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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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letzten Konzertbesuch im Großen Saal des
Konservatoriums stand auf einmal Taskin vor uns. Er ist richtig alt geworden,
läuft aber immer noch herum wie ein Pfau, und natürlich mit einem jungen Talent
am Arm, und das ist selbstverständlich blond. Seit Zirkus in den
Kinos läuft, wimmelt es in Moskau von falschen Blondinen, denen die Scheitel
verräterisch schnell nachdunkeln.
    Das letzte
Mal hatte ich Taskin vor zwei Jahren in Leningrad getroffen, in meiner
härtesten Zeit. Damals war er kurz angebunden und hatte es eilig. Gestern nun
Küsschen hier, Küsschen da, er machte ausgiebig Komplimente, deren tieferer
Sinn sich darauf beschränkte zu sagen: Und ich habe dich entdeckt, mein Täubchen,
das hast du doch hoffentlich nicht vergessen?
    Wie könnte
ich! Das Haus habe ich vor Augen, als wäre es gestern gewesen: Kabinetnaja 7.
Mein erster Vertrag. Mein erstes Honorar.
    Ich, die
überspannte, selbstbewusste Gymnasiastin, nach Petrograd gekommen, um am
Konservatorium zu studieren. Was nicht noch! Woher nahm ich den Glauben, dass
sie dort auf mich warteten? Ausgerechnet auf mich! Njusja hatte ein Vorsingen
bei ihrem Gesangsprofessor arrangiert, der hörte mich an und stammelte: »Hm,
nun ja, ihre Stimme scheint mir, ich würde sagen, ein Mezzo-Alt zu sein...« Und
er lehnte mich ab - aus Pflichtgefühl der Kunst gegenüber. Ich natürlich gleich
in Tränen schwimmend. »Ach wissen Sie«, versuchte er mich zu trösten, »Sie
sind von Natur aus mit einer Stimme gesegnet, die ein Studium eigentlich nur
verderben kann. Man würde sie in die Höhe trimmen, ohne dass es zur Oper reichte.
Singen Sie doch einfach so, Kindchen!«
    Da stand
ich nun da mit meinen Träumen. Geplatzt wie Seifenblasen! Singen Sie doch
einfach so, Kindchen.
    Ich muss
mich bei ihm bedanken, denke ich heute!
    Die erste
eindrückliche Besonderheit, die Petrograd damals für mich bereithielt, waren
nicht die Paläste, nicht die Newa, sondern die Straßenbahnschaffner, weil sie
keine Batterie Abreißfahrscheine auf einer Tafel mit sich herumtrugen wie die
Moskauer, sondern eine Umhängetasche mit Fahrscheinrollen. Und dass diese
Schaffner - wohl wegen der Einberufungen - fast ausnahmslos Schaffnerinnen
waren. Hinter mir konnte sich jemand nicht beruhigen darüber, dass ein
Fahrschein vor dem Krieg drei Kopeken gekostet hatte und nun ganze fünf. Ich
fuhr mit Njusja zu einem Studentenkonzert - sie bekam Applaus, verbeugte sich,
und ich verging vor Neid. Neid, jawohl: Ein nichtsnutziges Pechvögelein neidete
der Schwester den Erfolg. Sie ging morgens zum Unterricht ins Konservatorium
und verdiente abends mit Klavierspielen im Kinematografen ihr Brot. Njusja
kannte Sängerinnen und Theatermanager, sie bot mir an, mich an den berühmten
Taskin zu vermitteln, der die Wjalzewa »gemacht« hatte. Das ist dein letzter
Strohhalm, sagte ich mir. Wenn er dich wegjagt, gehst du und springst von der
Schlossbrücke - die war erst vor Kurzem eröffnet worden, da hätte ich sie
gleich einweihen können.
    Erwartet
hatte ich eine majestätische Erscheinung - aber er ging mir bis zur Schulter.
Noch mit Serviette, eben vom Mittagstisch aufgestanden, das Schmorfleisch
stieß ihm auf. Mich gleich bei der Hand fassend, maunzte er: »Eine Frau beginnt
immer von den Händen her zu gefallen...« Er hatte eher Kohlstrünke als Finger.
Seine Glatze glänzte. Väterliches Beklopfen aller möglichen Stellen. Ich entwand
mich, floh in eine Ecke, damit er nicht wieder zu nahe kam, und sang. Er war
begeistert.
    »Sie sind
die perfekte Sängerin! Studieren Sie drei Lieder ein, die Ihnen zusagen, und
dann mit Gott - auf die Bühne damit! Natürlich fehlt es Ihnen noch an Erfahrung,
aber dafür haben Sie das Gewisse, was sich nicht erlernen lässt...«
    Wir
verabredeten uns zu weiteren Konsultationen, er bot an, mich in Fragen von
Repertoire und Stilistik zu beraten. Schwebend verließ ich den Raum. Und
tatsächlich nahm er mich unter seine Fittiche. Als ich das nächste Mal kam,
übten wir ein paar Romanzen ein. Auf dem Flügel lagen irgendwelche Papiere, ein
Umschlag. Mein erster Vertrag, mein erstes Honorar! Beides vor die Brust
pressend, eilte ich zur Schwester. An der nächsten Ecke umarmte ich einen Mast
und küsste ihn - am helllichten Tag!
    Ich trat
also im Kolosseum auf, Taskin rief mich an und fragte: »Wie läuft's,
Bellotschka? Alles gut? Sind Sie zufrieden? Fein. Kommen Sie heute Abend bei
mir vorbei. Ganz wichtig!« Ich ging hin. Die wichtige Sache war, dass ich mich
für

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