Schismatrix
ja?« Sie lächelte ihn an. »Du siehst großartig aus.«
Lindsay fuhr sich mit der Mechanohand über die grauen Haarlocken. Die stählernen Knöchel blitzten von gefaßten Zuchtedelsteinen; die Drahtsehnen funkelten von eingewebten Faseroptiksträngen. Er trug den formellen Ornat eines Goldreich-Tremaine-Kosmosity-Akademikers, das gefältelte Oberkleid, dessen Aufschläge von Rangabzeichen strotzten. Die Kniehosen waren von einem intensiven Kaffeebraun. Braune Strümpfe nahmen seiner Aufmachung durch einen Hauch von Perlmuttschimmer die Feierlichkeit. »Ich habe mit der Braut getanzt«, sagte er. »Ich vermute, ich habe die Leute ein bißchen verblüfft.«
»Ich hab die Beifallsrufe gehört, Lieber.« Sie nahm lächelnd seinen Arm und schob ihm die Hand über den Ärmel oberhalb seiner künstlichen Ulna aus Stahl. Sie verließen den Garten.
Im Patio draußen tanzten der Bräutigam und die Braut kopfunter an der Decke. Ihre Beine flitzten gelenkig in den und aus dem Tanz-Rig, einem weiten Takelagekomplex aus gepolsterten Fußschlaufen für die Bewegung in Minischwerkraft. Lindsay beobachtete die Braut, und ein Glücksgefühl, das beinahe schmerzhaft war, durchströmte ihn.
Kleo Mavrides. Die junge Braut war eine Klon der Toten und hatte mit ihr nicht nur den Namen, sondern auch die Genstruktur gemein. Es gab Augenblicke, in denen Lindsay das Gefühl hatte, daß hinter den glückstrahlenden Augen der jüngeren Kleo ein viel älterer Geist lauere, so wie ein Klang in einem Kristallglas noch nachschwingt, nachdem es zu tönen aufgehört hat. Er, Lindsay, hatte sein Möglichstes getan. Vom Zeitpunkt ihrer Herstellung an war Kleo-die-Jüngere Objekt seiner besonderen Aufmerksamkeit und Fürsorge gewesen. Nora und er hatten in diesen Wiedergutmachungsbestrebungen eine gewisse Befriedigung erfahren. Es ging um mehr als bloße Buße. Sie hatten sich viel zuviel schmerzliche Mühe gegeben, als daß so simple Begriffe wie Sühne und Wiedergutmachung noch passend gewesen wären. Nein, es war Liebe.
Der Bräutigam tanzte kraftvoll; er hatte den etwas tapsigen bärenhaften Körperbau, der alle Vetterling-Geneten auszeichnete. Fernand Vetterling war ein talentierter Mann, hervorragend sogar in dieser Gesellschaft von Genialen. Lindsay kannte ihn seit zwanzig Jahren: als Dramatiker, Architekten und Angehörigen der »Clique«. Vetterlings schöpferische Energie erfüllte Lindsay noch immer mit einer Art Ehrfurcht, vielleicht sogar gedämpfter Furcht. Wie lange würde die Eheverbindung halten, überlegte er sich, zwischen Kleo mit ihrer bezaubernd flüchtigen oberflächlichen Grazie und dem nüchternen Vetterling mit seinem Hirn, das so scharfgeschliffen war wie eine Stahlaxt? Die Verbindung war gleichermaßen eine Staatsaktion wie eine Liebesheirat. Und großes Kapital war investiert worden. Wirtschaftliches und genetisches.
Nora führte ihn durch die Menge der Kinder weiter, die Tempo in wirbelnde Gyroskope peitschten, wozu sie zerbrechlich-zarte geflochtene Schnüre verwendeten. Wie gewöhnlich schien Paolo Mavrides zu gewinnen. Das Gesicht des Neunjährigen erstrahlte hell von übernatürlicher Konzentration. »Stoß bloß nicht an mein Rad, Nora«, sagte er.
»Paolo hat gewettet«, sagte Randa Vetterling, eine muskulöse Sechsjährige. Sie grinste boshaft und zahnlückig, wo die Schneidezähne noch nicht gewachsen waren.
»Na - und wenn schon«, sagte Paolo, ohne aufzublicken. »Und Randa ist 'ne Petze.«
»Spielt anständig«, sagte Nora. »Und seid den Senioren nicht lästig.«
Die Altgenetischen saßen um einen Boule-Tisch in Lindsays Veranda, in dessen intarsienverzierter Mitte ein Tafelschmuck der Investoren-Produktion prangte. Sie unterhielten sich ausschließlich per Luego , einer Sprache, die für das unerfahrene Auge ausschließlich aus Blicken aus den Augenwinkeln zu bestehen schien.
Lindsay nickte und warf einen Blick unter den Tisch. Dort hockten zwei Kinder und spielten im Tandem mit einer langen Schnurschlaufe. Unter Benutzung ihrer vier Hände und der größten Zehen hatten sie ein kompliziertes verwinkeltes Fadenmuster geschaffen. »Sehr hübsch«, sagte Lindsay. »Aber jetzt verzieht euch und spielt eure Spinnenspielchen woanders.«
»Schon recht«, sagte das ältere Kind mürrisch. Bemüht, ihr Gespinst nicht zu zerstören, schlängelten sich die Kinder auf Fersen und Zehen und mit schnurumspannten vorgestreckten Händen auf die offene Tür zu.
»Ich hab ihnen ein paar Bonbons gegeben«, sagte
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