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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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auf den Kopf stellen.«
    »Baut ihr auf Kredit?« fragte Ross.
    »Aber klar doch«, sagte Lindsay.
    »Verdammt zuviel heißer freier Kredit auf dem Markt im G-T heutzutage«, sagte Ross. »Ich halte davon gar nichts.«
    »Aaach, Ross«, sagte Vetterling, »du hast doch in deinem Loch seit achtzig Jahren nichts mehr verändert. In diesen Rattenlöchern im Zentrum kann man sich ja nicht mal umdrehen. Nimm dir ein Beispiel an uns Vetterlingen, nur mal so! Der Bräutigam hat uns grad vorhin die Detailpläne für einen neuen Komplex von Ballonhabitaten ...«
    »Von den Teutonen gebauter Mist«, urteilte Ross vernichtend. »G-T ist heute sowieso überbevölkert. Gibt viel zuviel junge Hechte im Teich. Riecht zwar alles ganz gut, momentan, aber der Knall hängt schon in der Luft, ich kann ihn richtig spüren. Und wenn es dann soweit kommt, zieh ich hier meinen Einsatz raus und verdrück mich pronto auf die Kometarien. Ist sowieso schon viel zu lange her, daß ich mein Glück auf die Probe gestellt hab.«
    Pongpianskul warf Lindsay einen Blick zu und übermittelte durch die Anordnung seiner runzeligen Augenlider die belustigte Verachtung, die er für das beständige Geprahle von Ross empfand, der sich für ein notorisches Glückskind hielt. Ross hatte vor einem Jahrhundert Glück gehabt und war auf eine Goldmine gestoßen, und seitdem hatte er dafür gesorgt, daß auch ja niemand dies vergessen konnte. Und obgleich er beständig andere zu Hazardeinsätzen verleitete, beschränkte sich seine eigene Risikofreudigkeit fast ausschließlich auf die Auswahl der bizarren Westen, die er trug.
    »Ich habe einen Clique-Kandidaten«, sagte Vetterling. »Sehr wohlerzogen, redegewandt. Carl Zeuner.«
    »Ach, der Stückeschreiber?« sagte Margaret Juliane »Also, ich bin von seinen Arbeiten nicht besonders begeistert.«
    »Du willst damit sagen, er ist kein Detentist«, sagte Vetterling. »Er paßt dir nicht in deinen Pazifismusspleen, Margaret. Mavrides, ich glaube, du kennst den Typ?«
    »Wir sind einander begegnet«, sagte Lindsay.
    »Zeuner, der ist doch ein Faschist«, sagte Pongpianskul. Dieses Thema wirkte wie ein galvanischer Strom auf den ältlichen Doktor; eifrig beugte er sich nach vorn und flocht die Hände ineinander. »Der ist einer von Philip Constantines Leuten. Er hat Jahre in der Republik zugebracht. Bekanntlich die Spielwiese für ShaperImperialisten.«
    Vetterling runzelte die Stirn. »Beruhige dich, Neville. Ich kenne die Concate-Nation; schließlich bin ich dort geboren. Die Arbeit, die Constantine dort jetzt leistet, die hätte vor hundert Jahren bereits getan werden müssen.«
    »Du meinst, daß er seine Gartenwelt mit bankrotten Killern vollstopft?«
    »Daß er der Shaper-Gemeinschaft eine Neue Welt zuführt ...«
    »Nichts weiter als purer kultureller Völkermord.« Pongpianskul hatte gerade eine Rejuvenationsbehandlung hinter sich; sein hagerer Körper bebte von ungewohnter Energie. Lindsay hatte ihn nie gefragt, welche Technik er bevorzugte; jedenfalls wurde seine Haut davon glatt, aber lederartig und nahm eine seltsam trübstaubige Färbung an, wie es sie natürlicherweise nicht gab. Die Haut über den Knöcheln war derart stark gerunzelt, daß sie kleine Rosetten bildete. »Die Circum-Lunarische Republic sollte als ein Kulturhistorisches Museum erhalten bleiben. Das wäre eine vernünftige Politik. Wir brauchen die bunte Vielfalt; und nicht alle Gesellschaftssysteme, die wir bilden, können durch Zusammenhalt bewahrt werden.«
    »Neville!« Sigmund Fetzko sprach betont gewichtig. »Du redest, als wärest du noch ein Knabe.«
    Pongpianskul lehnte sich zurück. »Ich gestehe es ein. Ich habe nach meiner letzten Verjüngungskur mir wieder mal meine alten Reden durchgelesen.«
    »Und deswegen bist du ja auch dann der Säuberung unterworfen worden«, sagte Vetterling.
    »Wegen meiner Neigung zum Antiken? Ach, meine Reden sind doch inzwischen antike Relikte. Nur, Freunde, die Probleme, die haben wir noch immer hier und heute. Gemeinschaft und Anarchie. Politisches Handeln bringt die Dinge einander näher; die Technologie treibt sie wieder auseinander. Kleine Enklaven, geschützte Nischen wie die Republik, sollten intakt erhalten werden, unberührt, unbeeinflußt. Und zwar deshalb, damit eines Tages, wenn wir uns mit unserer Herumpfuscherei selbst umgebracht haben, noch jemand da ist, der die Scherben aufsammelt.«
    »Da ist immerhin noch die Erde «, sagte Fetzko.
    »Barbaren hatte ich in mein Kalkül eigentlich

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