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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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öffnete sich der Ringmuskel eines Loches, und zu zweit sanken sie sacht ein Stockwerk tiefer.
    Unterhalb des Gästehauses befand sich ein technischer und Wirtschaftstrakt. Er hörte arterielles Rauschen und gelegentlich ein eingeweidehaftes Gurgeln aus den nackten Wänden. In pustelförmigen Fleischfalten flackerten Biomonitore.
    »Hier ist ein Gesundheitscenter«, erklärte Murasaki. »Für die Gesundheit der Wandmutter, meine ich. Sie hat eine Bewußtseinsleitung hierher. Und sie kann hier zu dir sprechen. Durch mich. Bitte sei nicht erschrocken.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und hob die dunklen Haarfransen aus dem Nacken, wodurch das punktierte Zwischenglied an der Schädelbasis sichtbar wurde.
    Grünes Entzücken strömte hinreißend grün und wohlig über Lindsay, eine kitzelnde Welle der Neugier. Grünes Entzücken war die superneueste Droge gegen Langeweile, das biochemische Fundament des Erstaunens, bis in seine komplexe Essenz feindestilliert. Mit einer ausreichend starken Dosis konnte man in den Linien der eigenen Hand unendlich erregende Schätze entdecken. Lindsay lächelte in ungespieltem Entzücken. »Wunderschön!« sagte er.
    Murasaki zögerte und blickte ihn fragend an.
    »Bitte störe dich nicht daran, wenn ich dich so anstarre. Du erinnerst mich so stark an deine Mutter.«
    »Und du bist es wirklich, Kanzler? Abélard Lindsay, der Geliebte meiner Mutter?«
    »Kitsune und ich waren immer Freunde.«
    »Und - ich sehe ihr ziemlich ähnlich? So, wie sie damals war?«
    »Klone sind etwas Eigenständiges.« Er sprach beschwichtigend. »Im Ring Council hatte ich einmal eine Familie. Meine Congeneten - meine Kinder - waren Klone. Und ich liebte sie.«
    »Du darfst nicht denken, daß ich nur ein Stück von der Wand bin«, sagte Murasaki. »Die Wandzellen sind chromosomisch geschwächt. Chimärenblastome. Die Wand ist nicht in so vollem Ausmaß menschlich wie das ursprüngliche Fleisch Kitsunes. Oder wie meines.« Sie blickte ihm forschend in die Augen. »Es macht dir doch nichts aus, zuerst mit mir zu sprechen? Ich gehe dir doch nicht auf die Nerven?«
    »Ganz unmöglich, daß du das könntest.«
    »Wir Wandkinder hatten früher bereits Ärger. Manche Fremde behandeln uns, als wären wir Ungeheuer.« Sie entspannte sich mit einem Seufzer der Erleichterung. »Um die Wahrheit zu gestehen, wir sind wirklich ziemlich trübselig hier.«
    Er zeigte seine Sympathie. »Findest du das?«
    »Ach, es ist eben nicht wie im Czarina-Kluster. Dort ist alles viel aufregender, nicht? Immer tut sich was. Piraten. Posthumanisten. Überläufer. Investoren. Ich seh manchmal Bänder von dort. Ich würde so gern auch Kleider haben, wie man sie dort trägt.«
    Lindsay lächelte. »Kleider sehen immer besser aus der Entfernung aus, wenn man sie nicht selbst tragen muß, meine Liebe. Wir Zikader treiben den Kleideraufwand wegen des Gesellschaftsstatus. Das dauert manchmal Stunden mit dem Anziehen.«
    »Auch, aus dir spricht ja nur das Vorurteil, Kanzler Lindsay. Schließlich bist du ja der Erfinder des öffentlichen Stripping!«
    Lindsay zuckte zusammen. Würde ihm dieses Cliche denn ewig anhängen?
    »Ich hab das in einem Theaterstück gesehen«, bekannte das Mädchen. »Goldreich Intrasolar kam auf einer Tournee hier durch. Und die brachten Fernand Vetterlings Pity For the Vermin {15} . Und da zieht sich der Held auf dem Höhepunkt nackt aus.«
    Lindsay empfand Verdruß. Seit Vetterling sich zum ZenSerotonismus bekehrt hatte, waren seine Stücke immer kraftloser und lahmer geworden. Lindsay hätte dem Mädchenkind das erklären können, aber er empfand eine zu dichte schattenhafte Mitschuld an dem tragischen Verlauf, den Vetterlings Karriere genommen hatte. Wegen seiner politischen Einstellung hatte Vetterling Jahre als UnPerson verbringen müssen. Und Lindsay konnte es dem Dramatiker nicht verübeln, daß er sich für den Frieden um jeden Preis entschieden hatte. »Stripping, das ist heutzutage einfach mieser Stil«, sagte er. »Es hat jegliche Bedeutung verloren. Heutzutage machen Leute das, bloß um ein bißchen frischen Wind in eine langweilige Diskussion zu bringen.«
    »Also, ich fand das wundervoll. Obwohl, Nacktsein, das bedeutet ja in Dembowska weiter nicht viel... Aber ich sollte nicht grad dir gegenüber von Theater sprechen. Hast nicht du Kabuki Intrasolar gegründet?«
    »Nein, das war Fyodor Ryumin«, sagte Lindsay.
    »Wer ist denn das?«
    »Ein brillanter Dramatiker. Er ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    »War

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