Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
Vom Netzwerk:
supermännlichen Filmstar für das Alpha-Team propagierte, mit der Begründung, er habe in seinen dreißig Filmen schon schlimmere Katastrophen gemeistert. Viel zu vielen war es damit völlig ernst. Beauregard Boyce Lee, der feuerspeiende Prediger, war ebenfalls ein hochfavorisierter Kandidat, desgleichen mehrere Senatoren, zwei Journalisten, eine Fernsehmoderatorin und ein konsumkritischer Rechtsanwalt. Die Tatsache, daß diese Leute überhaupt genannt wurden, war ein Beweis für das Vertrauen, das die Öffentlichkeit in sie setzte; allerdings war es nicht gerade ein Zeichen für gesunden Menschenverstand.
    Amerikanische Astronauten und russische Kosmonauten hatten überall in der Welt ein bestimmtes Image. Die Russen waren klein, untersetzt, phlegmatisch, wortkarg, »bäuerlich« und hart. So waren sie seit den fünfziger Jahren immer gewesen. »Sie sehen alle wie Gagarin aus – auch die Frauen«, so hatte Py Rudd einmal – und nicht eben diplomatisch – geäußert.
    Doch das amerikanische Astronauten-Image hatte sich gewandelt. In den fünfziger und sechziger Jahren waren sie nahezu überall gleich gewesen: kompakt, mit kurzgeschnittenem Haar, vorstehendem Unterkiefer, klargeschnittenen Gesichtszügen, loyal, patriotisch, Teamarbeiter. Wenn das auch in Wirklichkeit nicht alles zutreffen mochte, so war es doch der allgemeine Eindruck, das Image. Als in den siebziger Jahren Interesse und Aktivität zurückgingen, kümmerte sich keiner mehr groß um die Astronauten. Doch als in den Achtzigern das Raumfährenprogramm wieder auflebte und die Vereinigten Staaten, wenn auch zögernd, die Fühler nach anderen Planeten ausstreckten, merkte die Öffentlichkeit, daß sich der alte Typ gewandelt hatte.
    Bei den Mars-Astronauten und Raumfährenpiloten, sogar bei den Mondbasis-Teams gab es schon ethnische Unterschiede, und seit den späten siebziger Jahren auch Frauen, Schwarze, Chicanos {3} , sogar ein homosexueller Astronaut – der einzige – hatten das WASP-Image endgültig gewandelt. Lisa Banders Schönheit lag durchaus in den Grenzen der etablierten NASA-Tradition, denn einige der allerersten Astronautinnen waren ausgesprochen schöne Frauen gewesen.
    Doch nicht ihrer Schönheit wegen war Lisa in die Teamlisten gelangt, sondern wegen ihrer Leistungen. Bei den regelmäßigen Team-Auswertungen, einer Routine-Prozedur, hatte sie immer sehr gut abgeschnitten. Die Astronauten waren bei der Werteinstufung so ehrlich wie möglich und bemühten sich, persönliche Sympathien und Antipathien weitgehend auszuschalten, schon deshalb, weil man sich Minuspunkte wegen mangelnder Urteilsfähigkeit einhandeln konnte, wenn man einen frisierten Beurteilungsbogen abgab. Innerhalb des NASA-Komplexes – und bald auch außerhalb – bildeten sich regelrechte Wettgemeinschaften; und wenn der Wettkurs eines Astronauten stieg oder fiel, gab das Anlaß zu allerlei Scherzen. Doch die Spannung war sehr groß, denn von der Teamwahl hing nicht nur die eigene Karriere ab, sondern höchstwahrscheinlich auch das Leben aller Erdbewohner.
    Eines Tages fand Lisa eine Ablichtung mit der Überschrift »Richtlinien für die Auswahl der Schiwa-Teams« auf ihrem Schreibtisch. Sie war etwas schockiert, mußte aber dennoch lachen, und erfuhr, daß Hunderte dieser Blätter verteilt worden waren. Die »Richtlinien« lauteten wie folgt:
    1. Wenn Sie Carl Jagens sind, brauchen Sie nicht so furchtbar tüchtig zu sein; Ihre Kumpels werden Sie schon durchkriegen.
    2. Bestimmte ethnische Typen sollten von vornherein zurücktreten: einen polnischen Helden glaubt kein Mensch. (Ein polnischer Papst war schon schlimm genug.)
    3. Politischer Einfluß muß als kontraproduktiv betrachtet werden, denn der ist völlig in der Hand Carls des Großen.
    4. Können Sie über jemanden nichts Gutes sagen, so zögern Sie keinesfalls.
    5. Tun Sie anderen das, was diese Ihnen tun würden – aber tun Sie es zuerst.
     
    Diego las nicht weiter. »Ich finde das gar nicht komisch«, murmelte er, knüllte das Blatt zusammen und warf es zielsicher in den Papierkorb. Mißgestimmt sah er Lisa an. »Beide werden sie uns wohl nicht nehmen. Wahrscheinlich fällt die Wahl nur auf dich.«
    »Als weibliches Maskottchen?«
    »Vielleicht. Aber nicht uns beide. Soviel Glück haben wir nicht.«
    »Ach, hör auf zu schimpfen. Gehn wir lieber auf eine Party.«
    Doch an diesem Abend waren keine Partys in den Basen, das Kino hatte auch nur einen alten Film, und aus dem Vordertor kam man nicht heraus.

Weitere Kostenlose Bücher