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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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zimperten so dahin und wollten und wußten nicht so recht. Und jetzt ist ihnen alle Macht aus den Händen geglitten. Sie sind nichts weiter, jetzt, als Klientenstaaten, abhängige Satelliten, Kolonialreiche.«
    »Und du glaubst, wir werden siegen? Wir, Doktor, wir, die Shapers?«
    »Ja.« Constantine bedachte den Mann mit einem seiner seltenen strahlenden Lächeln. »Denn wir haben begriffen, worum es in diesem Kampf wirklich geht. Um das Leben. Ich will damit nicht sagen, daß die Mechs völlig untergehen werden. Nein, die können durchaus noch ein paar Jahrhunderte lang so weiterstolpern. Aber ... sie werden abgeschnitten sein, werden den Zug verpassen. Sie werden Cyborgs sein und nicht lebendiges organisches Fleisch. In einer Sackgasse, weil dahinter kein biologischer Wille steckt. Keine moralisch-sittliche imperative Forderung. Bloße mechanistische Programmierbarkeit. Ohne Phantasie und ohne - Geist.«
    Der Dramatiker nickte. »Gesundes ideologisches Denken. Nicht das Zeug, das man derzeit in Goldreich-Tremaine zu hören bekommt. Detentistisches Friedensgesäusle. Slogans von der ›Einigkeit in der Vielfalt‹, und sämtliche Parteiungen finden sich in einer breiten, umfassenden Schismatrix zusammen. Die Menschengattung rückt wieder dichter zusammen, angesichts der Außerirdischen, der Aliens.«
    Constantine rutschte in seinem Sessel herum und gelangte dadurch in den unerlaubten Genuß einer Rückenmassage an dem Kissen. »Diese rhetorische Argumentation ist mir bekannt. Ich hab sie auf der Bühne gehört. Dieser Produzent, den du beiläufig erwähntest ...«
    »Mavrides?« Zeuner stieg heiß darauf ein. »Die sind ein potenter Clan. Goldreich-Tremaine, Jastrow Station, Kirkwood Gap. Sie haben nie direkt einen ihrer Genetics im Council gehabt, aber sie sind genverbunden mit den Garzas und den Drapers und den Vetterlings. Und die Vetterlings verfügen über Autorität.«
    »Aber dieser Mann ist durch Heirat ein Mavrides, sagtest du. Ein Nicht-Genetischer.«
    »Ein Euniquermann, meinst du? Stimmt. Es ist ihm nicht gestattet, sein Genmaterial in die Familienlinie einzubringen.« Zeuner genoß es, diesen saftigen Skandalhappen zu servieren. »Außerdem ist er das Schoßhündchen der Investoren. Und ein Cepheid.«
    » Cepheid? Du meinst, er hat einen Kapo-Rang bei der Staatssicherheit?«
    »Sein Titel ist: Captain-Doktor Abélard Mavrides, C.-Dr. phil. Ein ziemlich niederer Grad für jemanden von seinem Alter. Früher mal war er ein Sundog, ein Kometenkumpel, sagt man. Den Außerirdischen ist er am Saum des Systems begegnet und hat sich irgendwie in ihr Vertrauen hineingeschwänzelt ... Diese Leute waren erst ein paar Monate da, als sie schon diesen Mavrides und seine Frau nach Goldreich-Tremaine holten. In einem ihrer Sternschiffe! Und seitdem schafft er einen Erfolg nach dem andern. Großkonzerne reißen sich um ihn als Unterhändler mit den Aliens. Er lehrt Investor-Kunde an der Uni, und er spricht ihre Sprache perfekt. Außerdem ist er wohlhabend genug, seine Vergangenheit im dunkeln zu lassen.«
    »Shapers von Altem Schrot und Korn legen großes Gewicht auf die Anonymität ihres Privatlebens.«
    Zeuner zog ein finsteres Gesicht. »Er ist mein Feind. Er hat meine Karriere verhindert.«
    Constantine dachte darüber gründlich nach. Er wußte mehr über Mavrides als Zeuner. Er hatte Zeuner ganz zielbewußt rekrutiert, weil er sich klargemacht hatte, daß Mavrides zwangsläufig Feinde haben müsse, und daß es viel bequemer sein werde, diese ausfindig zu machen, als sie erst heranzuzüchten.
    Zeuner - das war ein Frustrationsprodukt. Sein erstes Stück war ein Flop; das zweite kam nie auf die Bühne. Er hatte keine Ahnung von den Machenschaften, die dieser Mavrides und seine Mitternachtskumpanei hinter den Kulissen inszenierten. Zeuner war scharf antimechanistisch; seine Gen-Linie hatte während des Krieges grausame Verluste erlitten. Die Detentisten waren ihm ein Greuel.
    Deshalb hatte Constantine ihn zu becircen versucht. Er hatte Zeuner durch das Versprechen freien Zugangs zu den Theaterarchiven zur Emigration in die »Republik« verlockt, ihm eine lebendige Schauspieltradition vorgegaukelt, die Zeuner studieren und für sich auswerten können würde. Der Shaper war ihm dankbar, und eben wegen dieser Dankbarkeit wurde er zu einem Bauern in Constantines Spiel.
    Constantine schwieg. Dieser Mavrides beunruhigte ihn. Der Mann hatte seinen Einfluß wie ein Pilzmyzel durch ganz GoldreichTremaine vorangetrieben

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