Schischkin, Michail

weigerten
sich, ihre Häuser zu räumen. »Lieber sterben wir alle!«, schrien die alten
Frauen und flehten zu Gott, er möge die Ungerechtigkeit nicht zulassen und sie
schleunigst zu sich nehmen, damit sie nicht in der Fremde sterben mussten, sie
wollten in angestammter Erde begraben sein. Aus den umliegenden Auls waren
schon alle, die aus freien Stücken abzufahren nicht gewillt oder in der Lage
gewesen, Alte und Kranke, gewaltsam hierher nach Chaibach getrieben worden;
manche hatte man auf den Straßen weggefangen, von den Weiden geholt oder aus
Verstecken gezerrt. Als Sammellager diente der Pferdestall der Genossenschaft.
Der eisige Wind pfiff durch die Ritzen, den Leuten bis ins Mark. Die Soldaten
bekamen den Befehl, rings um die Wände des lang gestreckten Gebäudes Stroh zu
schichten, damit es nicht so zog - so erklärte man den Frierenden im Stall.
Dann befahl der muntenische Woiwode mit Namen Gwischiani das Tor zu verbarrikadieren
und den Stall anzuzünden.
    Es
schneite in großen, nassen Flocken; die Soldaten hetzten durch den Schlamm und
versuchten das feuchte Stroh in Brand zu setzen. Einer der Chauffeure schwappte
Benzin aus einem Kanister über die Ballen. Das Stroh flammte auf. Im Nu
loderte ein großes Feuer in den Himmel.
    Drinnen
brach Panik aus. Unter dem Druck der entfesselten Menge gaben die Tore nach.
Die zuvorderst Ausbrechenden stürzten und versperrten den Nachdrängenden den
Weg. Die Fliehenden wurden aus Maschinenpistolen beschossen. Um dem allem ein
schnelleres Ende zu bereiten, warfen Soldaten Handgranaten in die Stallfenster
auf die schreienden Menschen.
    Der
muntenische Woiwode sandte eine Liste der vom Feuer Getöteten nach Moskau. Hier
die Namen. Man muss sie nicht lesen. Wer will, kann weiterblättern.
    Gajew,
Tuta, 110 Jahre;
    Gajewa,
Sari, seine Frau, 100 Jahre;
    Gajew,
Chatu, Bruder von Tuta, 108 Jahre;
    Gajewa,
Marem, seine Frau, 90 Jahre;
    Gajew,
Alauddi, Sohn von Chatu, 45 Jahre;
    Gajewa,
Chessa, seine Frau, 30 Jahre;
    Gajew,
Chasabek, sein Bruder, 50 Jahre;
    Gajew,
Hassan und Hussein, Kinder von Chessa, Zwillinge, am Vorabend geboren;
    Gasojew,
Gesamachma, 58 Jahre;
    Sano,
seine Frau, 55 Jahre;
    Sohn
Mochdan, 17 Jahre;
    Sohn
Berdan, 15 Jahre;
    Sohn
Machmad, 13 Jahre;
    Sohn
Berdasch, 12 Jahre;
    Tochter
Scharadat, 14 Jahre;
    Tochter
Taichan, 3 Jahre;
    Duli
Gelagajewa, 48 Jahre;
    ihr Sohn
Sosmad, 19 Jahre;
    zweiter
Sohn Abujesid, 15 Jahre;
    dritter
Sohn Girmacha, 13 Jahre;
    vierter
Sohn Mowladi, 9 Jahre;
    Tochter
Sainad, 14 Jahre;
    zweite
Tochter Sachara, 10 Jahre;
    Pakant
Ibrahimowa, 50 Jahre;
    ihr Sohn
Adnan, 20 Jahre;
    Tochter
Petimat, 20 Jahre;
    Minegas
Tschibirgowa, 81 Jahre;
    ihre
Schwiegertochter Salimat, 35 Jahre;
    Salimats
Sohn Abdulmasched, 8 Jahre;
    Tochter
Laila, 7 Jahre;
    Tochter Marem,
5 Jahre;
    Kawalbek
Gasalbekow, 14 Jahre;
    Sano
Dagajewa, 90 Jahre;
    Kerim
Amagow, 70 Jahre;
    Mussa
Amagow, 8 Jahre, aus Tscharmach;
    Data
Bakijewa, 24 Jahre;
    Mazi
Chabilajewa, 80 Jahre;
    Giricha
Gairbekow, Arzt, 50 Jahre;
    Petimat
Gairbekowa, seine Frau, 45 Jahre;
    Adnan
Gairbekow, beider Sohn, 10 Jahre;
    Medina
Gairbekowa, beider Tochter, 5 Jahre;
    Suripat
Bersanukajewa, 55 Jahre;
    Chanpat
Bersanukajewa, ihre Tochter, 19 Jahre;
    Bakuo,
zweite Tochter, 17 Jahre;
    Baiusa,
dritte Tochter, 14 Jahre;
    Baisari,
vierte Tochter, 9 Jahre;
    Basuka,
fünfte Tochter, 7 Jahre;
    Mochmad
Chanip, Sohn, 11 Jahre;
    Familie
von Abuchasch Batukajew:
    seine
Mutter Chabi, 60 Jahre;
    seine Frau
Pailach, 30 Jahre;
    sein Sohn
Abujesid, 12 Jahre;
    seine
Tochter Asma, 7 Jahre;
    zweite
Tochter Gaschta, 5 Jahre;
    dritte
Tochter Sazita, 3 Jahre;
    neugeborene
Tochter Toita;
    Familie
von Kossum Altimirow:
    Tochter
Saluba, 16 Jahre;
    Sohn
Achmad, 14 Jahre;
    zweiter
Sohn Machmad, 12 Jahre;
    Familie
von Kajchar Altimirow:
    Tochter
Towsari, 16 Jahre;
    Sohn
Abdurachman, 14 Jahre;
    Sohn Muzi,
12 Jahre;
    Chosch
Achmad Eltajew, 15 Jahre;
    Sajdat
Achmad Eltajew, 13 Jahre.
    Außerdem
starb, wie Xenophon weiter berichtet, Pajlacha Alimchodschajewa. Ich weiß
nicht, wie alt sie war; sie wurde ebenfalls in Chaibach ermordet. Ihren Leichnam
konnten Dorfbewohner, die sich in die Berge gerettet hatten, nach dem Abzug der
Soldaten anhand ihres nicht verbrannten Zopfes identifizieren. Dieser Zopf
wurde von ihrer Schwester all die Jahre aufbewahrt. Er liegt auch jetzt noch
irgendwo.
    Die Bergstraßen
waren durch den Schnee unpassierbar geworden, sodass die Soldaten, um in den
entlegensten Aul des Kreises Galantschosch, den letzten