Schimmernder Rubin
Zähnen. »Wie gesagt, Cruz hat sich da kein Dummerchen ausgesucht. Was uns die Arbeit verdammt erschweren wird.«
20
»Glaubst du, sie versucht abzuhauen?« fragte Gillespie und sah an Cruz vorbei durch das dunkle Fenster in die Wüste hinaus.
»Ohne Hut oder Feldflasche?« erwiderte Cruz. »Sie ist doch nicht verrückt.«
»Zumindest hält sie selbst sich nicht dafür.«
»Scheiße«, war Cruz’ einzige Antwort darauf.
Ein paar Atemzüge lang beobachteten die beiden Männer, wie Laurel durch die Wüstenlandschaft marschierte, die das Haus umgab. Sie verfolgte keinen bestimmten Weg. Ebensowenig sah sie über die Schulter zurück, um festzustellen, ob ihr Fortgehen bemerkt worden war. Das lockere Oberteil, das sie über ihren Jeans trug, flatterte im Wind, wodurch ihre Figur vorteilhaft zur Geltung kam.
»Sie marschiert geradewegs auf den Bergkamm zu«, sagte Gillespie.
»Wahrscheinlich muss sie sich einfach ein bißchen die Füße vertreten. Du und die Botschafterin habt sie beim Mittagessen ganz schön in die Zange genommen.«
»Wir haben keinen Ton über ihren Vater gesagt.«
»Laurel ist uns gegenüber auf der Hut«, Cruz klang niedergeschlagen. »Aber sie traut auch ihrem Vater nicht ganz. Deshalb ist sie hier.«
»Schwachsinn. Sie ist hier wegen dir.«
Cruz sah Gillespie an.
»Ja, richtig«, sagte er, aber sein Ton besagte genau das Gegenteil.
»Wach auf, Junge. Sie sieht dich an, als wollte sie dich auf einen Keks schmieren und auch noch den letzten Krümel davon auflecken.
Trotz seiner schlechten Laune musste Cruz grinsen. »Gute Idee.«
»Warum unternimmst du also nichts?«
»Wie zum Beispiel?«
»Krieg den Arsch hoch, lauf ihr mit einem Picknickkorb und einer Flasche Wein hinterher, und erschleich dir ihr Vertrauen auf die herkömmliche Weise.«
»Ich soll also die Augen schließen und an Gott und das Vaterland denken, he?«
»Mir egal, Hauptsache, du kommst in Fahrt«, fuhr Gillespie ihn ungeduldig an. »Aber mach endlich, dass du den Job auf die Reihe kriegst. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Weiß Cassandra Bescheid?«
»Sie ist diejenige, die dich zu Miss Swanns Leibwächter ernannt hat.«
Cruz sah ihn skeptisch an.
»Hör zu«, sagte Gillespie geradeheraus. »Entweder wir gewinnen Miss Swanns Vertrauen und kriegen die Chance, ihrem Alten eine Falle zu stellen, oder wir stehen weiter tatenlos herum und gucken zu, wie die Konkurrenz die Führung übernimmt. Bis wir dann endlich mal rausgefunden haben, worum es wirklich geht, wird es zu spät sein, um noch etwas anderes zu tun als für die Toten zu beten.«
Ohne etwas zu sagen, blickte Cruz aus dem Fenster. Noch hob sich Laurel deutlich von dem brennenden Himmel ab, doch mit jedem Atemzug entfernte sie sich mehr von ihm, wurde kleiner und undeutlicher. Bald hätte sie sich ganz in dem gelben Flimmern des Sonnenlichts aufgelöst.
»Verdammt«, schnauzte Gillespie. »Sie hat dein Hirn tatsächlich in Bohnenmus verwandelt. Wenn die Rubin-Überraschung nicht von Fabergé ist, von wem ist sie dann?
Warum wurde sie dann überhaupt geschaffen? Und wie viele Tote wird es geben, ehe wir dahintergekommen sind?«
»Das weiß nur die Hölle.«
»Dann lauf ihr nach und finde es heraus!«
Cruz wandte sich zu dem Hauptfeldwebel um.
»Wenn ich Laurel nachgehe«, sagte er, »dann gehe ich den ganzen Weg. Aber es wird mir um sie gehen, nicht um Cassandra oder dich. Ich werde auf sie achten, aber nur auf sie, und die Rubin-Überraschung kann mich mal... Willst du immer noch, dass ich gehe?«
Gillespie atmete tief ein und setzte zu einer Kollektion deftiger Flüche an.
»Cassandra hat mich davor gewarnt, dass du diesen Weg wählen würdest«, sagte er nach einem Moment.
»Heißt das ja oder nein?« fragte Cruz kühl.
»Grace packt gerade den Picknickkorb. Hol ihn. Und dann geh mir aus den Augen, bevor ich dir den Arsch versohle, bis du nicht mehr sitzen kannst.«
Cruz blickte verschwommen vor sich hin, ehe er nickte und sich zum Gehen wandte.
»Wohin willst du mit ihr?« fragte Gillespie.
»Wo ich immer hingehe.«
»Wann kommt ihr zurück?«
»Keine Angst. Ich lasse dir genug Zeit für einen Haufen ungestörter Telephongespräche, ohne dass Laurel über den Hausapparat mithört oder hinter der falschen Tür steht und horcht. Oder ich. «
Gillespie knurrte. Cruz besaß anscheinend doch noch einen Rest von Verstand.
»Nimm den Piepser mit«, sagte er über die Schulter.
»Scheiße«, murmelte Cruz. »Vielleicht sollte ich mir das
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