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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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davor, daß die SS-Leute noch ganz zum Schluß zu verzweifelten Mitteln greifen würden.« Diese Angst scheint aber von den Weißbrot essenden Häftlingen an Schindlers Geburtstag keiner an ihm wahrgenommen zu haben. Schindler fürchtete unter anderem, die in der Gegend von Zwittau liegenden Einheiten der Wlassowarmee könnten noch aktiv werden. Niemand konnte vorhersagen, wie sie sich verhalten würden, nur eines stand fest: Sie wußten, daß sie der Roten Armee nicht in die Hände fallen durften, denn Stalins Rache mußte furchtbar ausfallen. Auf die Milde der Alliierten konnten sie auch nicht rechnen, saßen also zwischen sämtlichen Stühlen und waren überdies meist schwer betrunken.
    Zwei Tage nach Schindlers Geburtstag wurde Leipold zu einem Infanteriebataillon der Waffen-SS unweit Prag versetzt. Er dürfte nicht sehr begeistert davon gewesen sein, doch packte er seine Sachen und verschwand.
    Er konnte auch nicht gut anders handeln, denn an Schindlers Tisch, besonders nach der zweiten Flasche Rotwein, hatte er vor Zeugen wieder und wieder behauptet, er wünsche nichts lieber, als an die Front abzugehen. Ihm fehlte die Einsicht anderer erfahrener Offiziere, die sich jetzt häufiger bei Schindler einfanden, daß es nämlich mit dem Großdeutschen Reich zu Ende ging. Er hat wohl vor seinem Abmarsch auch nicht mehr bei Hassebroeck telefonisch rückgefragt; die Leitungen waren häufig gestört, die Russen hatten Breslau eingeschlossen, standen unweit von Groß-Rosen, und in Hassebroecks Büro hatte man schon früher von Leipolds Drang, an die Front zu kommen, gehört. Und dahin sollte er nun abgehen, was bedeutete, daß Oberscharführer Motzek als Lagerkommandant von Brünnlitz zurückblieb.
    Schindler wartete nicht untätig auf das Ende. Er bekam durch telefonische Nachfragen heraus, daß ein Verpflegungslager, mit dem er in Geschäftsverbindungen stand, aufgegeben worden war. Er griff sich ein halbes Dutzend Häftlinge und einen Lkw und fuhr los. Straßensperren passierten sie dank der gefälschten Dokumente, die, wie Schindler später erzählte, Dienstsiegel und Unterschriften des »Obersten Polizeiführers in Böhmen und Mähren«
    aufwiesen. Das Verpflegungslager lag unweit von anderen, die in Brand gesetzt worden waren. Von Brunn her hörte man schießen — tschechische Partisanen standen bereits im Häuserkampf mit der deutschen Garnison. Schindler ließ den Wagen rückwärts an die Laderampe fahren, erbrach das Tor und sah sich vor Unmassen Zigaretten der Marke Egipski.
    Aus der Slowakei drangen beunruhigende Gerüchte: Angeblich erschossen Rotarmisten wahllos deutsche Zivilisten. Die BBC, regelmäßig von Schindler abgehört, stellte allerdings das Kriegsende in so naher Zukunft in Aussicht, daß er hoffen konnte, es werde eintreten, bevor die Russen Zwittau erreichten.
    Auch die Häftlinge waren dank der BBC über die Lage im Bilde. Zwei Radiotechniker, Zenon Szenwich und Artur Rabner, bastelten seit ihrer Ankunft in Brünnlitz ständig an einem von mehreren Apparaten herum, die Schindler gehörten. Mit Kopfhörern nahm Szenwich die Nachrichten um 14 Uhr auf, und die Nachtschicht derSchweißer hörte die Nachrichten um Uhr früh ab. Als sie dabei von einem SS-Mann überrascht wurden, der dienstlich im Büro zu tun hatte, gelang es ihnen, sich herauszureden.
    Ursprünglich hatte man angenommen, Eisenhower werde Mähren besetzen, doch seit feststand, daß er an der Elbe haltmachen würde, mußte man mit den Russen rechnen. Die Schindler am nächsten stehenden Häftlinge setzten für ihn ein entlastendes Schreiben in hebräischer Sprache auf, mit dem er aber nur bei den Amerikanern etwas würde anfangen können. In deren Streitkräften dienten nicht nur viele jüdische Soldaten, sondern auch Feldrabbiner. Deshalb war es unbedingt nötig, dafür zu sorgen, daß Schindler zu den Amerikanern durchkam. Außerdem war Schindler wie die meisten Mitteleuropäer der Meinung, die Russen seien Barbaren und noch dazu unberechenbar. Und was man aus den weiter östlich gelegenen, von den Russen eroberten Landesteilen hören konnte, bestätigte diese Meinung nur.
    In blinde Angst geriet er deswegen allerdings nicht. Als die BBC in den frühen Morgenstunden des 7. Mai die deutsche Kapitulation meldete, war er wach und voller Tatendrang. Alle Kampfhandlungen sollten am Dienstag, dem 8.Mai, um Mitternacht eingestellt werden.
    Schindler weckte seine Frau und ließ Stern zu sich kommen, um mit ihm zu feiern. Stern hatte den

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