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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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Hände schlossen sie wieder hinter ihm.
    Ich saß im Wohnzimmer auf dem Sofa, und Jack hatte es sich mit einer Tasse Kaffee in der Hand neben mir gemütlich gemacht. Karin war bei Johannes eingeladen, er wollte sie seiner Familie vorstellen. Selbstverständlich ganz ohne Hintergedanken, versicherte er. Aber da er viel Zeit bei uns verbrachte, wollte seine Mutter endlich wissen, was für Leute wir seien. Karin repräsentierte gern uns alle und versprach, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Vielleicht konnte sie den Klatsch über uns ein wenig zerstreuen, indem sie seine Eltern mit ihrer guten Bildung beeindruckte und sie überzeugte, dass wir gepflegte Damen von hohem gesellschaftlichem Stand waren.
    Anette und Barbara unterhielten sich leise vor dem Kamin. Ich kam mir wie in einer Großfamilie vor und fand es herrlich gemütlich.
    „Lies mal vor, was steht hier zum Beispiel?“
    Jack deutete mit dem Finger auf eine Anzeige in der Zeitung, die ich in der Hand hielt. „Im Gasthaus zum Weidenhof auf der Zeil logiert ein Kutscher von Erfurth, sucht Passagier mitzunehmen nach Gotha, Erfurth und Leipzig.“
    „Merkwürdige Satzstellung“, bemerkte Jack.
    Ich schmunzelte und las weiter. „Sonntag, den 4ten, sind jemand 3 Gänse zugelaufen, welche dem Eigentümer wieder zu Diensten stehen. Der ehrliche Finder erbiethet sich ohnentgeltlich dem Eigentümer wieder zurückzugeben.“
    „Was? So spricht doch hier kein Mensch. Warum schreiben die so kompliziert?“ Jack sah mich verständnislos an, und ich konnte mir ein lautes Auflachen nicht verkneifen.
    „Das gilt als vornehm. Jemand hat drei Gänse gefunden und will sie ohne Finderlohn wieder zurückgeben.“
    „Ach so. Lies bitte noch etwas vor, irgendwann muss ich das doch begreifen.“
    Er trank einen Schluck Kaffee, lehnte seinen Kopf zurück und schloss zur besseren Konzentration die Augen.
    „Frankfurter Kaffeehaus. Ah, das ist eine Reklame. Der Verfasser meint: Man nenne mir eine Gattung von Getränk, welche in allen vier Weltteilen unter großen Herren und dem gemeinen Mann, unter beiden Geschlechtern, unter alten und jungen Bürgern, Bauern, Knechten, Mägden, Kindern, Reichen und Armen von so allgemeinem Gebrauch, so schmackhaft und beliebt, ja unentbehrlich ist, wie Kaffee.“
    Jack grinste. „Das hab ich verstanden.“
    „Warte, hier schreibt ein Kaffeegegner: Ich wünscht nichts mehr, als dass Gott alle diejenigen, so diese Kaffeehäuser besuchen, erleuchten und von solch böser Seuche erlösen möge. Kaffee ist eine Droge und zerstört der Menschen Körper und reizt die Jugend zum Müßiggange.“
    Wir amüsierten uns köstlich.
    „Lasst uns mal ein Kaffeehaus besuchen“, sagte Jack begeistert. Ich zuckte mit den Schultern.
    „Warum nicht, aber lassen sie da Frauen überhaupt rein?“
    Die Antwort blieb er mir schuldig, denn plötzlich kam Lisa und schrie panisch nach Anna. Jack sprang auf und versuchte, das zitternde Mädchen zu beruhigen.
    „Anna schläft. Sei bitte leiser. Was ist passiert? Kann ich helfen?“
    Lisa nickte mehrfach und stammelte atemlos.
    „Ratten, Herr. Es sind Ratten im Haus!“
    Etwas Kaltes kroch meinen Rücken hinab. Jack war einen Moment sprachlos.
    „Ratten?“, wiederholte Anette angeekelt.
    „Wo?“, fragte Jack.
    Zu dieser Zeit waren Ratten die Hauptüberträger der Pest und vieler anderer grauenhafter Krankheiten, gegen die selbst wir trotz unserer Impfungen nicht immun sein würden. Ich dachte sofort an Anna und ihr Baby, und mein Herz fing an zu klopfen.
    „In der Küche“, sagte Lisa.
    Jack warf mir einen kurzen Blick zu, und ich schloss daraus, dass ich bleiben sollte, wo ich war. Doch dieser Hinweis war unnötig, denn keine zehn Pferde hätten mich in die Küche getrieben. Anette schlug die Hände vors Gesicht.
    „Die Küchenschaben im Mehl und zwischen den Vorratstöpfen sind schlimm genug. Und jetzt noch Ratten. Ich mache heute Nacht kein Auge zu.“
    Barbara blieb überraschend ruhig. Die widrigen Lebensumstände dieses Jahrhunderts schienen ihr nicht so viel auszumachen wie allen anderen. Sie machte nur eine trockene Feststellung.
    „Gott sei Dank haben wir einen Mann im Haus.“
    Doch ich wusste, Jack hasste Ratten, und bewunderte ihn für seinen Mut in Anbetracht eines Hauses voller Frauen, für die er die Verantwortung übernommen hatte. Nach einer Weile siegte die Neugier, und ich ging hinaus in den Flur und lauschte, ob ich etwas von unten aus der Küche hören konnte. Anette und Barbara traten

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