Schimmernder Rubin
hatten hier unten ein Haus, irgendwo in Los Angeles. Jamie hat sich dort oft versteckt.«
»Nein.«
Der heisere Schrei drang unbewußt aus Swanns Hals. Seine Stimme klang erstickt, fast unverständlich, aber sein Schmerz war eindeutig.
Er machte einen Satz nach vorn, doch seine Beine trugen ihn nicht. Er fiel krachend zu Boden, als hätte ihm jemand abermals einen Knüppel übergezogen.
»Also fangen wir mit der Tochter an«, verkündete Hudson. »Bill Cahill hat nützliche Kontakte zur örtlichen Polizei. Er wird das Haus finden. Komm. Vielleicht ist uns Nowikow schon wieder einen Schritt voraus!«
»Und was ist mit Jamie?« fragte Toth.
»Er wird bereits tot sein, wenn Bill mit der Limousine kommt.«
29
In der angespannten Stille des Hauses ertönte das Klingeln des Telephons wie eine Explosion. Cruz war schneller als Laurel am Apparat.
»Hallo«, entfuhr es ihm.
Zunächst war die Verbindung hohl und still. Dann hörte Cruz leise Geräusche, als ringe jemand mühsam nach Luft.
»Hallo«, wiederholte er.
Wieder kam keine Antwort außer einem heiseren Röcheln. Cruz überlegte, ob es sich bei dem Anrufer vielleicht um irgendeinen Spinner handelte, der durch derartige Unternehmungen sexuelle Erregung fand.
»Wer ist es?« fragte Laurel, die in diesem Augenblick hinter ihn trat.
Er schüttelte den Kopf.
»Hallo.«
Immer noch nichts.
Cruz wollte gerade einhängen, als er ein ersticktes Keuchen vernahm. Das Geräusch verriet nicht die geringste Lust, sondern Schmerz und Leid.
»Ich verstehe Sie nicht«, sagte er.
Ein kaum verständlicher Laut drang durch den Hörer, wie ein einziger Buchstabe, der Buchstabe »L«, ausgestoßen von einer tiefen Männerstimme. Cruz warf einen Seitenblick auf Laurel, die ihn ängstlich beobachtete. Die Ereignisse der vergangenen Tage hatten Linien der Anspannung und des Schmerzes in die Haut um ihren vollen Mund gegraben, so dass er dünner wirkte. Cruz verspürte die schreckliche Gewißheit, dass dieser Anruf ihren Zustand nicht gerade verbessern würde.
»Ich verstehe Sie immer noch nicht«, beschwichtigte er. »Sind Sie in Schwierigkeiten? Brauchen Sie Hilfe?«
Ein fast triumphierender Laut drang durch den Hörer, halb Knurren, halb Stöhnen. Der Kontakt war hergestellt.
Cruz brauchte keinen sechsten Sinn, um zu raten, wer da so verzweifelt sprechen wollte. Ein einziger Mann mit solch einer Stimme würde diese Nummer wählen, und das auch nur in extremen Schwierigkeiten - der Mann am anderen Ende der Leitung befand sich eindeutig am Ende seiner Kräfte.
»Nur ruhig, Jamie«, sagte er.
Als Laurel den Namen ihres Vaters vernahm, schreckte sie auf. Sie schlüpfte näher, streckte jedoch nicht die Hand nach dem Hörer aus.
»Sie sind zu uns durchgekommen«, sagte Cruz. »Hier spricht Cruz Rowan. Laurel ist bei mir in Sicherheit. Was ist los, Jamie? Sind Sie verletzt?«
»Gi...gi...gift«
Swann schien zu ersticken, als zöge ihm jemand die Schlinge um den Hals.
»Versuchen Sie es noch einmal, langsamer«, bat Cruz und zog beim Sprechen sein Funktelephon hervor. »Bleiben Sie, wo Sie sind, Mann. Wir kommen zu Ihnen.«
Das Selbstvertrauen in Cruz’ Stimme schien Swann zu beleben. Er hechelte aber noch.
Cruz drückte auf die Wahlwiederholung seines Funktelephons, und sofort antwortete jemand von der Risk Ltd. Er drehte den Kopf und sprach leise in sein Handy, ohne allerdings den Hörer des hauseigenen Telephons vom Ohr zu nehmen.
»Hier ist John Smith der Zweite. Ich bin ungestört. Habt ihr eine Möglichkeit, den Kerl zu orten, der mit mir in Los Angeles gerade telephoniert?«
»Ja.«
»Dann tut es.«
»In Ordnung«, kam die Bestätigung.
»Vergiftet«, keuchte Swann in Cruz’ anderes Ohr.
Seine Stimme war klarer geworden, als hätte die Verbindung zu Cruz eine beruhigende Wirkung auf ihn.
»Wissen Sie, welche Sorte?« fragte Cruz.
»Egal«, ächzte Swann. »Ich sterbe. Tot. Sie sind losgefahren, um...«
Das Sprechen erschöpfte ihn.
Cruz hörte, wie er mühsam Luft holte.
»Langsam«, sagte er beschwörend. «Wo sind Sie?«
»... Laurel fertigzumachen.«
Die Worte drangen mit einem heiseren Stöhnen aus Swanns Kehle.
Danach kam nichts mehr. Er hatte getan, was er tun musste. Seine Schlacht war geschlagen. Er hatte sein möglichstes getan, um Laurel in Sicherheit zu bringen.
Cruz hörte ein lautes Krachen und wußte, dass Swann zusammengebrochen war. Das Telephon am anderen Ende der Leitung fiel klappernd auf etwas Hartes, den Fußboden oder ein
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