Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Ruin steckt. Im Gegenteil, sie würden sich an euch wenden und um Hilfe bitten.« Er schlürfte seinen Tee. Er schmeckte synthetisch.
    Die alte Frau schwieg, als überlegte sie gründlich. Ihr Ausdruck war sehr falsch. Sie wies kein einziges unmerkliches Zucken der Mundwinkel oder der Augenlider auf, keinerlei Schluckbewegungen, wie sie unweigerlich Begleiterscheinungen menschlicher Denkprozesse sind. Das Gesicht blieb mehr als nur unbewegt. Es war völlig stumpf.
    »Darin liegen gewisse Möglichkeiten«, sagte sie schließlich. »Aber die Bank muß dabei die Kontrolle behalten. Verdeckt, jedoch absolut. Wie könntest du uns da Sicherheit bieten?«
    »Alles wird in euren Händen sein«, versprach Lindsay. »Wir werden meine Firma, Kabuki Intrasolar, als Aufhänger vorschieben. Ihr benutzt eure Kontakte außerhalb des Zaibatsu, wertlose Scheinaktien auf den Markt zu werfen. Ich biete diese Papiere hier auf dem Freien Aktienmarkt an, und eure Bank bleibt unentschlossen und zurückhaltend. Das bietet den Nephrinikern die Möglichkeit, einen Finanzcoup zu landen und die Kontrolle über meine Truppe zu übernehmen. Dann werden fiktive Aktionäre - also eure Agenten - in panischem Schrecken reagieren und die neuen Mehrheitsaktionäre mit Einwendungsklagen und inflationären Angeboten überschütten. Das wird ihrem Selbstgefühl enorm schmeicheln und jegliche Zweifel ersticken.
    Gleichzeitig aber werdet ihr auch ganz offen mit mir zusammenarbeiten. Ihr werdet mir die Schauspieler und Schauspielerinnen liefern; ja, ihr werdet sogar eifersüchtig auf diesem Privileg beharren. Eure Geishas werden jedem Kunden gegenüber von nichts anderem sprechen. Ihr bringt Gerüchte über mich unter die Leute: über meinen Charme, meine brillanten Starqualitäten, meine geheimen Finanzquellen. Ihr deckt und billigt sämtliche meiner Extravaganzen und baut so ein Klima unbekümmerter, ungehemmter leichtfertiger Verschwendungssucht auf. Es wird sich um einen gigantischen Trickschwindel handeln - und die ganze Welt wird darauf reinfallen.«
    Das alte Weib saß stumm da. Ihre Augen blickten glasig.
    Plötzlich brachen die reinen dunklen Töne des Synthesizers ab. Eine gespannte Stille breitete sich im Raum aus. Hinter ihren Keyboards sagte die Geisha leise: »Es wird funktionieren, oder?«
    Er blickte ihr ins Gesicht. Die demütige Sanftheit war verschwunden, als wäre sie eine Schminkeschicht gewesen. Die Dunkelheit der Augen versetzte ihm einen Schock, denn er las aus ihnen das unverhüllte gierige Verlangen eines Raubtiers. Und er wußte sofort, daß sie ihm nichts vorspielte, denn dieser Blick war ganz ohne Rückhalt und Beschönigung. Der Blick war nicht menschlich.
    Ohne es bewußt zu merken, erhob er sich auf ein Knie. Seine Augen hafteten noch immer fest an ihrem Blick. »Ja«, sagte er mit heiserer Stimme. »Es wird klappen, das schwöre ich dir.« Der Boden unter seiner Hand fühlte sich kalt an. Er begriff, daß er - ohne selbst und bewußt die Entscheidung getroffen zu haben - sich halbkriechend auf die Frau zubewegte.
    In lustvoller Verwunderung schaute sie ihn an. »Sag mir, was du bist, Darling. Aber sag mir die Wahrheit.«
    »Ich bin, was du bist«, antwortete Lindsay. »Das Werk der Shapers.« Er zwang sich innezuhalten, sich nicht weiter auf sie hin zu bewegen. Seine Arme begannen zu zittern.
    »Ich muß dir sagen, was sie mit mir gemacht haben«, sagte das Geishamädchen. »Laß mich dir erklären, was ich bin.«
    Lindsay nickte, aber nur einmal. Vor krankhafter Erregung war seine Mundschleimhaut ganz ausgetrocknet. »Gut«, sagte er. »Erzähl es mir, Kitsune.«
    »Sie haben mich den Chirurgen übergeben«, sagte sie. »Sie haben mir den Uterus ausgeräumt und dafür zerebrales Zellgewebe hineingestopft. Gewebetransplantate aus dem Lustzentrum des Hirns, Darling. Ich bin bis zum Arsch und zum Rückenmark und der Speiseröhre verdrahtet, und das ist besser, als wenn ich Gott wäre. Wenn ich in Erregung gerate, schwitz ich Parfüm aus. Ich bin sauberer als 'ne frische steril verpackte Nadel, und aus meinem Körper kommt nichts heraus, was du nicht trinken könntest wie Wein oder essen, als war es Konfekt. Und außerdem haben sie mir auch noch meine Intelligenz gelassen, damit ich auch wüßte, was demütige Unterwerfung ist. Weißt du, was das ist, demütige Unterwerfung, Darling ?«
    »Nein«, sagte Lindsay scharf. »Aber ich weiß, was es heißt, wenn es einem egal wird, ob man stirbt.«
    »Wir sind eben nicht wie die

Weitere Kostenlose Bücher