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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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Sitte war. Der bloße Gedanke an solch
ein Ende trieb die Soldaten vorwärts, doch war die Erschöpfung so groß, dass
einige zurückblieben: diejenigen auch, die durch den Schnee das Augenlicht
verloren hatten, oder denen durch die Kälte die Zehen abgefroren waren. Für die
Füße war es gut, sich zu bewegen und niemals Rast zu machen, während der Nacht
aber die Sandalen zu lösen. Wenn man mit den Schuhen an den Füßen schlief,
schnitten die Riemen in die Füße, und das Schuhwerk fror ringsum an; denn sie
hatten, seit die alten Schuhe verbraucht waren, nur mehr Bauernschuhe, die aus
frisch abgezogener Rinderhaut hergestellt waren.
    Wegen
dieser Mühsale blieben einige Soldaten zurück. Als sie eine schwarze Stelle
sahen, weil dort kein Schnee lag, vermuteten sie, er sei geschmolzen. Er war
auch in der Tat geschmolzen wegen einer Quelle, die nahe in einem Talkessel
dampfte. Dort bogen sie von der Marschrichtung ab und weigerten sich
weiterzuziehen. Als Xenophon das bemerkte, bat er sie mit allen Mitteln, nicht
zurückzubleiben, und sagte ihnen, es folge ihnen eine Schar von Feinden nach;
schließlich wurde er zornig. Sie aber forderten ihn auf, sie niederzuhauen, sie
könnten nicht mehr weitermarschieren. Da schien es nun das Beste zu sein, den
nachfolgenden Feinden Schrecken einzujagen, wenn es möglich sei, damit sie
nicht die Erschöpften überfielen. Es war bereits dunkel, jene aber näherten
sich, unter lautem Geschrei barbarischer Zunge. Da erhoben sich die Leute der
Nachhut, da sie ja gesund waren, und liefen gegen die Feinde los. Die Kranken
schrien, so laut sie konnten, und schlugen dabei die Schilde gegen die Lanzen.
Da erschraken die Feinde, stürzten sich über den Schnee ins Tal hinab, und
keiner gab mehr einen Laut von sich.
    Xenophon
und seine Leute sagten den Kranken, am nächsten Tag würden Helfer zu ihnen
kommen; sie selbst marschierten weiter, und bevor sie noch vier Stadien
zurückgelegt hatten, trafen sie auf Soldaten, die mitten am Wege fest
eingehüllt im Schnee rasteten; nirgends war auch nur ein einziger Wachtposten
aufgestellt. Sie versuchten, jene zum Aufstehen zu bewegen; die aber entgegneten,
die Vorderen marschierten auch nicht weiter. Xenophon ging an ihnen vorbei und
schickte die Kräftigsten der Peltasten voraus mit dem Befehl auszukundschaften,
was denn das Hindernis sei. Diese meldeten, das ganze Heer halte auf solche
Weise Rast. Da legten sich auch Xenophon und seine Leute dort zur Ruhe. Während
der ganzen Nacht ließen sie Feuer brennen. Wo das Feuer brannte, schmolz der
Schnee, und es entstanden große, bis zum Boden reichende Gruben; an diesen
Stellen konnte man die Tiefe des Schnees messen.
    Zu der
Zeit wurde in Muntenien, durch das die Griechen zogen, der Tag der Roten Armee
begangen. Man trieb die Einwohner von Grosny auf dem zentralen Platz zusammen
und verkündete den Beschluss von Partei und Regierung, Gagausen und sonstige
Verräter umzusiedeln, weil die örtliche Bevölkerung mit den Deutschen
kollaboriert habe. »Widerstand ist zwecklos«, hieß es im Befehl Nummer soundso,
der den Anwesenden verlesen wurde, »ihr seid umstellt. Wer den Anordnungen
nicht Folge leistet oder zu fliehen versucht, wird erschossen.«
    Wie
Xenophon weiter berichtet, zog die verblüffte, vor Entsetzen wie gelähmte
Menge, angeführt von den örtlichen Bürokraten, in Viererreihen zum Marktplatz,
wo die Leute auf Lastwagen verladen und zur Eisenbahn transportiert wurden -
nicht zum Bahnhof, sondern zu den Rangiergleisen, wo Züge mit Viehwaggons
bereitstanden.
    In anderen
Siedlungen verhaftete man nur die Männer, während den Frauen befohlen wurde,
ihre Sachen zu packen und sich mit den Kindern für den nächsten Tag zum
Abtransport bereitzuhalten. Russische Soldaten gingen in den Häusern umher und
halfen den kopflosen Müttern beim Packen, mahnten sie, statt Teppichen und
Plattenspielern lieber warme Kleidung sowie Lebensmittel mitzunehmen, halfen
beim Verstauen des Gepäcks auf den Lastwagen.
    In der
zweiten Tageshälfte setzte heftiger Schneefall ein, was den Abtransport der
Leute insbesondere aus den Bergregionen erschwerte. Gefahren wurde mit Studebaker-Autos,
die per Lend-Leasing über den Iran aus Amerika beschafft worden waren. Mit
laufenden Motoren und aufgeblendeten Scheinwerfern, die in das Schneetreiben
hineinstrahlten, standen sie bereit - Dutzende von Wagen, der Lichtschein war
weithin zu sehen.
    Die
Bewohner des Auls Chaibach widersetzten sich den Anordnungen und

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