Schimmernder Rubin
sagte sie: »Ich werde mich in deiner Welt so gut zurechtfinden wie du dich in der meinen.«
Swann fuhr schmerzlich zusammen, als er die Gefühle in der Stimme seiner Tochter wahrnahm. Ariel hatte genauso geklungen, als er zum letzten Mal von ihr gegangen war: traurig, enttäuscht, liebevoll. Damals hatte er nicht gewußt, was das schmerzlichste von allem war, das Bedauern, die Enttäuschung oder die Liebe in ihrem Ton.
Er wußte es immer noch nicht.
»Auf Wiederhören, Baby«, flüsterte er und nachdem er aufgelegt hatte: »Falls es von Bedeutung ist: Ich liebe dich.«
Lange Zeit saß er in dem teuren Hotelzimmer und starrte durch den schmutzigen Dunst, der allabendlich vom Pazifik heraufgekrochen kam, auf die Lichter der Stadt. Schließlich stand er auf und schenkte sich einen Wodka aus der Minibar ein. Er leerte das Glas mit zwei Schlucken und war gerade bei der nächsten Portion, als er ein lautes Klopfen vernahm.
Er schüttelte sich wie nach einem Trancezustand und ging zur Tür.
»Wer ist da?« fragte er.
»Ich bin’s, mein Schatz.«
Swann erkannte die Stimme und öffnete.
Auf der Schwelle stand Claire Toth und lächelte in der Gewißheit, willkommen zu sein.
»Komm rein«, sagte Swann und kehrte ins Zimmer zurück.
Die Hände in die Hüften gestemmt, rührte sich Claire nicht vom Fleck.
»Ist das das einzige, was du zu bieten hast, Schatz?« fragte sie herausfordernd.
»Wir haben Schwierigkeiten, Schatz«, gab Swann zurück.
Sein Ton verriet Toth, dass es eine Zeitlang keine Turnübungen geben würde. Sie schloß die Tür, schob die Sicherheitsriegel vor und wandte sich dann dem gutaussehenden Charmeur zu, der im Bett besser als jeder andere war.
Und sie musste es wissen, denn während ihres Aufstiegs aus der brutalen Armut hatte Toth mehr Männer gefickt, als ihr in Erinnerung geblieben waren. Die Kerle hatten immer gedacht, sie fickten sie, aber sie hatte es besser gewußt. Immer war sie diejenige gewesen, die, das Geld in den Händen, gegangen war.
In dieser Welt zählte nichts, außer Geld. Nur der Mensch konnte anderer Ansicht sein, der noch nie so arm gewesen war, dass er Kakerlaken fraß.
»Was ist passiert?« fragte sie.
»Jemand ist hinter uns her. Sie haben das Ei bis zu meiner Tochter verfolgt.«
Toth sah überrascht und dann nachdenklich aus. Während sie beobachtete, wie Swann zur Bar hinüberging, wurde ihr schwerlidriger, sinnlicher Gesichtsausdruck zu nüchterner Berechnung.
»Aber Daddys kleines Mädchen hält doch bestimmt den Mund, nicht wahr?« fragte sie.
Die subtile Herausforderung, die in ihrer Stimme mitschwang, hätte ein weniger erfahrener Mann sicher überhört. Swann jedoch drehte sich zu ihr um und sah sie an.
»Worauf du wetten kannst«, knurrte er.
Swann war ein guter Lügner, denn schließlich hatte er genügend Erfahrung im Gepäck. Soviel, dass er nicht mehr bezeugen konnte, wo die Lügen aufhörten und die Wahrheit begann.
Falls das überhaupt jemals geschah.
»Gut.« Toths Stimme klang wieder weich und warm.
Zwei Atemzüge erwiderte sie reglos den Blick des Mannes, dessen klare Raubtieraugen sie bereits bei ihrer ersten Begegnung fasziniert hatten. Löwenaugen. So sexy wie gefährlich. Sie wußte nicht, was ihr besser gefiel, die Gefahr oder der Sex. Sie wußte nur, dass sie beides brauchte, da das eine ohne das andere nichts war. Und Swann gab ihr von beidem genug.
Ohne den Blick von ihm abzuwenden, schwenkte sie auf ihn zu und baute sich vor ihm auf, dicht genug, um ihn zu berühren, dicht genug, um berührt zu werden.
»Wo ist das Ei?« fragte sie, aber ihr Ton wollte wissen, ob er sich ebenso als Mann empfand wie sie sich als Frau.
»An einem sicheren Ort«, erwiderte er.
»Hat sie den Rubin für dich rausgeholt?«
»Ich habe sie nicht darum gebeten.« Swann lächelte dünn. »Je weniger Laurie weiß, um so besser ist es für alle Beteiligten.«
»Und wer ist ihr auf den Fersen?«
»Cruz Rowan.«
»Rowan? Der FBI-Agent, der diese unschuldigen Kinder ermordet hat?«
Swann bellte kurz auf. »Himmel, Claire. Wann hast du bloß angefangen, deinen eigenen Scheiß zu glauben? Wir wissen beide ganz genau, dass die unschuldigen Drecksäcke Terroristen waren.«
Er leerte abermals sein Glas.
»Du sprichst dem Zeug ganz schön zu«, sagte Toth.
»Keine Angst. Es saugt schon nicht die Tinte aus meinem Stift.«
Toths Lächeln wurde durch einen verführerischen Schmollmund ersetzt.
»Würde mich auch wundern«, machte sie ihn heiser an. »Das
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