Schischkin, Michail
links in eine
Sackgasse, Gogol stimmte ein kleinrussisches Trinklied an, verfiel am Ende gar
in einen Tanzschritt und fuchtelte mit seinem Regenschirm so gewagt in der
Luft herum, dass keine zwei Minuten später nur noch der Schirmknauf in seiner
Hand steckte, der Rest war beiseitegeflogen. Nachts weht ein schwülwarmer Wind,
der die Fontänen krumm biegt. Womit hatte dieses Fetzchen Luft in Afrika
Berührung, frage ich mich? Rettender Retter, red netter! Ton tut not. Mücken
sind Misanthropen. Das waren noch Zeiten, als die Erde eine Scheibe war. Torf,
Eiter, eine Niere - tiefrot. Der Pfad in der Bergschlucht, überschüttet mit
Äpfeln, die faulen nicht. Aus dem Vollen wollten wir leben, jetzt leben wir aus
dem Tornister. Grasmitte, da kniet ein Kadett im Sarg. Reue, Fegefeuer? Egale
Lage. Seid nun dies! Sterben geht schneller als Bastschuhe flechten. Hopp und
Hufe hoch, zünd an die Kerzen. (Der Leser wartet auf die Schmerzen. Hier ist der Reim, nun fass schon zu!) Mein Zuckerbrötchen, mein
Paddelbötchen! Bei Leid lieh stets Heil die Lieb! Amore belebe Roma! Ein Wolf
kennt den andern wohl. Es ging einmal der Geißbock Flachs raufen und die Geiß
Nüsse suchen. Wer möchte unter Kohlköpfen König sein? Besoffen schlägt der
Bauer sich gern mit dem Herrn. Ist der Bauer nicht mehr blau, fürchtet er die
eigne Sau. Im halb versunkenen Boot schwimmen die Wolken. Die Wellen schaben am
fauligen Kiel. Im Schilf liegt der Wolf mit aufgeblähtem Wanst, Fliegen kleben
an Lidern und Lefzen, Würmer wimmeln unter dem Schwanz. Käuend starrt die
Ziege ihm in die Augen. Charon reißt krachend die schneeweißen Kohlblätter vom
Strunk, schiebt sie sich zwischen die gelben Zähne. Der Abendhimmel mit
Vogelbeeren angesetzt. Horch, Schritte! Ein Barfüßler kommt den Uferpfad
zwischen Brennnesseln und Himbeergestrüpp gerannt. Wer bist denn du? Ich bin
das kleine Kläuschen, ich bring ein kleines Sträußchen und einen Stern dem
guten Herrn. Wo kommst du her? Vom lieben Gott. Wo willst du hin? Zum lieben
Gott. Sem spricht ein Gebet, Harn den Weizen sät, Japheth oben steht, jeder im
Tod vergeht... Vergiss es, Jungchen! Hier hast du was zu beißen! Der alte Mann
reißt ein Kohlblatt ab und reicht es ihm. Es ist strunkig und gelappt. Saftig
und kracht. Sachte auf den Wellen schaukelnd, treibt das in die Wand gekratzte
Boot vorbei. Darin liegt der Flüchtling eingerollt und schläft, den
Knastlöffelgriff in der geschlossenen Faust. Vollkommen erschöpft. Treibt unter
hängenden Weidenzweigen hindurch, einer streicht ihm über die Schulter. Der
Mann lächelt im Schlaf.
Wieder
einmal ist Gelegenheit, aus mir selber klug zu werden. Die letzten Monate haben
mich unheimlich erschöpft! Auftritte, Gastspiele, Konzertreisen, Begegnungen
mit wichtigen und unwichtigen Leuten. Und ich sagte mir: Diese drei Wochen,
bevor ich nach Kiew gehe, werde ich auf der Datscha verbringen und mich nicht von
der Stelle rühren, nichts weiter tun als in der Hängematte liegen und in den
Himmel schauen.
Nun liege
ich in der Hängematte und schaue in den Himmel, aber die Gedanken können sich
vom Boden nicht lösen.
Das letzte
Jahr hat mein Leben von Grund auf geändert.
Nach fünf
Jahren des Schweigens, der Verleumdung durch Schurken und Idioten, die nichts
von Musik verstehen, einer Zeit, in der ich sinnlos zu Hause herumsaß,
versuchte, ein Leben als Ehefrau und nur als Ehefrau zu führen - nach fünf
Jahren erzwungener Untätigkeit, da es mir bereits so schien, als wäre das
Leben gelaufen, als wäre es an der Zeit, den Verstand zu verlieren -, ist
plötzlich alles wieder ins Lot geraten! Komischerweise habe ich es immer
gewusst, im Gefühl gehabt, dass alles gut ausgehen würde - ich musste nur
geduldig alle Demütigungen schlucken, Fäuste ballen, Zähne zusammenzubeißen...
und alles würde gut!
Nun stehe
ich wieder auf der Bühne. Und zwar als eine andere - das weiß ich. Und es liegt
nicht am Alter und den verplemperten Jahren. Ich bin klüger geworden.
Wahrscheinlich schickt es sich nicht, so von sich zu reden. Aber mein Gefühl
sagt mir: Auch wenn ich noch dasselbe singe, singe ich es anders und meine es
anders.
In Kürze
kommt endlich meine erste Schallplatte heraus.
Man schreibt
mir wieder Briefe, schickt Blumenkörbe. Es gibt wieder lästige Verehrer und
andere leidige Umstände, die der Erfolg mit sich bringt.
Ich weiß,
dass ich den Erfolg nicht zuletzt Iossif zu verdanken habe. Er führt meine
Geschäfte vorzüglich. Kommt groß
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