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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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gelungenes Objekt bewirkte, dass der Betrachter zunächst den Atem anhielt vor Bewunderung und anschließend vor Vergnügen lachte.
    Das Ei war ein besonders kunstfertiges Stück, makelloser als alles, was Laurel je unter die Augen gekommen war. Sie fragte sich, wie viele Menschen wohl so wie sie darauf reagiert hatten und wie viele Jahre es wohl in der Privatsammlung eines Sammlers - oder eines Sowjetkommissars - versteckt gewesen war.
    »Aber es kann unmöglich das sein, für das ich es halte«, flüsterte sie. »So ein Ei hat er niemals gemacht.«
    Sie beugte sich vor, um soviel wie möglich zu erkennen, ohne es zu berühren. Bei der goldenen Schneckenverzierung handelte es sich um feinste Ziselierarbeit. Falls es irgendwelche Fehler im Design oder in der Ausführung gab, so waren sie ohne ein Vergrößerungsglas nicht zu sehen. Die rote Lackierung war das Perfekteste, was eine menschliche Hand zu vollbringen imstande war. Die kleinen, in farbenfroher Präzision gesetzten Edelsteine strahlten klar und so rein, dass Laurel kaum an ihre Echtheit glaubte.
    Ihre Finger schlossen sich automatisch um eine Juwelierslupe, und sie untersuchte den Stein in der zehnfachen Vergrößerung. Ein paar winzige Federn und dunkle Flecken, mit dem bloßen Auge nicht zu sehen, überzeugten sie davon, dass die Steine unrein genug waren, um von der Natur geschaffen worden zu sein.
    Und noch etwas verrieten ihr die Juwelen unter dem Vergrößerungsglas. Ihre Oberflächen waren so unregelmäßig, dass sie geschnitten worden sein mussten, ehe Computer diese Aufgabe übernahmen und die monoton einförmigen, sterilen Steine schufen, gegen die Laurel eine unüberwindliche Abneigung empfand.
    »Fabergé!« flüsterte sie. »Das muss es sein.«
    Laurel hegte kaum noch einen Zweifel, dass das scharlachfarbene Ei im Atelier des berühmtesten Kunsthandwerkers erschaffen worden war, den Europa je hervorgebracht hatte.
    »Natürlich könnte es eine Fälschung sein.«
    Noch kritischer sah sie sich das Ei abermals an. Nach einer Weile hob sie den Kopf, seufzte und legte die Lupe fort. Wenn das Ei nicht echt war, konnte selbst diese mit solcher Akribie hergestellte Fälschung als Meisterwerk durchgehen.
    Wieder sah Laurel auf den Umschlag des Pakets und fand nur ihren eigenen Namen und ihre eigene Adresse. Wieder bekam sie eine Gänsehaut.
    In der Vergangenheit hatte Swann ihr leuchtende Steine aus allen Teilen der Welt geschickt, Zeichen des schlechten Gewissens eines Rabenvaters. Aber selbst wenn man alle diese Steine zusammennahm, kämen sie bei weitem nicht an den Wert eines Fabergé-Eis heran.
    »Mindestens eine Million«, murmelte Laurel. »Wahrscheinlich noch viel mehr, wenn man seine Echtheit bescheinigen und es offen verkaufen könnte.«
    Aber sie war nicht so naiv zu glauben, dass man mit einem Nationalschatz wie mit buntem Pressglas auf der Straße feilschen konnte.
    Jamie Swann war seinerseits kein Anfänger.
    »Daddy, wo in aller Welt steckst du nur immer, wenn ich dich brauche?«
    Laurel verzog das Gesicht, als ihre eigenen Worte in dem leeren Zimmer hallten.
    »Alberne Frage. Du bist genau da, wo du immer warst, wenn Mom oder ich dich gebraucht haben: woanders.«
    Dann fing sie an über all die unglückseligen Gründe nachzudenken, aus denen ihr Vater ihr ohne Vorwarnung und ohne Absender ein Geschenk in Millionenhöhe machen konnte. Je länger sie darüber nachdachte, um so mehr festigte sich ihre Überzeugung.
    Irgendwo auf dieser grausamen Welt steckte Jamie Swann in Schwierigkeiten.
    Genau wie sie jetzt!

2
    Als der Piepser an Cruz Rowans Gürtel losging, stand dieser gerade bis zur Hüfte in einem Loch von der Größe eines Grabs. Er hackte wie ein Wilder in dem Schutt vor einer Felswand herum in dem verzweifelten Versuch, Ordnung zu schaffen, wo bisher vollkommenes Chaos war.
    Den Piepser beeindruckte sein Eifer offenbar nicht, denn er stellte sein Pfeifen nicht ein.
    Fluchend drückte Cruz auf den Knopf des Geräts und fuhr mit Graben fort. Nur sein Boss hatte die Nummer seines Empfängers, und im Augenblick wünschte Cruz kein Gespräch mit Cassandra Redpath. Er hatte Wichtigeres zu tun.
    Die Spitzhacke schwenkte er, als wöge sie ein Pfund und nicht zwölf. Jedesmal, wenn der Pickel rhythmisch in den Felsen schlug, flogen lose Erde und Steinbröckchen wie Vogeldreck in sein Gesicht. Es war ihm egal. Misslichkeiten bedeuteten ihm nichts, wenn er eine Verwerfung des Bodens aufspürte, wenn er versuchte herauszufinden, ob sich die

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