Schiwas feuriger Atem
tief in Gedanken zu sein schien. »Gehen Sie mit?« fragte er McNellis und Rogers.
»Wäre schön blöd, wenn ich’s nicht täte«, erwiderte Rogers, »ich will hier raus.«
»Kein Grund anzunehmen, daß Teller sicherer ist als hier«, gab McNellis zu bedenken.
»Teller ist eine Festung«, sagte Rogers ärgerlich, »atomsicher gebaut…«
McNellis zuckte die Achseln. »Ich glaube, ich bleibe hier.«
Auch Rogers zuckte die Achseln und stand kopfschüttelnd auf. »Hab schon immer gefunden, daß der da ’n bißchen komisch im Kopf ist«, sagte er.
»Und Sie, Murray?« fragte McNellis.
»Ich bleibe.« Er sah Higby an, dessen Miene sich nicht verändert hatte. »Tut mir leid für Sie, Bruce.«
»Ist schon gut, Mr. Murray«, entgegnete dieser. »Ich werde dann losgehen und die Befehle des Generals weitergeben.« An der Tür blieb er stehen.
»Hm – viele werden schön froh sein, daß sie hier wegkommen.«
»Ja«, sagte Murray nur. Higby wollte etwas erwidern, schwieg aber und ging.
Murray und McNellis blieben noch sitzen, bis die beiden Adjutanten, die bisher nichts gesagt hatten, draußen waren. Murray seufzte. Ich muß noch mal mit Barbara Carr sprechen, dachte er; es gibt noch eine Chance.
»Blühen eigentlich die Kirschbäume?« fragte McNellis.
Leise überrascht blickte Murray auf. »Keine Ahnung. Ich hatte… äh… zu tun.«
McNellis seufzte resigniert. »Bin gestern dran vorbeigefahren und hab’s nicht gesehen – stellen Sie sich bloß mal vor! Weiß nicht, ob’s gestern oder voriges Jahr war, daß ich sie habe blühen sehen. Und dabei sehen sie doch wunderhübsch aus, wenn sie blühen, hm?« Murray nickte. »Wir müßten auch so einen Kirschblütentag haben wie die Japaner, finden Sie nicht auch, Murray?«
Murray hatte gar nicht hingehört, aber er nickte wieder. Warum läßt der Präsident nicht vernünftig mit sich reden? dachte er. Es war einfach Wahnsinn hierzubleiben, wenn man wußte, was alles passieren konnte.
21. Mai: Kollision minus 4 Tage, 13 Stunden
Jagens starrte aus dem Bullauge. Das Kabinenlicht war ausgeschaltet, und die einzige Beleuchtung kam von einer Anzahl farbiger Kontrollampen und einem kleinen Textschirm mit seinem ständigen Monolog von Wörtern und Ziffern. Mir ist nach Unterhaltung, dachte er, aber bestimmt nicht mit General Menschow. Verdammter Ruski. Wie er überall hinglotzt, hinhört, analysiert, alles einsaugt, was wir wissen! Vielleicht sollte ich für den Roten General einen kleinen Unfall arrangieren. Wäre das Beste auf lange Sicht. Aber dann müßten wir die anderen auch abservieren. Verflucht riskante Sache.
Aber diese ganze Geschichte war riskant. War dieser fliegende Berg überhaupt aufzuhalten, selbst mit der größten verdammten Bombe, die je gebaut worden ist? So vieles konnte schiefgehen. Man operierte mit einem so schmalen Datenband. Das OAO, das Thales und so viele andere konnten sich irren. Eine Zentisimalstelle hier, eine andere da – »tut uns ja so leid, bitte sehr, böser Fehler, ja«.
Was mochte Lisa Bander machen? Wird wohl schlafen, wie die anderen auch. Oder vielleicht konnte sie auch nicht schlafen, wie er? Vielleicht starrte sie in den bestirnten Himmel hinaus und versuchte, den Schwarm vor dem Hintergrund der Sterne auszumachen. Sie war gar nicht so übel. In allem fast so gut wie ein Mann. Aber, das wußte er genau, im Allerletzten konnte man sich nicht auf sie verlassen. Die Frauen, mit denen er privat oder dienstlich zu tun gehabt hatte – alle hatten sie ihn so oder so im Stich gelassen. Warum sollte Lisa anders sein, bloß weil sie auch Astronaut war?
Die erste, aber nicht die letzte war seine Mutter gewesen – einfach abgehauen war sie, hatte ihn mit einem Tyrannen von Vater allein gelassen, war eine bessere Nutte geworden, er hatte sich ihrer geschämt. Und doch hatte sie ihm geholfen, wenn auch unabsichtlich. Stark, unabhängig hatte sie ihn gemacht, hatte ihm die Angst vor dem Alleinsein, dem Alleinhandeln genommen. Und auch der tyrannische Vater hatte ihn stärker gemacht. Er hatte stark sein müssen, um seine Persönlichkeit gegen diesen kraftvollen, aggressiven Menschen zu verteidigen, der immer recht hatte, nie zugeben wollte, etwas Falsches oder Unrechtes getan zu haben. Dieser Konflikt war das Feuer, an dem er, Carl, sich geschmiedet hatte. So sah er es heute.
Seine Mutter war eine schwache Frau gewesen. Das hatte er gewußt. Ihre Reaktion auf den starken Vater war Labilität, Verbergen, Flucht. Seine Reaktion
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