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Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Titel: Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Berg-Peer
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beweist mir, dass das Dinner längst hätte da sein müssen, aber nicht kam, und dass es jetzt bis Chennai nichts mehr gibt und sie außerdem rauchen will und es ohne Essen bis Chennai nicht aushält. Ich finde noch ein verbogenes kleines Weißbrotdreieck, das wir in Brüssel für € 7,50 als Masala-Sandwich gekauft hatten. Alles ist wieder gut, ich empfehle ihr einen arabischen Film, der ihr gefällt, und dann kommt auch schon der liebenswürdige Flugbegleiter und fragt, ob sie »veg« oder »non/veg« zum Dinner haben möchte und ob sie vielleicht sofort eine Cola möchte. Damit ist der Rest des Fluges wieder entspannt und schön. Am Flughafen empfängt uns ein fröhlicher Fahrer mit weißen Zähnen und einem blütenweißen Hemd, der unsere Kofferlandschaft klaglos in seinen ebenso strahlend weißen Van hievt. Seine Züge verdüstern sich lediglich, als Lena sich eine Zigarette anzündet. Er guckt mich kurz vorwurfsvoll an, zeigt aber sofort wieder sein höfliches Lächeln. Später erfahre ich, dass keine noch so emanzipierte Inderin vor ihren Eltern rauchen würde. Eine anständige Frau tut so etwas nicht. Das tun nur »working girls«. Aber selbst wenn Lena das wüsste, könnte ihr nichts gleichgültiger sein. Sie raucht fröhlich weiter und freut sich auf das erste echte Curry.

Strahlende Kellner und Chilisauce zum Frühstück
    Der Morgen ist so, wie ich es mir von einer Reise in das ferne Indien erhofft habe: Ich trete aus dem Zimmer in eine feuchtwarme Hitze. Um mich herum ein grüner Park mit Palmen und mir unbekannten üppigen Pflanzen. Magere kleine Frauen in bunten Saris fegen Blätter von den Wegen. Herumalbernde junge Männer in Hawaiihemden, die hier zur Uniform gehören und jeden Tag eine andere Farbkombination aufweisen, schieben Wagen mit Bettwäsche und Putzmitteln. Ich werde Lena wecken, um gemeinsam zu frühstücken. In ihrem Cottage ist alles dunkel und ruhig. Ich klopfe vorsichtig, keine Reaktion. Ich klopfe etwas stärker und rufe ihren Namen. Schließlich schlage ich energisch gegen die Tür. Schlappende Schritte kommen näher, und die Tür öffnet sich. Ein dicker Inder im Lunghi, mit nacktem Oberkörper und verstrubbelten Haaren guckt mich verschlafen an und fragt unfreundlich: »What’s wrong with you? Why are you shouting?« O Gott, ist das peinlich. Ich entschuldige mich wortreich und haste zum nächsten Cottage. Ja klar, Nr. 19 und nicht Nr. 17. Aus Cottage Nr. 19 dröhnt unüberhörbar indisches Fernsehen, das ist meine Tochter. Ich klopfe laut, um den Lärm zu übertönen, und verkünde, dass ich zum Frühstück gehe. Lena guckt ähnlich verstrubbelt, verschlafen und unfreundlich wie der dicke Inder, verspricht aber, mich gleich beim Frühstück zu treffen. Ich beschließe, ab jetzt niemanden mehr zu wecken.
    Frühstück gibt es in einem großen Zelt mit Strohdach, das, wie wir später erleben, den Monsun-Regengüssen nicht immer standhält. Aber das macht nichts, im Gegenteil, das ist dann Erlebnisfrühstück, wo wir beim Gang zum Buffet über ein Flüsschen hüpfen müssen, ebenso wie die Kellner, die Cocktails und Chicken Korma lachend über Pfützen balancieren, dabei noch den Sturzbächen durch die Ritzen des Zeltdaches ausweichend. Ich lese die Schildchen über den vielen Schüsseln: Dhosa, Idlis, Kokos-Chutney, Tomato-Chutney, Dhaal, Cauliflower und anderes, das ich weder lesen noch aussprechen kann. Ich nehme zwei von den weißen Küchlein, die Idlis heißen, dazu etwas geschmorten Masala-Blumenkohl, Tomaten- und Kokos-Chutney. »How do you want your eggs, madam?«, werde ich gefragt. Ich betrachte die kleingeschnittenen Zwiebeln, grünen Chilis, Käsestückchen, Schinken und gehackten Tomaten. »Rührei mit Zwiebeln, Chilis und Tomaten, bitte.« Das wird während der Indienreise mein Frühstück sein. Die Teller werden mir aus der Hand genommen, »I will bring you, madam!« Die Freundlichkeit ist überwältigend, ich werde umhegt und umsorgt. Das Rührei schmeckt herrlich, der Toast ist warm und die Butter zerläuft schön. Kokos-Chutney und Tomaten-Chutney passen wunderbar zum scharfen Rührei.
    Auftritt Lena, in eine Rauchwolke gehüllt. Sie muss man nicht bitten, sich das Essen bringen zu lassen. Sie nimmt alle freundlichen Gesten mit Grandezza an. Ich empfehle Chili-Rührei. »Very, very spicy!«, bittet sie die Kellner, die sich seit ihrem Eintreten um unseren Tisch versammelt haben und sie anstrahlen. Ich schaue mit Staunen und Freude auf sie. Ist das meine

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