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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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behalten hatte.
    Mutter und Kind ging es vergleichsweise gut. Jack begann unruhig hin- und herzulaufen und schaute immer wieder in Richtung Stadt. Es war einfach zu dumm, dass aber auch kein Wagen vorbeikam oder kein Mensch zu seinen Feldern ging.
    Nach einer weiteren halben Stunde konnte er eine kleine Staubwolke ausmachen und beobachtete sie, bis ihm die Augen brannten. Er blinzelte, bis das Bild wieder scharf wurde, und dann erkannte er einen Wagen mit einem einzelnen Pferd davor. Er atmete erleichtert auf, es war Georg, der wie von Teufeln gehetzt näher kam.
    „Sie kommen!“, rief er Anna zu.
    Der Wagen war schnell bei ihnen, und er hatte noch nicht angehalten, als Barbara heraussprang und wortlos an ihm vorbeilief, um zu Anna zu eilen. Dann stieg Isabel aus dem Wagen. Er lief ihr entgegen und nahm sie in die Arme.
    „Gott sei Dank, habt ihr uns gesucht. Anna braucht dringend ärztliche Hilfe.“
    Sie strich ihm das verschwitze Haar aus dem Gesicht.
    „Wir sind eben erst nach Hause gekommen, und als wir von Maria hörten, dass ihr beide noch nicht vom Spaziergang zurückgekehrt seid, vermuteten wir sofort, dass du irgendwo mit Anna festsitzt. Wie weit ist sie denn?“
    „Wie weit sie ist? Ich würde sagen, sie ist fertig.“
    Isabel starrte ihn an.
    „Du meinst, das Kind ist schon da?“
    „Ja, stell dir vor, ich musste die kleine Isabel entbinden.“
    „Isabel? Sie hat sie wirklich so genannt?“
    Das Schicksal nimmt seinen Lauf, dachte er und lächelte stolz, als sei er der Vater.
    „Und du hast das ganz allein geschafft?“ Isabel sah ihn bewundernd an. Sie küsste ihn auf die Wange. „Ich bin furchtbar stolz auf dich.“
    Barbara ging mit der geschwächten Anna am Arm an ihnen vorbei und half ihr in die Kutsche, wo sie sich auf die Sitzbank legte. Isabel starrte ihnen hinterher.
    „Du hast es sogar abgenabelt?“
    „Natürlich. Das volle Programm“, sagte er mit stolz erhobener Brust. „Ich habe dir soeben deine eigene Geburt ermöglicht, Engelchen. Sie hatte nämlich die Nabelschnur zweimal um den Hals gewickelt und war schon ganz blau. Ohne mich wären sie beide wahrscheinlich ...“ Er hielt inne. „Da haben wir sie ja, meine Rolle in diesem Drama.“
     
    *
     
    Wir stiegen in die Kutsche, und ich betrachtete versonnen meine neue Vorfahrin. Ein Paradoxon. Das Kind quietschte leise vor sich hin, als wolle es sich an den Klang seiner eigenen Stimme gewöhnen.
    „Herzlichen Glückwunsch, Anna“, sagte ich von Herzen.
    Anna strahlte und streichelte dem Kind über die Wange.
    „Ist sie nicht süß?“, sagte ich verträumt und berührte ehrfürchtig das zarte Babyköpfchen meiner siebenmal Ur-Großmutter.
    Jack saß vorn bei Georg auf dem Kutschbock. Wir brachten Anna zum Hospital, weil Barbara darauf bestand. Jack wollte auf dem Rückweg zuerst bei Johannes vorbeifahren und dann mit ihm in einem Wirtshaus die Geburt begießen.
    „Kommst du mit?“, fragte er.
    „Jack, du hast nicht mal ein Hemd an.“
    Verdutzt sah er an sich herunter und lachte.
    „Stimmt. Hab ich in der Aufregung ganz vergessen, aber Johannes wird mir bestimmt eins leihen. Kommst du nun?“
    Ich schüttelte angewidert den Kopf bei dieser Vorstellung.
    „Da gehe ich nie wieder rein. Es stinkt nach Männerschweiß und Bier, und die Kerle wollen mich alle vernaschen, nein danke.“
    Er lachte und versprach, nicht lange zu bleiben. Georg brachte mich nach Hause, und eine innere Stimme riet mir, vorsorglich schon einmal einen Eimer ans Bett zu stellen.
     
    Mitten in der Nacht, es mochte gegen drei Uhr gewesen sein, schreckte ich durch ein lautes Geräusch aus dem Schlaf. Jack torkelte herum und versuchte mir in vier Sprachen verständlich zu machen, dass es jetzt Zeit für den Einsatz des Eimers sei. Englisch, Deutsch, Französisch und etwas, das ich Indianisch vermutete. Ich bugsierte ihn in sein Bett und verwies stumm auf den gewünschten Behälter. Er stöhnte und legte den Arm über seine Augen. Zudecken durfte ich ihn nicht, die Bettdecke war ihm zu schwer. Er murmelte etwas von Kerze anlassen, doch ich hatte ohnehin nicht vor, ihn im Dunkeln Zielspucken veranstalten zu lassen. Mit ein paar Bemerkungen bezüglich seines Verstandes verabschiedete ich mich von meinem gemütlichen, warmen Bett und ging bei Anette schlafen.
     
    Am Morgen kam ich zum Frühstück, nachdem ich kurz zuvor nach Jack gesehen hatte.
    „Wie geht es ihm?“, erkundigte sich Barbara fürsorglich und bestrich ein Stück frisches Brot mit

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