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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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mächtig sie ist. Ihr verfügt über Einfluß, der über gesetzliche Vorschriften hinausreicht und sie jedenfalls umgehen kann.«
    »Dein Leben muß ziemlich schwierig gewesen sein, Madame. Hinausgeworfen in die Schismatrix , ohne Ressourcen.«
    Sie blinzelte. Ließ porzellanweiße Lider über die Augen sinken wie Jalousien aus Papier. »Es war nicht so schlimm, sobald ich die Kartelle erreicht hatte. Allerdings kann ich auch nicht behaupten, daß es eine Glückssträhne gewesen wäre. Ich habe meine Heimat nicht vergessen können. Die Bäume. Die Gärten.«
    Lindsay schlang die Hände ineinander. Er ignorierte die kribbelnde verschwommene Sinneswahrnehmung, die aus der rechten Hand kam. »Ich darf keinen trügerischen Hoffnungen Vorschub leisten, Madame. Das neotenische Gesetz ist ziemlich unerbittlich und genau. Die Republik hat an Leuten in unserem Alter kein Interesse, an jenen, die in irgendeiner Weise sich über den menschlichen Rohzustand hinweg entwickelt haben. Sicher, ich habe einige Angelegenheiten für die Neoten-Regierung erledigen können. Dazu gehörte etwa die Umsiedlung von Neoten-Bürgern, die das Alter von sechzig Jahren erreicht haben. ›Sterben draußen in der Welt‹, so nennen sie das. Der Migrationsfluß ist strikt in eine Richtung. Es tut mir sehr leid für dich.«
    Die Frau schwieg eine Weile. »Du kennst die Republik gut, Auditor?« An dem Ton der Stimme merkte er, daß sie ihre Niederlage akzeptiert hatte. Jetzt begann sie mit der Jagd auf ihre Erinnerungen.
    »Ich kenne sie gut genug, um zu wissen, daß die Ehefrau des Abélard Lindsay diffamiert wurde. Dein verstorbener Mann gilt dort als Märtyrer des Konservationismus. Und du wirst als mechanistische Kollaborateurin dargestellt, die Lindsay ins Exil und in den Tod getrieben hat.«
    »Wie entsetzlich.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen; erregt sprang sie auf. »Es tut mir sehr leid. Darf ich mal deinen Biomonitor benutzen?«
    »Tränen bestürzen mich nicht, Madame«, sagte Lindsay freundlich. »Ich bin kein Zen-Serotoniker.«
    »Mein Gemahl«, sagte sie. »Er war ein so heller Junge; und wir hatten uns gedacht, wir hätten was Gutes getan, als wir ihm das Stipendium für die Shapers bezahlten ... Ich habe ja nie so recht verstanden, was sie mit ihm dort gemacht haben, aber es war wohl scheußlich. Ich habe mich bemüht, etwas Gutes aus unserer Ehe zu machen, aber er war dermaßen gescheit und glatt und überzeugungsfähig, daß er alles, was ich gesagt oder getan habe, so herumdrehen konnte, daß es irgendwie ganz anders wirkte. Er hat den anderen Entsetzen eingeflößt. Die waren fest davon überzeugt, er würde unsre Welt in Stücke reißen. Nein, wir hätten ihn niemals zu den Shapers senden dürfen.«
    »Ich bin überzeugt, es schien damals aber ein kluger Entschluß«, sagte Lindsay. »Die Republik befand sich bereits im Orbitaleinzug der Mechanisten, und man wollte das Gleichgewicht einigermaßen wiederherstellen.«
    »Aber dann hätten die das ja nicht ausgerechnet mit dem Sohn eines zweitgradigen Verwandten tun dürfen. Es gab massenweise Plebis, die man dorthin hätte senden können, so Figuren wie den Constantine.« Sie preßte einen verschrumpelten Fingerknöchel an die Lippen. »Verzeihung. Das war aristokratische Arroganz. Verzeihung. Verzeih mir, Auditor, ich bin echauffiert.«
    »Aber ja, ich verstehe das«, sagte Lindsay. »Menschen in unseren Jahren lassen sich von unerwarteten Erinnerungen oftmals zu leicht überwältigen. Es tut mir außerordentlich leid, Madame. Man hat dich sicherlich unangemessen behandelt.«
    »Ich danke dir, Sir.« Sie nahm das Papiertuch von dem Hausservoboter entgegen. »Deine Einfühlsamkeit berührt mich sehr tief.« Sie tupfte sich mit vogelhaft pickenden präzisen Bewegungen über die Augen. »Du gibst mir beinahe das Gefühl, als kennten wir uns schon lange.«
    »Ein Trick, den uns unser Erinnerungsvermögen spielt«, sagte Lindsay. »Ich war früher einmal mit einer Frau verheiratet, die dir ziemlich ähnlich war.«
    Ein ausgedehnter Blick ging zwischen ihnen her und hin. Auf einer Ebene unterhalb der Worte wurde vieles gesagt. Die Wahrheit stieß kurz an die Oberfläche, wurde als solche anerkannt und tauchte dann sogleich wieder unter den Zwängen der Versteckspielerei unter.
    »Diese Gemahlin?« sagte sie mit gerötetem Gesicht. »Sie hat dich auf deiner Reise hierher nicht begleitet.«
    »Eine Ehe in Dembowska stellte eine veränderte Sachlage dar«, sagte Lindsay.
    »Ich habe

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