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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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eventuelle Ionisation innerhalb des Schiwa-Schwarmes. Over.«
    »Omega I, wir arbeiten daran. Dergleichen ist zu erwarten, und wenn sie kommt, wird sie die Kommunikation beeinträchtigen, darüber sind wir uns klar. Der Empfang wird natürlich schwach sein, aber wir hoffen…«
    Wir hoffen. Immer hieß es »wir hoffen«, »wir nehmen an«, »wir glauben«, »wir rechnen das hoch«. Blinde, die über den Rand des Ozeans segeln. Wie wenig wir wissen, dachte sie. Intuition. Schätzungen. Annäherungen. Wissenschaftliche Hexerei. Wie furchtbar wenig wir wissen. Ameisen, die den zutretenden Fuß aufzuhalten versuche. Aber Ameisen, die beißen können – bei diesem Gedanken mußte sie plötzlich lächeln.
    »… halten Sie uns also auf dem laufenden, Omega I. Over.«
    »Jawohl, Houston. Ende.«
    Lisa starrte in die Sterne. In die Dunkelheit jenseits der Bordlichter…

17. Mai: Kollision minus 8 Tage
     
    Es war kurz vor sieben. Schlapp und müde lag Lisa auf ihrem Liegesitz und sah unter halbgeschlossenen Lidern auf die Uhr. In ein paar Stunden würden es vier Tage sein. Vier Tage Schwerelosigkeit, Spannung und Langeweile – die schlimmste Kombination, die es geben konnte –, vier Tage Akzeleration und dann der schublose Anflug. Eine Handvoll Objekte, dem Eindringling entgegengeworfen.
    Klick. Vier Tage. Hurra.
    Nino Solari hatte sich abgewandten Gesichts zusammengerollt. Ohne die gewohnten Experimente, Beobachtungen und pflichtmäßigen Tätigkeiten machte es überhaut keinen Spaß, in einer Kiste so groß wie zwei oder drei Telefonzellen durch den Weltraum zu fliegen. Zwischen Lisa und Nino gab es weder Spannungen noch Schwierigkeiten; dazu waren sie zu sehr Profis, zu gut ausgebildet, zu erfahren. Aber andererseits war daran auch nichts Aufregendes.
    Musik müßte man haben, dachte sie, irgendeine Musik, Stimmungsmusik. Wenn sie den Film drehen, wird das alles dabei sein. Die Zeit vom take-off bis kurz vor Schiwa würden sie einfach ausblenden. Den ganzen langweiligen Kram weglassen. Wäre das nicht nett, wenn man die ganze uninteressante, blöde, eintönige Zwischenzeit ausblenden könnte? Musik in der Luft, damit man immer weiß, was kommt: etwas Böses oder eine Liebesszene oder die wirklich kritische explosive Situation. Bei den Filmen über Raumfähren wurde es ja so gemacht. Wenn der Vorgang überhaupt gezeigt wurde, dann auf wunderbare Weise abgekürzt, ohne die langen Checklisten, die Wartezeiten, die langweiligen Stunden. Einfach so: hineinspringen, Abschuß, Bildwechsel: Weitwinkelaufnahme des aufsteigenden Schiffes, vielleicht ein Spot auf die angespannten Gesichter der Piloten, dann die Stimme eines Sprechers, der verkündet, der Orbit sei erreicht, und eine hübsche Aufnahme von einem Flugkörper, der grade aus der Station kommt, oder einem, der mit Sonderauftrag Kurs in die Sterne nimmt. Nun – das hier war sicherlich ein Sonderauftrag.
    Ein Bildschirm flimmerte auf, und sie blickte hin. Die Radarortung Schiwas war unsauber, wirr und gefährlich instabil. Sie navigierten immer noch nach den Daten des Thales Center, die auf Hochrechnung anhand der Angaben diverser optischer Teleskope beruhten. Der Kern – der große Felsen – war immer noch unbekannt. Alpha war voraus, aber seine Position war nicht viel besser; auch sein Radar war immer noch undeutlich. Doch die Alpha-Schiffe begannen bereits, ihre Geschwindigkeit zu vermindern, abzubremsen und mit Schiwa gleichauf zu kommen.
    Der Spannungszustand blieb; es war wie ein bloßliegender Nerv inmitten eines Haufens Mehl – ihrer Langeweile. Sie flogen weiter, unsicher, voller Angst, unter dem schweren Druck ihrer Verantwortung. Lisa kam sich sehr unzulänglich vor.

18. Mai: Kollision minus 7 Tage, 22 Stunden
     
    »Mrs. Carr, Sie müssen den Präsidenten dazu bringen, daß er nach Colorado übersiedelt.« Murrays kluge Augen bohrten sich in die ihren.
    »Ich habe ihn daraufhin angesprochen, Mr. Murray, aber…« Lächelnd zuckte sie die Achseln. »Er hat einen harten Schädel.«
    »Sie sind die einzige.« Sie standen bei der Tür zum Bankettsaal. Präsident Knowles befand sich weiter hinten in der Halle, außerhalb des elliptischen Blauen Saales, und sprach mit dem indischen Gesandten, der seit drei Tagen keine Nachricht aus seinem Land hatte und dem Nervenzusammenbruch nahe war. »Wenn Sie gehen, geht er auch.«
    »Aber ich will bei ihm sein.« Fest und grade blickte sie Murray in die Augen. »Er braucht mich.«
    »Das Land braucht ihn, Barbara.«

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