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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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aussehender Hautausschlag breitete sich fleckig über Kiefer und Hals aus.
    Die zwei Piraten traten in den nächsten Raum. Dort war offenbar ein kombinierter Schlafkojenraum und eine Kommandozentrale mit einem Turm flackernder Videoschirme mitten drin. Einer der Bildschirme verfolgte per Tele eine Gruppe von neun rotgewandeten Piraten, die zu Fuß über den Nordhang zwischen den Ruinen vorsichtig heruntergestiegen kamen.
    »Da kommt der Rest von uns«, sagte die Parlamentsvorsitzende.
    Der Präsident blickte sich um. »Gar nicht so schlecht. Also bleiben wir hier. Wenigstens haben wir hier 'ne luftdichte Unterkunft.«
    Unter einer der Kojen raschelte etwas. Die Vorsitzende hechtete kopfüber unter die Bettstatt. Lindsay schwenkte die Kamera. Es folgte ein heller schriller Schrei und ein kurzes Gerangel; dann tauchte die Frau wieder auf und zerrte ein kleines Kind hinter sich her. Die Vorsitzende hatte das Kind mit einem komplizierten einarmigen Fesselgriff immobilisiert. Sie stellte das Wesen auf die Füße.
    Es war eine dunkelhaarige, wütend dreinblickende, verdreckte, kleine Kreatur von unbestimmbarem Geschlecht. Es hatte eine zurechtgestutzte Uniform der Achten Orbital-Armee an. Es fehlten ihm ein paar Zähne im Mund, und es sah etwa fünf Jahre alt aus.
    »Sie sind also nicht alle tot«, sagte der Präsident. Er ging in die Hocke und blickte dem Kind in die Augen. »Wo ist der Rest von euch?«
    Er ließ ein Messer blitzen. Die Klinge war plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht. »Rede, Bürger! Sonst laß ich dich deine Eingeweide bewundern!«
    »Na, mal halblang!« sagte Lindsay. »So spricht man doch nicht mit einem Kind!«
    »Wen willst damit linken, Bürger? Hör zu, der kleine Schreihals da kann gut und gern achtzig sein. Es gibt Endokrinbehandlungen ...«
    Lindsay kniete sich neben das Kind und versuchte es mit sanfter Freundlichkeit. »Wie alt bist du denn? Vier? Fünf? Was für eine Sprache sprichst du?«
    »Gib's auf«, sagte die Parlamentsvorsitzende. »Da, schaut mal, da ist nur eine kleine Koje. Vermutlich haben die Überwachungsflieger das Wesen da übersehen..«
    »Oder es verschont«, sagte Lindsay.
    Der Präsident lachte zweifelnd. »Klar, Bürger. Aber hör mal, wir könnten das Ding da an die Hurenbankiers verkaufen. Das müßte uns - mindestens - den Gegenwert von einigen Bedienungsstunden bringen.«
    Lindsay protestierte: »Das ist Sklaverei!«
    »Sklaverei? Von was redest du denn da? Werd mir bloß nicht theologisch, Bürger. Ich spreche von der Tatsache, daß ein legal existentes Staatswesen einen Kriegsgefangenen freiläßt und an Dritte überstellt. Eine völlig legale Geschäftstransaktion.«
    »Ich will aber nicht zu den Huren«, quäkte das Kind plötzlich. »Ich will zu den Bauern.«
    »Zu den Farmern?« fragte der Präsident. »Du wirst doch nicht ein Farmer werden wollen, Mini-Bürger. Jemals eine Ausbildung an irgendeiner Waffe mitgemacht? Wir könnten einen Miniaturkiller recht gut gebrauchen, der sich durch die Luftröhren schlängeln ...«
    »Unterschätz diese Farmer nicht«, sagte Lindsay und deutete auf einen der Videoschirme. Ein Haufen von etwa zwei Dutzend Farmern war quer über den Innenhang des Zaibatsu gezogen. Sie luden die Toten der Achten Orbital auf vier flache Zugschlitten, die sie mittels Schultergeschirr voranschleppten.
    »Oh, verreck!« sagte der Präsident. »Die hätte ich gern selber ausgenommen.« Er verzog kläglich grinsend das Gesicht. »Na, man kann es ihnen nicht verübeln, nehm ich an. Steckt schließlich 'ne Menge feines Protein in so 'ner Leiche.«
    »Ich will mit den Farmern gehen«, wiederholte das Kind beharrlich.
    »Laßt es gehen«, sagte Lindsay laut. »Ich stehe in geschäftlichen Verhandlungen mit der Geisha Bank. Ich kann eurer Nation die Aufenthaltsgenehmigung verschaffen. Leicht!«
    Die Parlamentsvorsitzende ließ den Arm des Kindes los. »Kannst du das?«
    Lindsay nickte. »Laßt mir ein paar Tage Zeit, um die Sache auszuhandeln.«
    Sie warf ihrem Ehegemahl einen Blick zu. »Der Typ da, der ist in Ordnung. Ernennen wir ihn zum Außenminister.«
     
    THE MARE TRANQUILLITATIS PEOPLE'S
    CIRCUMLUNAR
    ZAIBATSU: 2-l-'16
     
    Die Geisha Bank war ein älterer Gebäudekomplex, der luftdicht gefirnist und durch ein Labyrinth von glanzpolierten Holzkorridoren und papierenen Gleittüren an den Luftschleusen in seinen Einzelteilen verbunden war. Schon vor dem Zusammenbruch des Zaibatsu hatte hier ein Amüsierbezirk bestanden. Die Bank war stolz auf

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