Schimmernder Rubin
Innern glaubte sie, dass ihr Vater nur aus Verzweiflung gehandelt hatte und nicht aus Habgier und kaltblütiger Berechnung.
Ein erneuter Streit mit Cruz würde weder ihre noch seine Gefühle verändern. Sie hatten seit der Abfahrt aus Karroo herumgezankt, und es würde erst aufhören, wenn sie ihr Ziel erreichten. Wenn überhaupt.
Cruz war außer sich gewesen vor Zorn, weil sie ihm nicht dabei behilflich sein wollte, ihren Vater in einen netten, sauberen Hinterhalt geraten zu lassen. Gillespie war bei diesem Thema zu schwarzem Eis erstarrt, kalt genug, um sich daran zu verbrennen. Nur Redpath schien sie zu verstehen. Sie war anderer Meinung als Laurel gewesen, aber wenigstens hatte sie Verständnis für ihre Entscheidung aufgebracht.
Während Cruz sich unruhig bewegte, blitzte das Lämpchen des Funktelephons in seinen Händen auf. Die Leitung war geöffnet, und das bliebe sie, bis er der Risk Ltd. ihr Ziel genannt hätte.
Laurel drückte den Blinkschalter und bog ab. Anschließend sprach Cruz ins Telephon: »Doheny rauf in Richtung Hollywood Hills.«
»Hat sie dir inzwischen gesagt, wohin ihr fahrt?« erkundigte sich Gillespie.
»Du hast genausoviel gehört wie ich.«
»Scheiße. Jüngelchen, du hast wirklich beschissene Arbeit geleistet, als es darum ging, ihr Vertrauen zu gewinnen.«
»Erzähl mir doch zur Abwechslung mal was, was ich noch nicht weiß.«
»Laß mich mit ihr reden«, forderte Gillespie ihn auf.
Cruz nahm das Telephon von seinem Ohr.
»Der Hauptfeldwebel möchte dir ein paar Artigkeiten ins Öhrchen flüstern«, sagte er und wedelte mit dem Hörer.
»Ich verzichte darauf, vielen Dank.«
Der hielt das Telephon wieder an seinen Mund. »Sie...«
»Ich hab’s gehört«, unterbrach Gillespie beleidigt.
Danach herrschte Schweigen im Wagen, das nur durch Cruz’ knappe Wegbeschreibung jeweils unterbrochen wurde. Wieder bog Laurel ab, dieses Mal in die Benedict Canyon Road, und schließlich steuerte sie in ein kühles, kleines Tal direkt an der Küste.
Die Straße wurde von neuen Fertighäusern gesäumt, alle mit hartem, weißem Stuck und Rauchglas und sauberen Kanten. Jedes Haus kauerte auf einem erst kürzlich gerodeten Baugrundstück, das ebenso winzig wie überteuert war.
Am oberen Ende der Straße stand ein Haus aus einer anderen Zeit, das einen anderen Lebensstil verriet. Das Flutlicht, das sich bei Einbruch der Dämmerung eingeschaltet hatte, brannte aus ästhetischem Vergnügen statt aus Gründen der Sicherheit, obgleich es wohl auch diesen Zweck zu erfüllen schien. Das Haus selbst zeigte einen raffiniert bescheidenen Stil. Die Umgebung betonte noch seine Silhouette und das sanfte Gefälle des gepflegten Grundstücks selbst. Der Rest der Nachbarschaft wirkte im Vergleich dazu wie aus Pappmaché.
Laurel bog in die Einfahrt neben dem alten Gebäude ein.
»Park den Wagen auf der Straße«, befahl Cruz.
»Aber...«
»Tu es einfach!«
Mit zusammengepreßten Lippen ließ Laurel das Auto am Rand der Einfahrt stehen. Als sie nach dem Schlüssel griff, fuhr Cruz’ Hand blitzartig vor und hinderte sie daran, den Motor abzustellen.
»Laß ihn an«, befahl er.
Flink las er die Adresse und gab sie an den wartenden Hauptfeldwebel durch.
»Ich hab’s«, war dessen Erwiderung.
»Vergessen Sie es nicht«, sagte Laurel laut. »Ich dulde niemanden in der Nähe außer Cruz, sonst rufe ich Dad nicht an.«
Gillespies Antwort bestand im Kappen der Leitung.
»Warum denkst du, dass er nicht schon hier ist?« fragte Cruz. »Warum meinst du, dass er darauf wartet, angepiepst zu werden?«
»Er parkt immer dort drüben, direkt unter der Platane«, sie wies die Einfahrt hinauf.
»Immer? Seit wann kommt er hierher?«
»Dieses Haus gehörte erst meiner Mutter und dann mir.«
»Ich dachte, deine Eltern wären geschieden gewesen?«
»Das waren sie auch. Aber das funktionierte genausowenig wie ihre Ehe. Dad hatte immer die Schlüssel zu diesem Haus, obwohl Mom es erst nach der Scheidung gekauft hat.«
Cruz suchte die nähere Umgebung nach irgendwelchen Bewegungen ab, sah aber nichts. Das Gebäude stand auf einem Felsvorsprung oberhalb der kleinen Schlucht. Platanen mit riesigen Blättern und glatter, wettergegerbter Rinde warfen ihre Schatten auf eine Terrasse am Haus.
»Der >Lieblingsplatz<, he?« fragte Cruz, der sich an die Nachricht erinnerte, die Swann seiner Tochter hinterlassen hatte.
»Ja«, flüsterte Laurel. »Er ist etwas ganz Besonderes. In meiner Erinnerung... aber ich kann hier
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