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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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sein Haar den Myrten verglichen
und er sie die Syrinx blasen gelehrt, aber wenn sie anfing, in das Rohr zu
hauchen, riss er es ihr weg und ließ selbst die Lippen über die Halme laufen;
und scheinbar zeigte er ihr, was sie falsch gemacht hatte, in Wirklichkeit aber
küsste er Chloe mithilfe der Syrinx recht schicklich ab; später küssten sie
einander, umarmten sich und lagen beisammen, standen aber wieder auf, ohne mehr
getan zu haben. Auch vergaßen sie das Essen nicht und tranken Wein, den sie
mit Milch gemischt hatten. Lykainion rauchte und sprach: Du liebst Chloe,
Daphnis. Das habe ich heute Nacht von den Nymphen erfahren. Im Traum erzählten
sie mir auch von deinen gestrigen Tränen und befahlen mir, dir zu helfen und
dich zu lehren, was man tun muss, wenn man liebt. Das sind aber nicht Küsse und
Umarmungen und das, was Widder und Böcke tun; du liebst die Worte; Worte sind
für dich süßer als Küsse. Dabei verderben sie nur alles. Komm her! Er wollte
etwas sagen, doch sie legte ihm die Hand auf den Mund: Ich weiß schon alles!
Als sie sich von ihm erhob, tropfte das Sperma aus ihr auf seinen Bauch. Sie
nahm es mit der hohlen Hand auf, verrieb es auf ihrer Brust. Die beste Creme!,
sagte sie lächelnd. Dann stand sie auf, hüllte sich in ihr Haar und trat zum
Fenster, wobei es auf dem Parkett seltsam klackte. Sie riss die Vorhänge auf.
Nun erst bemerkte er, dass sie Ziegenhufe hatte. Sie kam zurück, setzte sich
aufs Bett, warf sich die Haare auf den Rücken und schlug die Beine
übereinander. Rauchte noch eine Zigarette, wippte mit dem Huf. Einen Strahl
Rauch ausstoßend, sagte sie: Ich bin gewiss nicht, was du denkst. Nicht die mit
dem Zopf, auch nicht die mit der Sense. Ich bin eine Schwester der
Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit und ich, wir sind Schwestern. Was tut's, dass
ich Paarhufer bin? Bei dir sind einfach noch nicht alle Gefühle im rechten Maß,
manche müssen erst noch wachsen. Du wirst viele Frauen lieben - mehr, als deine
Flöte Halme hat.
    Glaub mir
das, denn ich bin älter als Kronos und alle Zeit. Und Daphnis nimmt die Suche
nach seiner Chloe wieder auf; ein denkender Handschuh ist immer schon
verloren. Das sieht dem Winterland ähnlich, dass ein verlorener Handschuh nach
Ich-weiß-nicht-wohin geht und Ich-weiß-nicht-was sucht. Während im Mlywo alles
ganz überschaubar zu sein hat. Hier der Anfang, da das Ende. Alles
vorherbestimmt durch einen prophetischen Traum. Denn nicht die Weissagung ist
für den Gang der Dinge erheblich, sondern die Flucht nach Ägypten, die zur
Weissagung führt. Und wird am Ende geweissagt, dass wir nach Winterland
zurückkehren, dann tun wir das eben. Ja, wirklich, das gehört alles ganz anders
aufgezogen! Den Handschuh austauschen und die
Geschichte! Also, dann wollen wir mal. Als Erstes die handelnden Personen. Im
Winterland, wenn es taut, kann so ein Fäustling, in eine Pfütze gefallen, sich
die Verwandlung in einen Waschlappen vielleicht noch leisten, ehe die
Nachtfröste ihn hart wie Stahl machen. Im Mlywo ist für Waschlappen von
vornherein kein Platz! Hier setzen sich die Handschuhe unerreichbare Ziele und
gehen mit einer Beharrlichkeit, die kein Sterblicher an den Tag zu legen weiß,
darauf zu - wie der Jägersmann, der den Elch verfolgt, den Sonnendieb. Nur so
wird man eine Sternenloipe hinterlassen! Daphnis muss das Unmögliche versuchen,
dem Reich des Gutbösen die Stirn bieten und es bezwingen, er ganz allein! Nur
im Winterland sind Handschuhe am liebsten beisammen, machen sich gemeinsam
flach, um in eine Tasche gesteckt zu werden - hier hingegen wird alles auf eine
Karte gesetzt! Daphnis muss nicht nur in einem stecken gebliebenen U-Bahn-Wagen
Geburtshilfe bei einer betrunkenen Obdachlosen leisten, die hier zufällig niederkommt,
muss die Nabelschnur mit dem Taschenmesser durchschneiden, das er vorher mit
dem Rest aus der Wodkaflasche dieser Frau desinfiziert hat, muss den neuen
U-Bahn-Bürger in sein Jackett hüllen - das kann jeder, nein: Von seinem
Wagemut, seinem Augenmaß, seiner Flinkheit, seinem Nachdruck, seiner Bürde an
Wissen, vor allem aber seiner Aufopferungsbereitschaft (und das nicht für
irgendeine Chloe, sondern etwas Gewichtigeres, Unsterblichkeit zum Beispiel
oder jenen Denkmalkommandeur, der lieber verdurstet wäre, als Pferdepisse zu
trinken), von ihm also wird etwas ungleich Wichtigeres abhängen, zum Beispiel:
Soll dieses Konstantinopel, sollen Bosporus und Dardanellen wieder den
Orotschen gehören oder nicht? Alaska? Die

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