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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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dieser zweifelhaften Unterkunft hier vorgezogen haben. Dann traten sie ebenfalls ein.
    Murasaki wandte sich an die Gruppe. »Ihr werdet die Herberge mit zwei Reisegruppen von Geschäftsleuten aus Diotima und Themis teilen müssen, aber ihr habt einen Flügel ganz für euch allein. Bitte hier entlang!«
    Sie folgten ihr über einen Steig flacher Elfenbeinimplantate. Eines unter dem Myriaden Herzen Dembowskas, eine fabrikgroße Blutpumpstation, pochte hinter den Deckenrippen. Der doppelte Schlag unterlegte ein leises musikalisches Gurgeln aus einem in die Wand eingelassenen Kehlkopf mit Rhythmus.
    Die Unterkünfte waren eine biomechanistische Mischung. Marktmonitoren glommen in den Wänden und verkündeten das Steigen oder Fallen marktbeherrschender mechanistischer Aktien. Die Einrichtung bestand aus einer Reihe geschmackvoller Höcker und Hängematten: kurvenfreundliche Fleischbetten, die bescheiden mit irisbedrucktem Bettzeug bezogen waren.
    Die weiträumige Suite war durch tätowierungsartig verzierte Hautschirme unterteilt. Der Oberst tippte gegen einen der membranhaften Raumteiler; er glitt wie ein Augenlid nach oben zur Decke hin. Er deutete höflich auf eines der Betten. »Diese Einrichtungsgegenstände sind exemplarisch für die Erototechnologie unserer Wandmutter. Sie sollen eurem Wohlbefinden und eurer Lust dienen. Allerdings obliegt es mir, euch zu informieren, daß unsere Wandmutter sich das Privileg auf Befruchtung vorbehält.«
    Emma Meyer, die sich vorsichtig auf einem der Betten niedergelassen hatte, erhob sich abrupt. »Wie bitte?«
    Der Oberst runzelte die Stirn. »Männliche Samenejakulate gehen in den Besitz der Empfängerin über. Das ist ein altehrwürdiges weibliches Prinzip.«
    »Ach, verstehe.«
    Murasaki kräuselte die Lippen. »Du findest das seltsam, Doktor?«
    »Aber nicht im geringsten«, sagte Meyer bereitwillig. »Es erscheint mir absolut sinnvoll.«
    Die Dembowskanerin fuhr unbeirrt fort: »Alle von euren Männern hier gezeugten Kinder werden Vollbürger von Dembowska. ALLE Wandkinder werden gleichermaßen geliebt und geschätzt. Ich bin zufällig ein perfekter Klon, aber ich habe mir meine Stellung durch Verdienst erworben, in der Liebe der MUTTER. Ist es nicht so, Martin?«
    Der Oberst verstand wohl etwas mehr von diplomatischen Höflichkeiten. Er nickte kurz. »Das Badewasser ist steril und enthält nur ein Minimum an Organismen in gelöster Form. Man kann es ohne weiteres trinken. Die Wasserversorgung ist genito-urinale Technik, aber es handelt sich nicht um Abfallprodukte.«
    Gomez verdunstete Charme. »Als Biotekt bin ich begeistert von eurer einfallsreichen Architektur. Nicht bloß von der technischen Funktionabilität, sondern auch von der raffinierten Ästhetik.« Er hielt inne. »Bleibt uns Zeit genug für ein Bad, ehe das Gepäck eintrifft?«
    Die Zikader brauchten ihr Bad. Die bakterielle Umstrukturierung hatte noch nicht gänzlich Fuß gefaßt, und die blutwarme
    Dembowska-Luft erzeugte ihnen Juckreiz auf der Haut.
    Lindsay zog sich in seinen Bereich der Suite zurück und ließ die Membranwand herab.
    Sogleich veränderte sich sein Tempo. Ohne sein jugendliches Gefolge bewegte er sich in dem ihm angemessenen Rhythmus.
    Er hatte das Bad nicht nötig. Seine gealterte Haut vermochte einer größeren Bakterienpopulation nicht mehr genug Lebensraum zu bieten.
    Er setzte sich auf die Bettkante. Er war müde. Unwillkürlich wurden seine Augen glasig. Lange Zeit verging, in der er einfach nur leer war und überhaupt nichts dachte.
    Schließlich kam er blinzelnd wieder zu sich. Reflexhaft griff er in die Jackentasche und zog einen emaillierten Inhalator hervor. Zwei tiefe Züge von dem Grünen Entzücken, und die Welt war wieder interessant. Er sah sich gemächlich um und erblickte mit Erstaunen einen blauen Kimono vor der Wand. Murasaki trug ihn. Ihr Leib verschwand durch die Tarnung fast völlig vor dem Hauthintergrund.
    »Captain Murasaki«, sagte er. »Ich habe dich nicht bemerkt. Verzeihung.«
    »Ich habe ...« Sie hatte in höflichem Schweigen wartend dagestanden. Lindsays Rang verwirrte sie. »Ich habe den Befehl, dich ...« Sie zeigte zur Tür, einer Fleischfalte in der Wand.
    »Du möchtest mich irgendwohin bringen?« fragte er. »Meine Begleitung kann ohne mich zurechtkommen. Ich stehe dir zu Diensten.«
    Er folgte dem Mädchen in den elfenbeinweißen pelzigen Korridor hinaus.
    Dort hielt sie inne und fuhr mit der Hand über das glatte Fleisch der Wand. Neben ihren Füßen

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