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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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geschüttelt. Sie schluchzte auf und trat wild um sich. Plötzlich knickte der direkt vor ihr stehende Mann wie ein Taschenmesser zusammen und fasste sich keuchend zwischen die Beine. Einer der Kerle fluchte auf altmodische Art und gab ihr eine schallende Ohrfeige, woraufhin sich ihre Wange dunkel färbte und sich der Abdruck aller fünf Finger von ihr abzeichnete.
    „Ihr barbarischen Schweine!“, rief sie.
    Die Männer lachten und begannen, von ihrer Reaktion angestachelt, an ihren langen Haaren zu ziehen und sie überall zu anzugrapschen. „Komm her, Engelchen, sei wieder lieb und zeig uns, was du kannst.“ Barbara wehrte sich verzweifelt gegen die vielen schmutzigen Hände auf ihrem Körper. Entschlossen hob ich mein Kinn und wandte mich an den dicken Aufseher.
    „Und Sie lassen zu, dass man Frauen in Ihrem Gefängnis so behandelt? Das wird ein Nachspiel haben! Ich kenne einflussreiche Leute“, log ich. „Man wird in allen Zeitungen darüber berichten.“
    Röte stieg ihm ins fette Gesicht, und er holte tief Luft.
    „Genug, Männer“, rief er und rieb sich das Kinn. „Ihr steckt euch womöglich noch an. Bringt sie sofort in die Zelle.“
    Die Männer gehorchten maulend, und Barbara sackte weinend zwischen ihnen zusammen. Man schubste uns an einigen Zimmern vorbei bis zu einer offen stehenden Tür, die in den Keller führte. Vorsichtig stieg ich die schmalen Stufen hinab. Der Gang wurde nur spärlich durch übel riechende Öllampen in Wandnischen beleuchtet. Wie in einem Labyrinth zerrten sie uns durch lange, düstere Flure, in denen es nach Schweiß, menschlichen Exkrementen und Verzweiflung stank. Die abgestandene Luft schnürte mir die Kehle zu. Man stieß uns in einen großen Raum, der mit getrockneten Gräsern ausgestreut war, und schlug hinter uns die Tür ins Schloss. Ich hörte das scharrende Geräusch eines eisernen Riegels. Beängstigende Stille umhüllte uns.
    Nun war ich also verschollen in den finsteren Abgründen der Vergangenheit.
    Vor meinem geistigen Auge sah ich meine Mutter in hundertneunzig Jahren über einen alten Frankfurter Friedhof wandeln und vor einem verwitterten, halb umgestürzten Grabstein stehen bleiben, auf dem mein Name stand.
    Plötzlich frierend, schlang ich die Arme um mich und sah mich um. An den groben Steinwänden hingen Ringeisen und Ketten. Gott sei Dank hatte man darauf verzichtet, uns anzuketten, doch schließlich waren wir keine Verbrecher, sondern lediglich in Quarantäne hier, ermutigte ich mich selbst. Mehrere Pritschen standen im Raum, und ich ließ mich kraftlos auf einer nieder. Die anderen taten es mir gleich. Eine ganze Weile schwiegen wir und starrten ins Leere. Es gab hoch oben ein schmales, vergittertes Fenster, durch dessen verschmutzte Scheibe spärliches Licht fiel. Ängstlich suchte ich nach Anzeichen von Ungeziefer.
    Es war kalt in diesem Gemäuer, und ich griff nach einer der zerschlissenen grauen Decken, die auf den Pritschen lagen. Ein modriger Geruch schlug mir entgegen, als ich sie um mich legte.
    Mit einem lauten Knarren öffnete sich die Luke in der Tür, und es wurde ein graues Bündel durchgeworfen. Anschließend öffnete sich ein Schlitz am unteren Ende der Tür, und man schob ein Tablett herein. Dann herrschte wieder Stille.
    Karin ging nachsehen. Es handelte sich um einfache lange Kleider, und es wurde wohl erwartet, dass wir sie anzogen. Karin reichte jeder von uns ein Kleid, und wir zogen es über unsere eigenen Sachen. Sie rochen nach Kernseife und bestanden aus einem rauen grauen Stoff. Gefärbtes grobes Leinen, nahm ich an. Die beiliegenden grauen Bänder schnürten wir uns um die Hüften.
    „Nicht gerade Haute Couture“, versuchte Karin zu scherzen, doch niemand lachte.
    „Was machen wir denn jetzt?“, fragte Anette und seufzte tief.
    Ich zupfte mir das merkwürdige Kleidungsstück zurecht.
    „Ich denke, sie werden nach ein paar Tagen merken, dass unsere Pocken verheilt sind.“
    „Und dann? An wen sollen wir uns wenden? Wie kommen wir wieder nach Hause, beziehungsweise nach Zentralamerika?“, fragte Barbara, die sich nun wieder beruhigt hatte.
     
    Wir hatten keine Antwort auf diese Frage, und ich entschied mich, zunächst nur an den Augenblick zu denken. Ich stand auf und ging nachsehen, was man uns auf dem Tablett gereicht hatte. Das üppige Mal bestand aus einer Kanne Wasser, vier Holzbechern und einem Teller mit groben Brotstücken. Plötzlich bemerkte ich, wie hungrig ich war. Ich verteilte das Essen, und wir

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