Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
entwickelten.
„Lieber Jack, darf ich dir etwas Gesellschaft leisten?“
„Natürlich. Aber ich bin schon fertig. Ich wollte mich jetzt waschen, und dann könnten wir beide etwas Karten spielen, wenn du möchtest.“
„Nein, danke. Ich möchte gerne meinen Spaziergang unternehmen.“
Beim Anblick ihres Umfanges schüttelte er energisch den Kopf.
„Das werde ich nicht gestatten, meine Liebe. Was ist, wenn es unterwegs losgeht?“ Er deutete auf ihren Bauch.
„Oh, Barbara sagt, ich habe noch zwei Wochen Zeit. Mindestens“, betonte sie und machte eine geringschätzige Handbewegung.
„Hat sie dich untersucht?“
Anna errötete heftig und überprüfte scheinbar, wie gut man ihre Schuhe gebunden hatte. Verdammt, eine ungehörige Bemerkung für einen Mann. Grober Fehler.
„Entschuldige bitte, aber meine Antwort bleibt nein. Es ist keine der Frauen da, wenn die Wehen plötzlich einsetzen“, sagte Jack mit Autorität in der Stimme.
Die Frauen in diesem Jahrhundert waren es nicht anders von einem Mann gewohnt. Isabel hätte er in diesem Ton nicht kommen können. Anna zog einen Schmollmund und sagte nichts. Verdammt, sie hatte doch nichts anderes mehr als ihren täglichen Spaziergang. Für alle anderen Betätigungen war sie schlicht zu dick.
„Also gut“, sagte er und überprüfte mit einem Blick den Stand der Sonne. Es würde noch lange hell sein, also wollte er es wagen, obwohl er ein gemütliches Kartenspiel vorgezogen hätte. „Ich werde dich begleiten.“
Ihre Augen leuchteten, und sie lächelte begeistert. Ihre riesige Freude über eine so geringe Sache brachte Jack in Verlegenheit. Er beschäftigte sich angelegentlich mit dem Abklopfen seiner Hose.
„Ich gehe mich nur schnell waschen“, murmelte er.
Anna sah ihm dabei zu, wie er seine Ärmel hochkrempelte und die schwere Pumpe am Brunnen im Hof so lässig herunterdrückte, als bestünde sie aus Gummi. Sie bewunderte seine starken Arme und dachte an Friedrich. Sie konnte nicht allein bleiben. Ich werde einen neuen Mann finden müssen, dachte sie. Einen Vater für mein Kind. Jack bemerkte ihren Blick und lächelte. Glückliche Isabel.
Er bot ihr galant den Arm an und griff im Gehen nach seinem Rock, den er auf einem der Wagenräder der Kutsche abgelegt hatte. Langsam spazierten sie vom Hof und schlugen Annas Lieblingsweg zu den Feldern und Wiesen ein. Sie passierten das Stadttor, und der Wachmann grüßte höflich. Inzwischen war man an Annas wechselnde Begleitung gewohnt. Anna ging langsam und behäbig neben Jack her. Die Sonne fühlte sich angenehm auf der Haut an, und Jack war froh, dass der Winter vorbei war. Um einem solchen Klima zu entgehen, hatte er sich für ein Leben in einem warmen Land entschieden. Und nun war er hier gelandet. Ironie des Schicksals.
Sie waren ein ganzes Stück von der Stadt entfernt, als Jack Anna bedrängte umzukehren. Widerwillig stimmte sie zu, und sie machten kehrt.
„Du bist so ein Lieber, Jack“, sagte sie freundlich. „Ich danke dir für die Begleitung.“
Sie hakte sich fester bei ihm unter und lächelte. Langsam gingen sie den Feldweg entlang, der als Straße bezeichnet wurde, und Jack lenkte sie, der Abkürzung wegen, über eine grüne Wiese. Vögel zwitscherten im Frühlingstaumel, und Jack beobachtete zwei Amselmännchen, die heftig um ein Weibchen kämpften und aufeinander einpickend über die Wiese flatterten. Eben wollte er sich zu einem philosophischen Gedanken darüber hinreißen lassen, als er plötzlich bemerkte, dass sein Arm nicht mehr mit ihm Schritt zu halten schien. Anna war stehen geblieben und krümmte sich zusammen.
„Was ist los? Hast du Schmerzen?“
Sie stöhnte und richtete sich wieder auf.
„Es geht schon wieder. Aber es schmerzte sehr.“
Skeptisch zog er eine Braue hoch und schalt sich dafür, den Spaziergang zugelassen zu haben. Nach wenigen Schritten sackte sie erneut zusammen, und diesmal ging sie auf die Knie.
„Jack, oh mein Gott, ich kann nicht weitergehen“, jammerte sie.
Er sah sich panisch um, doch es war kein Mensch zu sehen. Nur Wiesen und Felder, und die Waldvögel zwitscherten unbeeindruckt menschlicher Probleme ihre Frühlingslieder.
„Schaffst du es noch ein bisschen? Soll ich dich tragen?“
„Nein, das geht doch nicht. Oh Gott, ich glaube, es geht los“, rief sie und hielt sich den Bauch.
„Doch nicht hier auf dem Feld!“
„Ich kann doch nichts dafür“, schrie sie ihn an und heulte auf vor Schmerz.
Natürlich nicht, verdammt! Er zog
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