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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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mit blitzenden Augen »vielleicht nicht vollkommen untätig.«
    Der Hauptfeldwebel richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und legte die Hand zu einem steifen Salut an die Stirn, dessen Perfektion nur dadurch beeinträchtigt wurde, dass seine nackten Fersen nicht ordnungsgemäß knallten, als er sie aneinanderschlug.
    »Mmm«, sagte er an Laurel gewandt. »Freut mich, Sie kennenzulernen, jetzt wenigstens etwas förmlicher.«
    Laurel neigte ein wenig den Kopf und fühlte sich wie eine Prinzessin. Gillespie hätte nicht großartiger erscheinen können, trüge er eine Bärenfellmütze und die Uniform der königlichen Leibwache.
    »Wie war das Training?« fragte die Botschafterin ruhig.
    »Ich habe ihm den Arsch versohlt«, sagte Cruz und bedachte Gillespie mit einem Blick, der ihn zum Widerspruch herausfordern sollte.
    »Solange ich halbe Kraft gefahren bin«, sagte Gillespie. »Was ihn natürlich, ein bißchen salopp ausgedrückt, immer noch wesentlich besser als neunundneunzig Prozent der durchschnittlichen Ärsche macht. Aber seine linke Seite ist verdammt angreifbar. Was ein guter Mann in weniger als einer Minute erkennen wird.«
    »Das ist ohnehin meine schwache Seite«, schoß Cruz zurück. »Wenn du jetzt die Latte unbedingt überhöht auflegen musst...«
    Mit einer einzigen Geste brachte Redpath Cruz zum Verstummen.
    »Hauptfeldwebel«, sagte sie, »ist Cruz einsatzfähig?«
    Das Gesicht des schwarzen Hünen war einen Augenblick vollkommen reglos, als dächte er noch einmal gründlich über alles nach. Dann, nach einer langen Pause, die zeigte, dass er mit dem Ergebnis seiner Überlegungen nicht glücklich war, schüttelte er den Kopf.
    »Er ist ausreichend fit... körperlich«, sagte er.
    Dies war keine eindeutige Rückendeckung, und Cruz wußte es. Ehe er jedoch etwas erwidern konnte, ergriff Redpath das Wort.
    »Wenn Sie einen Grund haben, zu einer anderen Entscheidung zu gelangen«, sagte sie an den Hauptfeldwebel gewandt, »werde ich Cruz woanders einsetzen. Bis dahin kann er auf jeden Fall weiterhin die Nachforschungen in dieser Angelegenheit leiten.«
    Gillespie nickte, und die Chefin ließ es dabei bewenden.
    Laurel war insgeheim amüsiert von der herablassenden Art, mit der Redpath die beiden Männer behandelte, obgleich jeder von ihnen sie wie ein Bambusrohr hätte knicken können. Doch noch während ihr dieser Gedanke kam, wurde ihr bewußt, welches der Schlüssel für den Umgang mit den beiden Männern war: Sie traten Redpath mit einer Ergebenheit gegenüber, die ehrlichem Respekt entsprang.
    Und tiefer Zuneigung, zumindest, was Gillespie betraf. Der Blick, den er Redpath zugeworfen hatte, als sie ihn wegen seiner angeblichen Nutzlosigkeit verspottete, war der Blick eines Mannes gewesen, der sich seiner Wirkung auf eine bestimmte Frau völlig sicher war.
    Redpath zog das große russische Buch über den Tisch.
    »Es ist mir gelungen, dieses Buch von einem Freund auszuleihen, der Professor für russische Geschichte an meiner ehemaligen Universität ist. Es ist ein Katalog aus der Zarenzeit, in dem sämtliche Erzeugnisse der Fabergé-Werkstätten in St. Petersburg und Moskau aufgelistet sind. Meine Quelle versichert mir, dass es der vollständigste Katalog ist, den es zu diesem Thema gibt.«
    Sie machte eine Pause und genoß das Vergnügen der Forscherin, die eine unbedeutende, aber herrlich reizvolle Tatsache enthüllt.
    »Was steht darin über die Rubin-Überraschung?« fragte Cruz.
    »Dass es sie niemals gab.«
    »Was?« fragten Cruz und Laurel wie aus einem Munde.
    »Es gibt kein Anzeichen dafür, dass je eine Fabergé-Werkstatt ein kaiserliches Ei mit einem großen, qualitativ hochwertigen Rubin als Überraschung gefertigt hat«, sagte Redpath. »Zwar war die Rede davon, und es gibt auch ein paar Stegreifskizzen, aber der Plan wurde beiseite gelegt, als kein passender Rubin aufzutreiben war.«
    Einen Augenblick lang herrschte atemlose Stille im Raum.
    »Reicht der Katalog bis in die Zeit vor der Revolution?« fragte Cruz.
    »Ja.«
    »Verdammt.«
    »Eine interessante Situation, nicht wahr?« stellte Redpath fröhlich fest. »Voller Möglichkeiten. Warum treffen wir uns nicht in ein paar Minuten zum Mittagessen und diskutieren darüber?«
    Es war weder eine Frage noch ein Befehl. Nicht ganz.
    Cruz wandte sich um und verließ das Zimmer, ohne sich umzuschauen. Laurel verfolgte seinen Abgang, nahm jede Bewegung wahr, das Licht, das seinen Augen ein brennendes Blau verlieh, die Kraft in seinen

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