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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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überraschen, damit dieser nicht vorgewarnt war und vielleicht sogar untertauchte. Ein Überraschungsbesuch bot die einzige Möglichkeit, eine spontane Antwort von seinem einstigen Geschäftspartner und ehemaligen Freund zu bekommen.
    Die Limousine zog weiter bis zur Kurve vor dem Gebäude 609 South Hill, einem der älteren Häuser des Bezirks. Ohne darauf zu warten, dass der Fahrer ihm die Tür öffnete, stieg Hudson aus und zog los. Der Fahrstuhl war alt, voller Leute, die sich in unverständlichen Sprachen unterhielten.
    Hudson beschloss, die Treppe zu nehmen und kletterte eilig in den dritten Stock. Oben angekommen blieb er stehen, bis sein rasendes Herz wieder langsamer schlug. Davinian war alt und schwach, aber gefährlich. Hudson wusste, dass er jeden erdenklichen Vorsprung brauchen würde, einschließlich des gesteigerten Selbstbewusstseins, das mit der körperlichen Überlegenheit kam.
    Der Korridor im dritten Stock erstreckte sich dunkel, ja geradezu geheimnisvoll vor ihm. Zu beiden Seiten gingen kleine Suiten ab, die dem Besucher jeweils ein großes Schaufenster präsentierten und die durch dicke Glastüren abgesichert waren, deren Schlösser man von innen betätigte.
    Das zumindest hatte sich nicht verändert. Die Leute, die in ihre Gold- und Edelsteinläden eingeschlossen waren, kannten die menschliche Gier zur Genüge.
    Hudson ging rasch den Gang hinab und blieb erst stehen, als er zu einer Tür mit der Aufschrift DAVINIAN UND SÖHNE, DIAMANTEN- UND METALLHANDEL kam. Ein kleineres Schild in einer Ecke des dunklen, fast leeren Schaufensters warnte: Kein Zutritt für Publikum.
    Hudson beugte sich vor und starrte durch die Glastür in das düstere Geschäft. Der Großteil des Ausstellungsraums lag im Dunkeln, doch im Hinterzimmer brannte eine Lampe, unter der ein gebrechlich wirkender, kahlköpfiger Mann wie ein Aasgeier über eine Arbeitsbank gebeugt saß.
    Hudson drehte den Knauf. Es war abgeschlossen.
    Statt zu klopfen, klapperte er weiter mit dem Türgriff herum, und nach einer Weile blickte der alte Mann auf. Das gespenstisch weiße Licht der Arbeitslampe ließ seinen Schädel schimmern wie einen Totenkopf. Er trug eine Brille mit einem gewöhnlichen Metallgestell sowie spezielle Vergrößerungslinsen auf schwenkbaren Bügeln. Wie eine Eule blinzelte er, bis sich seine Augen an die veränderte Entfernung des Brennpunkts gewöhnt hatten.
    Langsam richtete sich sein Blick auf Hudsons Gesicht. Einen langen Augenblick lang starrte er ihn ungläubig an.
    Hudson zerrte weiter fordernd an der Tür. Schließlich berührte der Mann mit der Vogelgestalt einen Knopf an der Wand neben seiner Arbeitsbank.
    Ein Summer ertönte, und auf einmal ließ sich der Knauf in Hudsons Hand drehen. Die Tür öffnete sich mit einem lauten Ächzen, und ehe es sich Davinian anders überlegen konnte, trat Hudson ein. Ohne auch nur einen einzigen Blick auf die erlesene Edelsteinsammlung zu werfen, durchquerte er den Raum. Alles, was ihn interessierte, war der alte Mann, der an der Arbeitsbank saß und ihn beobachtete.
    Hinter Hudson fiel die Tür hörbar ins Schloss und isolierte die beiden Männer vom Rest der Welt. Ein Ausstellungstresen und eine verriegelte Pforte trennten ihn von dem Arbeitsbereich, in dem Davinian wartete.
    »Armand, was für einem Wahnsinn sind deine Leute jetzt wieder verfallen?« fragte er.
    Davinian blinzelte und schwieg.
    »Ist ganz Russland verrückt geworden, oder haben vielleicht nur ein paar seiner weniger intelligenten Vertreter diesen Unsinn verzapft?« fuhr Hudson ärgerlich fort.
    Langsam richtete sich Davinian auf, erhob sich von seiner Arbeitsbank und schlurfte zum Ausstellungstresen, der Hudson in Schach hielt. Er baute sich seinem Gast gegenüber auf und sah ihn argwöhnisch an, als sei er auf einen faulen Trick gefasst.
    »Gerade du solltest nicht mit mir über Wahnsinn reden«, sagte Davinian. »Du bist derjenige, der während meiner normalen Geschäftszeiten kommt, so dass jeder ihn sehen kann. Warum, in aller Welt, tust du das? Wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Wir haben abgemacht, dass wir uns nie wieder treffen.«
    »Ich hätte auch nicht gedacht, dass es je wieder erforderlich wäre, dein Gesicht zu sehen«, schnauzte Hudson ihn an. »Aber dann landete gestern deine große schwarze Taube auf meiner Schulter, und da habe ich es mir anders überlegt.«
    Davinian legte den Kopf schräg. Es war die Geste eines alten Mannes, dessen Gehör sich allmählich verschlechterte.
    »Schwarze

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