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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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ein
Mädchen. Ihr Schleifen in die Zöpfe binden, hübsche Kleidchen anziehen, das
wär's.
    Ich freue
mich auf dich, Pünktchen, ganz gleich, ob Mädchen oder Junge. Falls es ein
Mädchen wird, dann, lieber Gott, soll es von Papa Augen und Hände haben und von
mir die Nase. Bloß nicht seine Nase, bitte!
    Heute
musste ich feststellen, dass mein schöner neuer Büstenhalter, den ich bei
Lafayette kaufte, nicht mehr passt. Die Brust ist über Nacht wieder ein Stück
gewachsen, und wieder die rechte - das ist lustig! Immer ist es die rechte, die
zuerst wächst, und erst ein paar Tage später holt die linke sie ein.
    Allmählich
gefalle ich mir. Mag es auf einmal, mich im Spiegel anzusehen, über meine Haut
zu streichen. Solch wundervolle Brüste hatte ich noch nie.
    Bisweilen
wiederum komme ich mir in diesem schweren Körper fremd vor - als wäre es gar nicht
meiner. Dann brauche ich ein paar Tage, um mich an den neuen Zustand zu
gewöhnen. Kaum achte nicht mehr darauf, geht wieder etwas Neues mit mir vor.
Morgen kaufe ich einen neuen BH - so einen speziellen, den man vorne zuhaken
kann.
     
    Seit heute
Morgen herrscht starker Nebel. Mein Spaziergang führte mich zum Pont Alexandre
III. Der Eiffelturm sah aus wie nur zur Hälfte gebaut. So halb fertig wird ihn
einst Maria Bashkirtseff gesehen haben, fiel mir ein. Dies ist ja ihre Stadt,
hier hat sie gelebt, gesungen, Tagebuch geschrieben, gezeichnet, hier ist sie
durch all die Straßen gezogen, die ich jetzt entlanglaufe. Hier ist sie auch
gestorben. Und ich weiß nicht mal, wo, auf welchem Friedhof sie liegt.
     
    Heute war
ich bei den Petrows zu Besuch. Ljubotschka führte mich in den erlauchten Kreis
der Sowjetdamen ein. Ich bin in diesem Paris schon etwas menschenscheu
geworden. Zu Anfang war ich froh, neue Gesichter zu sehen und dass alle
Russisch sprachen, aber nach einer halben Stunde wäre ich am liebsten davongelaufen!
Was musste ich mir dort alles anhören, mein Gott. Zuerst brüsteten sie sich
voreinander, was sie wo gekauft hatten. Anschließend wurden alle möglichen
Tabus und Aberglauben für Schwangere diskutiert. Wobei jede zuerst einmal
behauptete, die Ratschläge ihrer Vorrednerin seien Ammenmärchen, ehe die
Geschichte folgte, die einer Bekannten nun wirklich und wahrhaftig widerfahren
sei...
    Hunde und
Katzen darf man weder streicheln noch treten, sonst kriegt das Kind Borsten auf
dem Rücken. Mumpitz! Wenn ich von nun an eine Katze sehe, werde ich extra
hingehen und sie streicheln.
    Man darf
nicht über Wagendeichseln, Wäscheleinen und was weiß ich noch steigen, sonst
kriegt das Kind einen Buckel. Ja, wo sollte man in Paris auch eine Deichsel
hernehmen!
    Und wenn
du einem Leichenwagen den Weg kreuzt, wird dein Kind ein Muttermal haben - aus
geronnenem Blut. Muttermale wären demnach Begegnungen der Schwangeren mit dem
Tod?
    Abends
erstattete ich Ossik Bericht. Das kommt alles von der dörflichen Unkultur!
Ossik hat es mir ausführlich erklärt. Woher zum Beispiel das Tabu rührt, über
etwas hinwegzusteigen - man hatte ja damals nichts an unter dem Rock und
ängstigte sich in seiner Unwissenheit, irgendwelche Dinge könnten von unten her
einen »Blick« auf die Zeugungsorgane erhaschen. - Ja, und? - Sie glaubten halt,
in jedem Ding wohne ein Geist. - Was kann in einer Deichsel schon für ein Geist
wohnen!
    Ich habe
ein paar Bücher über Schwangerschaft und Geburt erworben. Lese darin. Wie
einfach und klar sich doch alles verhält! Nichts, wovor man Angst haben müsste.
Trotzdem bleibt natürlich ein banges Gefühl, wenn man daran denkt, dem Kind
könnte bei der Geburt etwas zustoßen. Und dass es wehtut.
    Ich bin
eher ein Feigling und habe vor Schmerzen große Angst. Um diese Angst geht es: dass
es körperlich wehtun könnte und man es hinnehmen muss. Ossik sagt, der Schmerz
sei in der Natur für den Selbstschutz notwendig. Um den Tod zu vermeiden, das
Leben zu bevorzugen. Wie klug das doch alles eingerichtet ist! Indem einer
Schmerzen erleidet, wird er zum Leben angehalten. Ins Leben zurückgetrieben wie
mit einer Rute. Gäbe es die Geißel des Schmerzes nicht - wer bliebe am Leben?
    Und was
die Schmerzen angeht, hat Ljubotschka gesagt, die Wehen würden die Liebe zum
Kind entwickeln - weil sich so einprägt, wie hoch der Preis war, es zu
bekommen.
     
    Ossik ist
ein Schatz! Ich hatte ihn gefragt, ob er mir nicht die Bashkirtseff besorgen
könne. Hatte große Lust, das Buch wieder einmal zu lesen! Und er, mein
Goldstück, ist extra in die

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