiß ich, wie viele Urs, Großmutter ist“, sagte Jack.
Ich gab ein stöhnendes Geräusch von mir und starrte den Ring an. Natürlich! Da war der Bezug, den ich die ganze Zeit gesucht hatte. Der Kristall hatte uns dorthin geschickt, wo der Ring das erste Mal aufgetaucht war, seitdem Matu ihn einem Eroberer, diesem Herrn Brandau, den er für vertrauenswürdig hielt, mitgegeben hatte. So hatte das Spiel seinen Lauf genommen, und Matu konnte auf diese Weise sicher sein, dass eines Tages jemand kommen würde, der den Ring zu seinem Bestimmungsort in den mexikanischen Dschungel zurückbringen würde. Es blieb die Frage nach dem Sinn dieser komplizierten Geschichte, denn Matu hätte es auch einfacher haben können. Mit seinen telepathischen Fähigkeiten wäre es ein Leichtes gewesen, mich traumwandlerisch in den Dschungel zu führen und mir den Auftrag der Kristallzerstörung einzuflüstern. Auf diese Weise hätte ich mir ein Flugzeugunglück und eine Zeitreise erspart, doch scheinbar steckte mehr dahinter. Vielleicht hätte Anna ohne unsere Hilfe das Kind nicht ausgetragen und die Grundlage meiner Existenz wäre dahin gewesen? Mich fröstelte bei der Vermutung, es könne noch weit schwer wiegendere Gründe geben, und beschloss, nicht weiter in diesen beängstigenden Spekulationen zu schwelgen. Anna war meine Großmutter! Ein warmes Gefühl durchströmte mich.
Die beiden lächelten mich nachsichtig an, als sie das Begreifen meinem Gesicht ablasen. Anscheinend hatten sie die Zusammenhänge sofort durchschaut, nur ich war wieder mal zu unbedarft gewesen. Jack wandte sich dem Kristall zu.
„Sei vorsichtig!“, rief ich in Erinnerung an seine eigenen warnenden Worte.
Er nahm das Tuch und deckte ihn damit ab. Dann deckte er ihn wieder auf. Er runzelte die Stirn.
„Seht mal, streng genommen müsste doch das Tuch jetzt auch verschwinden“, sagte er.
Ich hielt seinen Arm fest, doch es war zu spät. Er hatte den Kristall mit den Fingerspitzen berührt.
Nichts geschah.
Ich atmete wieder aus und schlug ihm gegen die Schulter.
„Du Idiot! Mich so zu erschrecken!“
„Was mir diese Frau für Ausdrücke an den Kopf wirft“, sagte er mit gespielter Empörung zu Anette. „Ich wollte nur meine Theorie überprüfen“, fügte er unschuldig hinzu, nahm den Kristall mit beiden Händen heraus und drehte ihn andächtig vor unseren erstaunten Augen.
„Und wie schaltet man das Ding ein?“, fragte ich verzweifelt.
War da schon wieder das nächste Problem? Jack legte den Kristall zurück und ich den
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