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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Dietrich Ross, als die Kleinen verschwunden waren. »Und die haben gesagt, sie würden sie sich für später aufheben. Hat schon einmal jemand von Kindern in dem Alter gehört, die sich Süßigkeiten für später aufheben wollen? Was, zum Teufel, wird nur aus der Welt?«
    Lindsay setzte sich und klappte einen Taschenspiegel auf. Aus der Westentasche zog er eine Puderquaste.
    »Du schwitzt wie ein Schwein«, bemerkte Ross. »Bist auch nicht mehr der Kerl, der du mal warst, Mavrides.«
    »Tanz du erst mal vier Sätze, Ross, dann darfst du was dazu sagen, du alter Mogler«, sagte Lindsay.
    »Margaret hat sich schon wieder eine neue Meinung über euren Tafelschmuck gebildet«, sagte Charles Vetterling. Der Ex-Regent hatte eindeutig abgebaut, seit er seinen Posten verloren hatte; er wirkte feist und cholerisch, und die altmodisch kurzgeschorenen Haare wiesen weiße Stellen auf.
    Lindsay schien interessiert. »Und was wäre dies, Madame Kanzlerin?«
    »Das Ding ist was Erotisches.« Kanzler-Generalin Margaret Juliano beugte sich über den Intarsientisch und zeigte auf das Innere der Perspex-Pressionskuppel. Unter der Hülle befand sich ein kompliziertes Skulpturgebilde. Seit die Investoren Lindsay das Ding geschenkt hatten, waren die Spekulationen, was es darstellen könne, wild ins Kraut geschossen.
    Das Geschenk war aus Hydro-Eis geformt und mit schimmerndem gefrorenen Ammoniak platiert. Eine Apparatur unter der Kuppel sorgte für eine konstante Temperatur von 40 Grad Kelvin. Die Skulptur bestand aus zwei länglichen abgeflachten Klumpen, die von feinen Filigranspitzen kristallinen Rauhreifs bedeckt waren. Das Kunstobjekt ruhte auf einer geriffelten Fläche, die möglicherweise einen unvorstellbar eisigen Schlammozean darstellen sollte. Aus dieser Oberfläche ragte an einer Seite ein kleinerer mit Gelenk versehener Knollen, der irgendwie an einen Ellbogen erinnerte.
    »Du siehst doch, es sind zwei Stück«, sagte die shaperische Akademikerin. »Ich glaube, daß die physiologischen ... hm ... Vorgänge geschmackvollerweise unter Wasser verborgen sind. Ich meine natürlich, unter dieser Flüssigkeit.«
    »Sie sehen einander aber nicht besonders ähnlich«, bemerkte Lindsay. »Mir erscheint es als wahrscheinlicher, daß das eine das andere auffrißt. Sofern sie natürlich überhaupt lebendig sind.«
    »Genau, was ich auch gesagt habe«, knurrte Sigmund Fetzko. Der mechanistische Überläufer, bei weitem der älteste Mensch unter den sechs Personen am Tisch, ließ sich erschöpft in seinen Sessel zurücksinken. Worte zu produzieren, fiel ihm schwer, er mußte sie durch Biegung der Rippenspangen unter seiner schweren Jacke hervorquetschen. »Das zweite Ding da hat Grübchen. Schalenkollaps. Saft wird rausgesaugt.«
    Eines der Vetterlingkinder kam herein, um einen ausgeflippten Gyroskopkreisel einzufangen. Vetterling warf Neville Pongpianskul einen Blick zu und wechselte das Thema. Das Kind verzog sich wieder. »Aber es ist eine gute Heirat«, antwortete Pongspianskul. »Mavridische Grazie mit der Entschlußkraft der Vetterlinge: eine furchteinflößende, prachtvolle Paarung. Und Mikhaila Vetterling sieht vielversprechend aus, meine ich; wie war denn ihre Verteilung?«
    Vetterling sagte selbstgefällig: »Sechzig Vetterling, dreißig
    Mavrides und zehn Perzent Garza bei allgemeiner Reziprozitätsabmachung. Aber ich habe dafür gesorgt, daß die Garza-Gene der frühen Vetterling-Linie recht nahekamen. Nichts von diesem neumodischen Jung-Garza-Gepfusche drin. Nicht jedenfalls, bevor es dafür keine Belege gibt.«
    »Die junge Adelaide Garza ist brillant«, sagte Margaret Juliano. »Eins meiner fortgeschrittenen Semester. Diese Superhellen sind wahrlich erstaunlich, Regent. Ein echter Quantensprung!« Mit graziösen Runzelhänden strich sie sich glättend über die Revers ihrer medaillenübersäten Obertunika.
    »Ach, wirklich?« sagte Ross. »Mit der älteren Adelaide war ich irgendwann mal verheiratet.«
    »Was ist aus Adelaide geworden?« fragte Pongpianskul.
    Ross zuckte die Achseln. »Verblichen.«
    Eine unmerkliche Kühle wehte durch den Raum. Lindsay griff ein anderes Thema auf. »Wir haben vor, eine neue Veranda zu bauen. Nora braucht die hier als Büro.«
    »Ach, sie braucht mehr Platz?« sagte Pongpianskul.
    Lindsay nickte. »Amtspflichten. Und das hier ist unser bester Diskretionsraum. Wakefield Zaibatsu hat die Entwanzung durchgeführt. Sonst müßten wir die Kammerjäger erneut holen; das würde den ganzen Haushalt

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