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Schimmer (German Edition)

Schimmer (German Edition)

Titel: Schimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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sicher, ob die Idee wirklich so gut war. Vielleicht hatte ich ein bisschen vorschnell gehandelt. Vielleicht wäre es besser gewesen, den ganzen Weg nach Salina zu laufen.  
    »Sie hat Angst«, flüsterte der Engel in meinen Ohren.  
    Aber jetzt brauchte ich keinen kleinen Engel, der mir sagte, wie es Bobbi ging. Es ging uns allen gleich und keiner hatte Zeit, den anderen etwas vorzuspielen. Ohne richtig darüber nachzudenken, hatte ich uns alle in dem großen rosa Bus eingesperrt. Jetzt waren wir blinde Passagiere, es sei denn, einer wäre so mutig – oder so verrückt –, vor den Augen von Miss Rosemary und dem Boten aus dem Bus zu steigen und uns alle zu verraten. Aber keiner machte Anstalten zu fliehen und darüber war ich froh.  
    Wir versteckten uns hinter Kisten mit rosa Bibeln, fragten uns, ob wir wachten oder träumten, und rutschten tiefer hinter den Kistenstapel, während der Bote einstieg. Ganz hinten im Bus fanden wir zu unserer Überraschung, zwischen die Kisten gequetscht, ein Feldbett und einen Schlafsack, außerdem einen ausgedienten Koffer, aus dem Latzhosen herausquollen und Socken, die nicht zusammenpassten. Daneben lagen eine halbleere Chipstüte, abgepackte Würstchen und ein umgekippter Stapel National Geographic -Hefte – manche zerknittert und verblichen, andere brandneu.  
    Die größte Überraschung jedoch war Samson.  
    Samson hatte sich ganz klein unter dem Feldbett zusammengerollt, wie seine Schildkröte in ihrem Panzer. Als wir in sein Versteck eindrangen, schaute er sich gerade mit seinen großen dunklen Augen die Bilder eines Artikels mit der Überschrift »Merkwürdiges Treiben verbreiteter Motten« in einem urmelalten Heft an. Samson blickte nicht einmal auf, bis das lärmende Gebrumm des Motors den Bus erbeben ließ.  
    Ich legte einen Finger an die Lippen, damit Samson begriff, dass er still sein musste – einen Augenblick lang vergaß ich, dass mein düsterer Grübelbruder immer still war und man schon sehr laut sein müsste, um das dröhnende Röhren des alten Busses zu übertönen. Als die Räder sich in Bewegung setzten, hielten wir uns alle an den erstbesten Sachen fest, um nicht durch den Bus zu purzeln, der jetzt vom Parkplatz der Kirche hinunter Richtung Highway fuhr. Aber als der große rosa Bus auf den Highway 81 stieß, bog er nicht rechts ab, sondern links, nach Norden statt nach Süden – und plötzlich fuhren wir nicht nach Kansas, sondern von Kansas weg.  

9. Kapitel
     
    Als wir merkten, dass wir immer weiter nach Nebraska hineinfuhren, rappelten Fish und ich uns auf die Knie und spähten aus dem Fenster. Fish sah mich mit seinen Glotzaugen streng an. Und jetzt?, sagte sein Blick und ein bisschen auch Was für eine dämliche Idee .  
    Bobbi, der es offenbar egal war, wohin wir fuhren, streckte sich auf dem Feldbett aus wie Kleopatra, sie stützte sich auf einen Ellbogen und drückte sich mit ihrem Gewicht auf Samson, der immer noch still zusammengerollt unter dem Feldbett lag. Bobbi holte eine große Rolle Bubble Tape aus der Hosentasche, riss einen ordentlichen Streifen ab und stopfte ihn in den Mund. Dann nahm sie eins von den neueren National Geographic -Heften vom Stapel und blätterte es beiläufig durch. Auf der Titelseite des Hefts war ein menschliches Herz abgebildet, es sah aus wie eine große, mit blassen Wurzeln durchzogene Wassermelone; ich fand, das Herz auf dem Bild sah zart und verletzlich aus, so gar nicht der kräftige Muskel, wie wir es in der Schule gelernt hatten. Ich sah Bobbi an und begriff, dass sie vielleicht genauso war – hart und weich zugleich. Sie räkelte sich auf dem Feldbett, als wäre sie bei sich zu Hause auf dem Sofa. Hätte der Engel mir nicht geflüstert, dass Bobbi genauso nervös war wie wir anderen, hätte ich gedacht, sie wäre völlig unbekümmert, ein kräftiger Muskel von sechzehn Jahren.  
    Fish hockte sich auf das Feldbett, die Ellbogen auf den Knien, so weit wie möglich von Bobbi entfernt, also ganz am Ende zu ihren Füßen. Während Fish wacklig auf der Pritsche aus Segeltuch und Metall saß, spürte ich, wie er mich mit seinem Großer-Bruder-Blick durchbohrte. Ich wusste, dass er sauer war. Und besorgt. Ich wusste, dass auch er die Worte von Momma und Poppa im Kopf hatte und dass er sich verantwortlich fühlte. Und vor allem wusste ich, dass er an seinen Hurrikan dachte und an den Schaden, der entstanden war, nur weil er am falschen Ort dreizehn geworden war.  
    Ich setzte mich auf

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